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Luzerner Beitrag zur Mobilitätsunterstützung

Intelligenter Rollator statt unsexy geltende Gehhilfe

Eines der innovativen Modelle ist der J-Roll, das Konzept stammt von der Gruppe Philipp Weber, Pranjic Josip, Bittar Majd. (Bild: Hochschule Luzern)

Die Hochschule Luzern hat mittels eines Moduls für Prototyping an einem schweizweiten Wettbewerb teilgenommen. Ziel war es, neue, innovative Konzepte als Alternative zum herkömmlichen Rollator zu schaffen. Denn dieser gilt als wenig innovativ und wird häufig verspottet.

Rollatoren sind der Standard in der individuellen Mobilitätsunterstützung. Doch ältere Menschen sind nicht immer erfreut über die Gehhilfe, welche sie zusätzlich im gesellschaftlichen Kontext stigmatisiert. Das überholte Konzept des Rollators sollte überdacht werden. Aus diesem Grund initiierte LeanBI AG aus Bern einen schweizweiten Wettbewerb, an dem auch die Hochschule Luzern mit einem Modul für Prototyping teilnahm. Drei entstandene Gruppenarbeiten sollten mit Preisgeldern ausgelobt werden.

Stigmatisierung durch Innovation auflösen

Ob altersbedingte Schwäche, Gleichgewichtsprobleme oder bewegungseinschränkende Krankheiten das freie Gehen beschwerlich oder unmöglich machen, der grosse Nutzen eines eher simplen Rollators ist nicht von der Hand zu weisen. Jedoch werden Rollatoren von der Gesellschaft stigmatisiert und von Senioren als notwendiges Übel angesehen.

Der als hässlich und schwer geltende Gehwagen wird häufig verspottet und ist alles andere als positiv besetzt. Ganz anders steht es um neuere Mobilitätslösungen für jüngere Zielgruppen. Moderne Produktkonzepte wie der E-Kinderwagen sowie zahlreiche innovative Trendfahrzeuge wie Segways, Airwheels, Hoverboards und E-Scooter erfreuen sich grosser Beliebtheit.

Eine anmutige, intelligente Elektromobilität ist bei Rollatoren jedoch noch nicht angekommen. Zwar gibt es modernere E-Ausführungen, wie etwa den Ello oder den BeActive, diese Angebote basieren jedoch weitgehend auf dem bekannten Gerät, ergänzt um ein paar «Bells and Whistles». Diese Alternativen sind dabei sehr teuer und erreichen preislich nahezu das Zehnfache der Kosten einer guten Basisversion.

40 Jahre im technologischen Tiefschlaf

Der Rollator hat seinen Ursprung 1949 als vierbeiniges Gehgestell. Als Erfinderin des bekannten Rollatormodells gilt die Schwedin Aina Wifalk. 1978 fügte Sie dem Gehbock vier Rollen, Handbremsen und eine Sitzfläche zum Ausruhen hinzu.

Das Produktkonzept ist nun gut 40 Jahre alt und es lässt sich dabei keine substanzielle technologische Evolution beobachten. Es scheint, trotz der jahrzehntelangen Erfahrung, den Anbietern nicht zu gelingen, ein innovatives Produkt zu entwickeln. 2019 beurteilte die Stiftung Warentest in ihrem Marktbericht das derzeitige Angebot als «Technik von gestern» und befand nur zwei von zwölf getesteten Standardrollatoren als gut.

Innovativer Weckruf eingeleitet

Vor diesem Hintergrund wurde im Modul «Prototyping Grundlagen» des Studienganges Wirtschaftsingenieur Innovation, in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen LeanBI AG aus Bern, ein Wettbewerb zur Entwicklung von Konzepten unter dem Motto «Intelligente Gehhilfe für Senioren» entwickelt.

Es sollte ein zeitgemässes, überzeugendes Produkt zur Unterstützung von bewegungseingeschränkten Menschen entstehen. Laut Studien hat der Einsatz von Rollatoren oft zur Folge, dass die Mobilitätsprobleme tendenziell zementiert werden und sich die Haltung der Nutzer verschlechtert. Daher sollte das Konzept bereits für ein früheres Stadium genutzt werden können, um die Beweglichkeit zu fördern.

Ein weiteres Modell ist der Scoo-Roll der Gruppe Trieu Jonathan, Corovic Scepan, Duft Benjamin. (Bild: Hochschule Luzern)

In der Grundidee sollte das Gehhilfe-Konzept einfach, sicher und leicht sein sowie Eleganz und Modernität ausstrahlen. Intuitivität in der Nutzung durch Einsatz moderner Technologien sollte die Freiheitsgrade von Senioren mit Bewegungseinschränkung und die Würde des Alterns ermöglichen. In die Konzepte konnten Aspekte wie AI (artificial intelligence) und mechatronische Funktionen eingebunden werden.

Das Projekt wurde im Kontext einer grösser angelegten Aktion mit mehreren Hochschulen als freies Projekt, somit als private Initiative gestartet. Die Hochschule Luzern beteiligte sich auch daran. Das Projekt fand im Modul mit 27 Studierenden statt.

Der Rail-Buddy der Gruppe Siro Oehen, Träger Sven, ist modifizierbar. (Bild: Hochschule Luzern)

Am Ende des Wettbewerbes, der über ein gesamtes Semester verlief, wurden drei Konzepte mit Preisgeldern von 300 Franken bis 500 Franken pro Gruppe ausgelobt. Ob die Projekte in dieser Form oder anders weiterverfolgt werden, liegt nun in der Entscheidungsgewalt von LeanBI.

