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Ist Innerland eine Tanz-Meditation?

Eine Musik, die Bewegung auslöst

Zu Innerland sollen sich alle Menschen intuitiv bewegen können. (Bild: Maria Cheilopoulou)

Meditieren heisst nicht mehr als in einer Idee aufgehen und sich darin verlieren. Im Zuge eines Projekts hat Choreografin, Tänzerin und Kulturbloggerin Irina Lorez eine Musik geschaffen, zu der sich alle Menschen bewegen können – und das wie von selbst. Wie es zu dieser Idee kam und wie diese Musik entstand, erzählt sie in diesem Blogpost.

Im Herbst 2020 schrieb die Albert Koechlin Stiftung, Luzern, den ersten Covid-Recherchebeitrag aus. Von 70 Projekten wurden 17 ausgewählt, u. a. das Projekt Innerland. Seither arbeitete ich mit meinem Team an einem Bewegungsformat zu einer speziell dafür kreierten Musik (von Domenico Ferrari). Inspiriert hat mich die Osho Meditation, die ich seit Jahren selber praktiziere.

Die Musik soll uns wie von selbst bewegen. Das Dok-Video von Loris Ciresa gibt Einblick in den spannenden Prozess, den ich und mein Team durchlaufen haben, bis wir mit unserem Endprodukt zufrieden waren. Menschen, die vom Projekt hören, stellen mir oftmals die gleichen Fragen, also gehe ich in meinem Blogpost darauf ein.

Hat Innerland etwas mit der Innerschweiz zu tun? 

Nein, ausser dass der Covid-Recherchebeitrag von der Albert Koechlin Stiftung aus Luzern stammt. Aber auf die berechtigte Frage «Ist die Innerschweiz das Herz der Deutschschweiz?» lautet die Antwort: «Innerland geht ins eigene Herz.»  

Irina Lorez hat an einem Bewegungsformat zu einer speziell dafür kreierten Musik gearbeitet. (Bild: Maria Cheilopoulou)

Wie ist das möglich? 

Augen schliessen und ganz in die Musik eintauchen. Innerland ist eine Reise durch die inneren Körperlandschaften und löst sowohl physisch als auch emotional freisetzende Bewegungen aus: wippen, wiegen, kreisen, schwingen, atmen, pulsieren, loslassen, lachen, weinen. Das entsteht ganz von selbst. 

Das klingt nach Zauberei …?

Die Musik ist so angelegt, dass jeder Klang unterschiedliche Impulse im Körper auslöst. Die klirrenden Gläser zum Beispiel, die Vibrationen/Schwingungen der Wirbelsäule, der Wind, das Öffnen der Herzgegend, das Rauschen des Baches, das Entspannen der Muskeln, das Pfeifen des Adlers (Flöte), das Erweitern der Glieder usw. Doch jede Person ist frei, ihren eigenen Impulsen nachzugehen. Und es ist auch nicht immer dasselbe, denn je nach Tagesverfassung wirkt die Musik anders auf uns.  

Die Musik ist so angelegt, dass jeder Klang unterschiedliche Impulse im Körper auslöst. (Bild: Maria Cheilopoulou)

Braucht es dafür Tanzkenntnisse?

Nein, jeder Mensch kann sich zu Innerland bewegen, stehend, liegend oder sitzend und das ohne Altersbegrenzung und ohne weitere Einschränkungen. Beim Testen mit verschiedenen Personen hat eine ältere Frau, deren Mann an ALS gestorben ist, den Wunsch geäussert, dass Innerland unbedingt zu beeinträchtigten Menschen (z. B. im Rollstuhl) gelangen muss. 

Ist Innerland Tanz-Meditation?

Wir nennen es ein Bewegungsformat zu einer eigens dafür kreierten Musik. Aber in gewissem Sinne ist es Tanz-Meditation. Denn Meditieren heisst nicht mehr als in einer Idee aufgehen und sich darin verlieren. Ich betone das extra, weil viele Menschen gleich immer Meditation mit Esoterik in Verbindung bringen. In Innerland heisst es auf Play drücken, den kurzen Anweisungen folgen und ins eigene Innere eintauchen.  

In gewissem Sinne ist es Tanz-Meditation. (Bild: Maria Cheilopoulou)

Warum bist du als Choreografin/Tänzerin auf die Idee gekommen, eine solche Musik zu kreieren? 

Kreiert hat sie der Musiker und Komponist Domenico Ferrari. Nachdem ich selbst und mit meiner Companie immer wieder zur Osho-Meditation improvisiert hatte (übrigens für unsere Produktion «How To Get High» von Domenico Ferrari, 2004 leicht überarbeitet), träumte ich von einer noch intensiveren und etwas längeren Musik. Osho kam uns immer so kurz vor. Die Covid-Ausschreibung der AKS kam da gerade zur rechten Zeit. 

Was hat Innerland mit Covid zu tun?

Meine Absicht darin ist, Menschen auch in der Isolation glücklich zu machen. Innerland kann alleine oder in einer Gruppe mit dem Sicherheitsabstand überall «getanzt» werden und hilft, sich mit sich selbst, aber auch mit anderen zu verbinden.   

Warum hat es so lange bis zur Veröffentlichung gedauert?

Es war ein langer und ein sehr spannender Prozess. Es musste für mich bis auf den letzten Klang stimmen, auch in seinem Volumen. Loris Ciresas Dok-Video ermöglicht einen Einblick in diesen Prozess. 

Wie habt ihr als Team gearbeitet?

Wir haben uns immer wieder getroffen und direkt im Pingpong gearbeitet. Etwa so: Klang (ein Spieler), Impuls (der Ball), Bewegung (zweiter Spieler) und wieder von vorne. Die Tänzerin Kuan-Ling Tsai und die Dramaturgin Mona De Weerdt waren mir bei den Proben immer wieder eine sehr wertvolle Unterstützung. Sie waren «Versuchskaninchen» und Auge von aussen. Nach der zweitägigen Residenz am Box Labor (eine Zusammenarbeit der IG Tanz Zentralschweiz und dem Luzerner Theater) hatten wir die ersten öffentlichen Testpersonen – darunter auch Kathleen McNurney (ehemalige Leiterin Tanz am LT). Jedes Feedback brachte uns wieder einen Schritt weiter. Später kamen erneut Testpersonen dazu. Ich wollte unbedingt, dass sich alle, Jung und Alt, unbeweglich und beweglich zu Innerland bewegen können.  

Wie oft hast du schon zu Innerland getanzt?

Ich kann es kaum zählen und werde es noch lange tun.  

Hinweis: Am 1. September 2021 ist Innerland auf Spotify und Soundcloud veröffentlicht worden.

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