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Eila Bredehöft

Nächster Halt Luzern, oder was?

«Warum in die Ferne schweifen? Sieh das Gute liegt so nah.»

(Bild: Rolf Fassbind)

Die Zuger Kultur- und Ausgangsszene hat einiges zu bieten. Dennoch pilgern Feierwütige in die grösseren Städte Luzern und Zürich. Aber warum? Diese und weitere Fragen stellt sich Bloggerin Eila Bredehöft.

«Hey, ich finde, was ihr da macht, ganz toll, echt! Aber würde trotzdem nicht in Zug bleiben, in Zürich hast du einfach die grössere Auswahl, weisst du.» Solche Aussagen geben einem, vor allem als Zuger Kulturschaffende, reichlich zu denken. Was ist es, was das Publikum will? Müssen denn an einem Abend immer tausend Möglichkeiten offen stehen?

Die Festivals spriessen

Zug hat kulturell, wenn auch oft übersehen, einiges zu bieten (das behaupte ich jetzt mal einfach so). Wo sonst gibt es in einer Stadt mit gerade mal knapp 30’000 Einwohnern drei Konzertlocations, die Bars, privaten Clubs, welche auch immer wieder Konzerte veranstalten. Dabei ist der klassische Konzertsaal noch nicht mal mitgezählt.

Kleine, aber feine Festivals scheinen aus dem Boden zu spriessen und aktive Kulturschaffende (sei dies in der Musik oder der Kunst oder beidem) gibt es in Massen. Mehr als 40 aktive Bands hat der kleine Kanton zu bieten. Und wirklich jedes Genre ist abgedeckt. Es gibt Künstlerateliers, Zwischennutzungen und und und. An Kulturschaffenden mangelt es der Chriesi-Region also nicht.

Eine schwere Bürde?

Doch diese haben eine schwere Aufgabe zu bewältigen. Gilt es doch, sich mit dem kulturellen Angebot der Grossstadt Zürich (in Zuger Augen) oder auch dem ein bisschen weniger hipen Luzern zu messen. Die räumliche Nähe der zwei Grossstädte, welche wirtschaftlich, neben der Steuerpolitik, sicher zum Erfolg des kleinen Kantons führen, ist aus Sicht der Kulturschaffenden eine schwere Bürde.

Schnell mal in die S-Bahn gehüpft – und in kürzester Zeit findet man sich im Epizentrum des kulturellen Angebots wieder. Einen Drink in der kultigen Bar schlürfen und dann über die Strasse ans Konzert im dunklen Keller, gefällt nicht, na dann sofort weiter in den neuen Electroclub.

Ob dies in Zürich wirklich möglich ist, ist nicht belegt. Aber dies scheinen sich die Horden von Jungen und jung Gebliebenen zu versprechen, die sich jeden Freitag oder Samstag auf dem Perron am Gleis 5 (Zürich) oder Gleis 4 (Luzern) tummeln. 

Am A…. der Welt

Hm, damit kann Zug leider nicht dienen. Trotz der Kleinheit der Stadt sind die Wege von einer Location zur anderen doch etwas weiter. Mal abgesehen vom Kulturzentrum Galvanik und der Chollerhalle, diese sind dafür zusammen am A…. der Zuger Welt. So berichten es die Besucherinnen. Wenn wir grade von den Häusern am (ich sag’s jetzt nicht nochmal) sprechen, ein bisschen mehr Unterstützung vonseiten der öffentlichen Hand in Bezug auf die Erreichbarkeit würde doch sehr gerne angenommen.

Ist es doch so, dass die Lage ja eben nicht gerade super zentral (soweit etwas im Kanton Zug nicht zentral sein kann) ist. Also wirklich toll ist die S-Bahnstation Chollermüli direkt bei den Locations. Weniger toll, dass dann aber doch jede Nacht-S-Bahn einfach vorbeibraust und verständnislose Kultur-Besucher (die gibt’s also doch noch) zurücklässt.

In Zug hat’s kein Zug

Kommt also wieder einer dieser Züri-Sprüche. «Also von Zürich komme ich in der Nacht jede Stunde nach Hause, sogar von Luzern ist das möglich. Aber hier muss ich ein Taxi nehmen?» Ja lieber Besucher, liebe Besucherin, so ist das leider. Die Kultur wird in Zug vor allem von der öffentlichen Hand massiv unterstützt. Die Rahmenbedingungen, die das kulturelle Erleben dann auch so richtig zugänglich machen, werden dann leider aber doch vernachlässigt.

«Es kann auch viele Vorteile haben, mal nicht in die nächstgelegene Stadt zu pilgern und das kulturelle Leben in Zug zu geniessen.»

Was bietet einem ein Abend im Zuger Nachtleben? Trotz der genannten Dürftigkeiten kann es aber auch viele Vorteile haben, mal nicht in die nächstgelegene Stadt zu pilgern und das kulturelle Leben in Zug zu geniessen. Der Nachhauseweg ist kurz, selbst wenn man am Rand des Kantons lebt. Du kannst also getrost noch die dritte Zugabe der neuentdeckten Band hören und bist doch nicht erst im Morgengrauen zu Hause.

Du stehst nicht Schlange, ob beim Eingang oder fürs Verrichten der nötigen Durft. Auch wenn du wieder mal aus dem Vollen schöpfst, dein Portemonnaie lehrt sich in nicht vergleichbarer Geschwindigkeit, also langsamer. Gibt’s doch schon mal ein Bier für fünf Stutz.

Das Gute liegt so nah

Falls du mal wieder ein Konzert in der «Heimat» besucht hast, wirst du erstaunt sein, über den unverstellten Blick auf die Musiker. Und mit etwas Glück erlebst du eben diese nach der Show auch noch direkter, beim Partymachen mit dem Publikum.

Ich kann’s mir nicht verkneifen und ende mit einem leicht abgewandelten Vers Goethes: «Warum in die Ferne schweifen? Sieh das Gute liegt so nah.»

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