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Die Luzerner Kulturszene dreht sich im Kreis

Und täglich grüsst das Murmeltier – oder die Corona-Krise

Täglich grüsst das Corona-Murmeltier – seit beinahe zwei Jahren. (Bild: Symbolbild: Pixabay)

Es scheint, dass die Kulturbranche die Corona-Krise offensichtlich aussitzen respektive dass sie die immergleiche Situation tatsächlich erneut erleben muss. Wie man in Luzern damit umgehen kann, weiss der Luzerner Musiker Cyril Montavon.

Wie Bill Murray im gleichnamigen Film müssen sich auch die Kulturschaffenden, Konzerthäuser, Veranstalter und weitere Branchen verwundert die Augen reiben. Eine altbekannte, unangenehme Situation wiederholt sich und lässt eher pessimistisch in die Zukunft blicken. Massnahmen werden verschärft, der Konzertbesuch wird eingeschränkt und man steht wieder mal mit dem Rücken zur Wand.

Der Weckruf

Während es im Film der Wecker ist, der den Protagonisten mit dem ewig gleichen Song weckt, sind es bei uns wohl die verzweifelten Appelle der Spitäler, die stetig wiederkehren. Murray stolpert durch den Tag, versucht mal dies, mal das, trotzdem ändert sich seine Situation zu keinem Zeitpunkt. Ähnlich empfinde ich die letzten, bald zwei Jahre.

Vieles wurde versucht, angepasst, verworfen, hinterfragt und durchleuchtet – geholfen hat alles irgendwie nur bedingt. Wir stehen mal wieder inmitten einer heftigen Welle, die Intensivstationen füllen sich etwa gleich schnell, wie sich der Pegel des Vierwaldstättersees in diesem Sommer erhöht hat, ganze Branchen und Berufszweige zittern um ihre Existenz. Konzerte und Veranstaltungen werden erneut verschoben oder gar ganz abgesagt.

Steter Tropfen höhlt den Stein

Im Film spielt Murray einen Wetteransager, der zum vierten Mal in Folge über den Tag des Murmeltiers in einer amerikanischen Kleinstadt berichten muss. Mässig motiviert und eher mit einem arroganten Naturell gesegnet, lästert er sich durch den Tag, bis er in ebendieser Zeitschleife hängenbleibt – die Dinge nehmen ihren Lauf und ein sich immer und immer wieder wiederholender Kreislauf beginnt. Überfordert mit der Situation, versucht der Wetteransager ein ums andere Mal, mit verschiedenen Aktionen und Tätigkeiten den Weg zurück in sein altes, normales Leben zu finden.

Verglichen mit der Corona-Situation ist der Film definitiv unterhaltsamer, um nicht zu sagen: optimistischer. Gerade die Kulturszene scheint sich im Kreis zu drehen, es gibt zwar immer wieder Hoffnungsschimmer am Horizont, jedoch enden sie vielfach unbefriedigend oder ungenügend durchdacht. Es ist definitiv nicht einfach, sich ständig wechselnden Situationen anzupassen.

Auch Murray gelingt dies anfänglich eher schlecht. Er macht jedoch durchaus Fortschritte, versucht immer wieder Neues, entdeckt neue Seiten an sich und verändert sich als Mensch. Seine Figur wird sympathischer und verständlicher, was auch sein Umfeld bemerkt.

Umsatteln oder aussitzen

Auch wenn so eine Zeitschleife ihren Reiz hat, ist nicht zu vermuten, dass sich die betroffenen Branchen nun im Eisskulpturenschnitzen üben oder beginnen, Klavier zu spielen, wie dies der zunehmend frustrierte Wetteransager macht. Zu viel hat man investiert und es ist ja doch meistens so, dass man seinen Job mit Herzblut ausübt und vielfach auf anderes verzichtet.

Hierbei möchte ich im Übrigen gerne auch mal erwähnen, dass gerade die Arbeit im Kulturbereich sowieso schon eher mit viel Emotionen und Herzblut honoriert wird, als mit übermässigem finanziellem Ertrag.

Dass es tatsächlich regelmässig Spezialisten gibt, die der Branche den «Rat» geben, dann halt arbeiten zu gehen, setzt dem Ganzen immer wieder das Krönchen auf. Es reicht offenbar nicht, dass man sich den Respekt verdienen muss, sinnigerweise sollte man ihn wohl gar nicht erhalten. Faktisch werden wir aber momentan erneut zum Nichtstun verdammt, respektive wir müssen uns wohl oder übel wieder damit auseinandersetzen, was wir denn mit der freien Zeit anstellen und wie wir uns finanziell über Wasser halten sollen.

Ab durch die Mitte und den Schalter umlegen

Bill Murray ist zusehends zermürbt und beginnt sich auf diverse Arten in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Doch auch hier erwacht er jeden Morgen aufs Neue und erhält eine neue Chance, seinen Mitmenschen und sich selbst Gutes zu tun. Vermutlich ist es das, was wir aus dieser Pandemie lernen sollten. Dass wir neue Wege ausprobieren müssen, uns selbst weiterentwickeln, weniger egoistisch durch die Welt gehen und jeden Tag versuchen bessere Menschen zu werden.

Zum Autor

Cyril Montavon ist Mitinhaber der Agentur Fettes Haus sowie des Labels 6003 Records und seit 30 Jahren aktiver Musiker.

Dies darf dann ruhig auch heissen, dass man andere Meinungen akzeptiert und sich bewusst ist, dass auf jede Aktion auch eine Reaktion folgen wird. Dass man sich ab und an auch was sagen lassen muss oder darf sowie, dass man eben nicht alles auf dem Silbertablett serviert bekommt. Und dass man durchaus «nein» sagen kann, dann aber auch nicht jammern sollte, wenn man nicht alles kriegt, was man gerne hätte. Und eben, dass man vielleicht neue Wege sucht, um sich auszudrücken und dass man das Gute im Blick behält.

The winner takes it all

Der Film endet natürlich mit einem Happy End. Der Wetteransager findet die grosse Liebe, der Tag endet und ein neuer beginnt und er lässt sich in der ungeliebten Kleinstadt nieder, welche ihm nun doch sehr ans Herz gewachsen ist. Dass es in unserer Situation ein Happy End gibt, wage ich zu bezweifeln, aber es ist sicherlich so, dass es viel zu lernen gibt und dass stets ein neuer Weg gleich hinter der nächsten Ecke auf uns wartet. Vielleicht führt der in eine andere Richtung oder lässt uns innehalten.

Im Idealfall aber dürfen wir uns nach ewigen Wiederholungen vielleicht doch wieder erfreuen an einem neuen Tag, der uns optimistisch stimmt. Denn eines ist klar – es wird weitergehen. Nur wie und wann, steht noch in den Sternen. Vielleicht sollten wir alle ein bisschen mehr wie Bill Murray sein. Weniger mürrisch, zunehmend offen für Neues, mal himmelhochjauchzend, dann tief betrübt. Aber immer wieder auskostend und annehmend. Denn bald beginnt wieder ein neuer Tag.

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