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Mario Stübi

Polizeieinsätze an FCL-Heimspielen: Alle nervts, niemand änderts

Bürgerkrieg oder Fussballspiel? (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Was bei einem FCL-Match zur Tagesordnung gehört, wäre bei einem Kulturanlass völlig absurd. Mario Stübi findet, dass Fussballspiele wieder ohne Polizeieinsatz möglich sein müssen und schlägt vor, eine Saison lang auf die Polizei zu verzichten. Damit ein Fussballspiel wieder wie eine Sportveranstaltung daher kommt und nicht wie ein Bürgerkrieg.

Stellen Sie sich folgende Szene vor: Opernpremiere im Luzerner Theater, das Publikum strömt von nah und fern ins Haus an der Reuss. Die Bahnhofstrasse ist beidseitig mit Polizisten in Vollmontur gesäumt, um die Besucherströme direkt ins Gebäude zu kanalisieren. Zeitweise werden die Pilatusstrasse sowie diverse Eingänge des nahen Bahnhofs komplett abgeriegelt, einsatzbereite Wasserwerfer befinden sich an allen strategisch wichtigen Ecken des Gefahrenperimeters. Zuschauer von auswärts werden direkt mit Extrabussen via Hintereingang ins Haus geschleust. Vereinzelt werden Gäste für eine gründlichere Personenkontrolle in ein Seitenräumchen verfrachtet. Nach Vorstellungsende das gleiche Prozedere. Das kommt Ihnen alles völlig übertrieben vor? Dann gehen Sie mal an ein Heimspiel des FCL auf die Allmend. Aber fangen wir von vorne an.

Auf Verwaltungsebene wird zwischen Kultur und Sport grundsätzlich unterschieden, was regelmässig für rote Köpfe sorgt, wenn sich die eine Seite gegenüber der anderen benachteiligt fühlt (Verteilung von Billetsteuern und Fördergeldern, Finanzierung von Infrastruktur etc.). Aus meiner Sicht ist aber beides Kultur. Die eine für den Kopf, die andere für den Körper, etwas salopp gesagt. Nicht zufällig wird beispielsweise im Fussball von Fankultur gesprochen. Was hier an Engagement, Emotionen, Identifikation und mehr vorhanden ist, stellt für mich Kultur dar. Ehrlicherweise sei aber erwähnt, dass mein Herz keineswegs für die Fankurve des FCL oder sonst eines Klubs schlägt. Mit Ausnahme des Skiweltcups langweilen mich Sportereignisse einfach. Dennoch soll sich jedermann auf der Allmend ob des rollenden Leders freuen – im Idealfall auch der Steuerzahler.

«Wir täten gut daran, eine Saison lang einfach mal keine Polizei aufzubieten.»

Um auf das fiktive Beispiel zu Beginn zurückzukommen: Was bei einem Kulturanlass als völlig absurd und übertrieben gewertet würde, ist bei jedem Match des FCL in Luzern gang und gäbe. Was mich stört, ist diese reihum stillschweigende Übereinkunft, dass ein Fussballspiel der obersten Liga ohne Grosseinsatz der Polizei gar nicht mehr möglich wäre. Und jeder dieser Einsätze verbraucht immens Ressourcen. Wie verlogen ist das denn?

Vor Jahren kursierte der Betrag von 120’000 Franken in den Medien. So viel koste das Sicherheitsaufgebot an einem Spiel wie FCL-FCB. Wissen Sie, was ich glaube? Wir täten gut daran, eine Saison lang einfach mal keine Polizei aufzubieten, ich wiederhole: keine. Nur schon des Versuchs wegen. Mal schauen, was passiert. Drei Vorteile: Es würden Kosten gespart, weniger Überstunden im Polizeikorps angehäuft und erst noch den Einsatzkräften ein Gefallen getan (von einem Polizisten persönlich weiss ich, dass innerhalb des Korps diese Einsätze zu den unbeliebtesten überhaupt gehören). Und kommen Sie mir jetzt nicht mit dem Argument, dass sich dann die Fans gegenseitig die Köpfe einschlagen, wenn keine Polizei mehr da ist. Na und? Das ist immerhin gratis, die Polizei nicht. Schliesslich – aber das ist durchaus diskutabel – bin ich der Meinung, dass eine Polizeipräsenz im heutigen Umfang die Gewalt förmlich provoziert. Und in jedem Fall viel mehr kostet, als die zwei, drei eingetretenen Bustüren und die paar Schmierereien an Hauswänden pro Saison.

Die Leute aus meinem Umfeld – Fans wie Non-Fans – denken so ziemlich alle gleich. Der Eine hat wegen der Sperrung der Zentralstrasse seinen Zug verpasst. Der andere wohnt an der Moosmattstrasse und spricht von regelmässigen Katz-und-Maus-Spielen vor seiner Haustüre. Jede und jeden nervt diese Situation, die sich in den Jahren eingebürgert hat, aber im heiligen Namen der Sicherheit ändert sich rein gar nichts, ja es verschlimmert sich gar von Saison zu Saison. Klubs, Transportunternehmen, Behörden, Politik – alle jammern, niemand tut was. Warum findet kein Umdenken statt? Fussballspiele ohne Polizei müssen wieder möglich sein. Damit sie wieder wie eine Sportveranstaltung daher kommen, nicht wie ein Bürgerkrieg.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von jules gut
    jules gut, 28.05.2014, 07:11 Uhr

    ich gehe an jedes heimspiel in luzern, sehe aber selten bis gar keine polizei – sprechen wir vom gleichen verein?

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  • Profilfoto von Leo
    Leo, 27.05.2014, 10:39 Uhr

    Genau, ALLE Vereine bzw. eben Orte mit Stadien in der Schweiz sollten das mal machen. NULL Polizeieinsatz. Mal sehen, was die so genannten Fans aber auch alle von den Chaoten betroffenen Bürger unternehmen. Einfach mal machen lassen, ein volles Jahr lang und dann Bilanz ziehen.

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  • Profilfoto von Mika Buka
    Mika Buka, 22.05.2014, 14:35 Uhr

    Der Vergleich eines Fussballspiels in Luzern mit einem Bürgerkrieg passt noch schlechter als der mit dem Luzerner Theater. Wann waren sie das letzte Mal an einem Spiel in Luzern?

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