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Im Fokus stehen Unternehmer und Entwickler. Autor Lars Rominger aus Menzingen, selbst ein Erfinder, Wissenschaftler und Fachbuchautor, zeigt die Menschen hinter einer Idee und stellt spannende Projekte vor.
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9 Kommentare
  • Profilfoto von Gyanda
    Gyanda, 25.07.2023, 13:12 Uhr

    Die Menschen werden immer adipöser, für diese Menschen gibt es leider zu wenig, praktisch und gut aussehende Leicht Rollatoren. Die Sitzbreite ist zu klein,die Sitzhöhe muss optimal sein .
    Die XL Rollatoren sind leider zu schwer,aus Carbon und farbige Rollatoren wären von Vorteil.

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  • Profilfoto von Toni Casale
    Toni Casale, 25.02.2021, 09:20 Uhr

    Der Wirtschaftsingenieur für das perfekte Zusammenspiel zwischen Theorie und Praxis. Er ist auch der Vermittler zwischen Technik und Wirtschaft. Man spürt die Freude der Studenten, neue Aufgaben und Herausforderungen meistern zu wollen. Sie übernehmen früh Verantwortung und zeigen jederzeit Bereitschaft zu noch mehr Leistung. Die Studierenden besitzen die Fähigkeit, die Bedürfnisse des Marktes zu analysieren, Anforderungen an Produkte und Dienstleistungen zu formulieren, diese aus technischer und ästhetischer Sicht zu entwickeln und erfolgreich zu vermarkten. Ich erachte auch den zwischenmenschlichen Aspekt, die Zusammenarbeit im Team, als wesentlichen Faktor für Höchstleistungen (Soft Skills). Interessante Konzepte.

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  • Profilfoto von Thomas Dibke
    Thomas Dibke, 23.02.2021, 19:54 Uhr

    Ein moderner Rollator ist sicher ein Thema mit der älter werdenden Gesellschaft. Gerade motorisierte Rollatoren, die auch eine Reichweiteerhöhung der Betroffenen erhöhen, war schon vor 10 Jahren ein Thema mit dem Vorhandensein von E-Caddys und E-Roller, wo gewisse Komponenten und Steuerungen genutzt werden könnten. Die Konzepte, die wir aber damals als Erfindungsverwerter zu sehen bekamen, waren zu früh für diese Zeit und gerade was Produktsicherheit, Handling, Sturzsicherheit noch nicht marktfähig. Gut wenn dieses Thema jetzt verstärkt mit diesem Wettbewerb in Angriff genommen wird, der Markt hierfür ist da, es braucht nur clevere Lösungen. Weiter so….

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  • Profilfoto von Jörg
    Jörg, 23.02.2021, 08:59 Uhr

    ein Rollator muss nicht schön, sondern Praktisch sein, z,b wünsche ich ein Rollator schal gut im Griff Hände zum Halten und wichtig ,das endlich vorne eine grosse Einkaufstasche verschliessbar platz hat so das sie drauf befestigt werden kann zu hause aber entfernt werden kann,,, einer mit kleinem Batterie motörli heute keine Sache das ich nach Bedarf anlassen kann mir so hilft den rolli leichter hoch zu Schieben das müsst ihr jungen Bedenken und das ein Rolli nicht immer Gleich gegen 1000 Fr Kostet Rentner Leicht Gehbehindert

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  • Profilfoto von Thomas Tsoukis
    Thomas Tsoukis, 23.02.2021, 07:25 Uhr

    Leider wird in dem Artikel nicht erwähnt, worin die technologischen Fortschritte bestehen. Auf den Bildern ist auch nicht viel zu erkennen – abgesehen von dem JRoll sehen mir die Gefährte aus, als hätten Apple-Designer sich den Rollator vorgenommen und optisch zu einem gut gestylten, aber im Vergleich zum «Klassiker» eher unbequemen Produkt überarbeitet.
    Worin bestehen denn die Innovationen? Was genau macht die KI in einem Rollator?

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  • Profilfoto von Matthias Michel
    Matthias Michel, 23.02.2021, 07:24 Uhr

    Man hat fast schon Lust, selber einen solch innovativen Rollator zu haben! Ein schönes Beispiel, wie die Zusammenarbeit von Unternehmen und Studierenden bzw. von Wirtschaft und angewandter Wissenschaft gute Ergebnisse bringt. Unsere Fachhhochschulen sind prädestiniert, sich hier einzubringen. Und die Hochschule Luzern ist mit ihrer Interdisziplinarität besonders prädestiniert, Lösungen für zugleich technische, soziale, wirtschaftliche und gestalterische Herausforderungen (dafür ist der Rollatur ein gutes Beispiel) zu entwickeln..

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  • Profilfoto von Markus Baumgartner
    Markus Baumgartner, 22.02.2021, 15:49 Uhr

    Stigmatisierung durch Innovation auflösen gefällt mir sehr gut!

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  • Profilfoto von Birgit Lutzer
    Birgit Lutzer, 22.02.2021, 15:33 Uhr

    Ein spannender Beitrag, der neben technischen Finessen auch einen neuen Aspekt beleuchtet: Die Stigmatisierung des klassischen Rollators. Sehr gelungen!

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  • Profilfoto von Conrad Wagner
    Conrad Wagner, 22.02.2021, 12:22 Uhr

    … eine iCar Plattform von Apple oder Samsung verbindet meine SmartPhone Daten mit einer Gehhilfe …
    siehe platform economy.
    siehe sharing economy.
    siehe eMobility.

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