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Clubsaison: hohe Kosten, kaum Ticketvorverkäufe

Die bekannten Bands werden reich, die kleinen Acts leiden

Selbst wenn der Kühlschrank voller Konzertkarten ist – um die Künstler zu unterstützen, sollten wir trotzdem Karten für kommende Konzerte kaufen. (Bild: Symbolbild: unsplash)

Nach den vielen Sommerfestivals und Grossanlässen geht es in die Clubsaison. Zeichnet sich eine Baisse ab? Kulturblogger, Musiker und Manager Cyril Montavon befürchtet, dass vor allem kleinere Acts leiden werden.

Vielleicht war ich zu optimistisch – aber für die Konzertbranche zeichnen sich weitere anstrengende Monate ab. Das Brot für die Künstler bleibt weiterhin hart.

Stand der Dinge

Ich will nicht jammern, denn es ist ja schon toll, dass überhaupt wieder veranstaltet und gespielt werden kann. Nach über zwei Jahren gefühltem Dornröschenschlaf herrschte diesen Sommer wieder Vollbetrieb auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Und das Volk strömte in Scharen zu den Anlässen. Viele Vorzeichen deuten aber auf eine weiterhin anstrengende, aufreibende Konzertsaison in den Clubs hin. Was im Sommer noch wunderbar zu funktionieren schien, scheint sich diesen Herbst möglicherweise in ein kleines Desaster zu verwandeln.

Nicht kalkulierbare Kosten, keine Ticketvorverkäufe, krankheitsbedingte Ausfälle

Die Clubsaison steht in den Startlöchern oder hat bereits begonnen. Nach wie vor besteht ein Teil des Programms aus verschobenen Shows oder den lange angekündigten Touren, die bereits seit 2020 stattfinden sollten. Und täglich flattern Konzert- und Tourabsagen durch den Blätterwald. Bands und Musikerinnen werfen entnervt das Handtuch und verabschieden sich ganz vom Musikmachen.

Oder Veranstalter müssen aufgrund schlechter Vorverkäufe oder gar fehlendem Personal komplette Veranstaltungen absagen. Vielen Konsumenten ist schlicht und einfach nicht bewusst, dass Tourneen logistische Unternehmungen sind, die vielfach diverse Berufsgruppen miteinbeziehen und nicht selten schnell auf über ein Dutzend Beteiligte ansteigen.

Hohe Kosten, wenig Ticketkäufe

Wenn dann die Vorverkaufszahlen bescheiden ausfallen (um es ehrlich auszudrücken, würde wohl eher «äusserst bescheiden» zutreffen), beginnt das grosse Rechnen. Die Kosten steigen seit ein paar Monaten aus bekannten Gründen in Richtung unkalkulierbares Risiko, doch die Ticketkäufe bleiben aus. Irgendwie auch verständlich, wenn man noch zehn weitere bereits bezahlte Karten am Kühlschrank hängen hat, von Konzerten, die noch nicht stattgefunden haben. Und Corona geistert ja nach wie vor durch die Gesellschaft, auch das lässt immer wieder mal ein Konzert ausfallen.

Meine persönlichen kleinen Schlachtfelder

Gerade jetzt beim Schreiben dieser Zeilen befinde ich mich selbst auf Tour, ein paar Konzerte in Deutschland, Belgien und Holland stehen an. Natürlich handelt es sich um mehrere Male verschobene Shows, die teils abgesagt und wieder neu angesagt wurden. Auch die Lokalitäten haben sich teilweise geändert. Die Vorverkaufszahlen sind vielerorts eher bescheiden, auch die Abendkasse hat nicht viel Luft nach oben. Die Stimmung an den Konzerten ist zwar grandios, denn das anwesende Publikum besteht ausschliesslich aus Überzeugungstätern. Jedoch halt einfach zu wenigen.

Und es scheint bei praktisch allen Veranstaltungen so zu laufen, wie mir Gespräche mit den Veranstaltern vor Ort bestätigen. Egal, ob lokaler oder internationaler Act, die Besucherzahlen bleiben konstant tief. Da hilft es auch nicht, wenn man als neue Formation auf sich aufmerksam machen will. Bands, die ich in meiner Agentur betreuen darf, mussten ebenfalls schon Konzerte verschieben oder gar absagen, weil die Zahlen derart unbefriedigend waren. Die kommenden Monate, die offensichtlich mit möglichen Einschränkungen erwartet werden müssen, zeichnen kein optimistisch stimmendes Bild.

Kauft Karten – und zwar nicht nur von den Grossen

Funktionieren tun die grossen Konzerte. Bereits bekannte Acts, die weltweit touren und Stadien füllen, können mittlerweile fast schon exorbitante Preise verlangen. Das geneigte Publikum bezahlt diese teilweise überteuerten Tickets. Und lässt dabei die mittelgrossen sowie vor allem kleinen Bands die Konsequenzen tragen. Diese bleiben auf schlecht besuchten Shows sitzen, verlieren ihren Marktwert und können sich weitere Aktivitäten, die das Musikmachen mit sich bringt, nicht mehr leisten.

Der Teufelskreis beginnt, sich immer schneller zu drehen. Wie viele Acts diesen wilden Ritt weiterhin mitmachen, werden die nächsten Monate und Jahre zeigen. Deshalb, liebes Publikum, kauft euch doch wieder Karten, auch wenn das Risiko besteht, dass sie sich zu denjenigen am Kühlschrank gesellen. Ihr ermutigt damit zumindest die Musiker und gebt ihrem künstlerischen Schaffen einen konkreten Gegenwert, den sie so dringend brauchen. Und sei es nur auf emotionaler Ebene …

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Konzert Profi
    Konzert Profi, 04.10.2022, 19:55 Uhr

    Die Veranstalter sind selber verantwortlich für die aktuelle Situation! Lange genug sind sie den Ticketkäufer auf der Nase rumgetanzt, habe Konzerte hin- und her geschoben, willkürlich abgesagt oder sind mit dem Geld in den Konkurs, Teilweise haben sie sogar vor Gebühren für die Rückerstattung bzw Umtriebsentschädigungen nicht halt gemacht. Von denen darf sich keiner beschweren, wenn die Leute nun zurückhaltender und nicht mehr bereit sind, das Risiko für den Veranstalter zu tragen. Kehrt zuerst vor der eigenenTür!

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  • Profilfoto von Musikpolizei
    Musikpolizei, 04.10.2022, 12:53 Uhr

    Vielleicht spielt Herr Montavon einfach veraltete Musik, die nicht mehr aktuell ist. Trap, Cloud Rap und elektronische Musik laufen tiptop.

    Dasselbe gilt natürlich für die Acts seiner Agentur «Fettes Haus». Hauptsächlich sind da irgendwelche Rock und Metal Acts alter Schule und irgendwelche seichten Singer Songwriter dabei.

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