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Zuger Start-up mit innovativem Sturzmelder

Intelligente Technik unterstützt autonomes Leben im Alter

v.l.n.r.: Startup Gründer im Bereich Healthcare: Roman Böhni, Sandro Cilurzo, Eugenie Nicoud, Immanuel Zerbini.

Mit einer Innovation hat vor Kurzem ein Zuger Unternehmen auf sich aufmerksam gemacht. Ihre Entwicklung: ein kontaktloser und intelligenter Sturzmelder, der den Unterschied zwischen einer Yogaübung, einer herumspringenden Katze und einem Sturzereignis versteht.

Jährlich stürzen weltweit über 16,4 Millionen Menschen in Wohneinrichtungen, die anschliessend eine medizinische Versorgung brauchen. 82 Prozent der Stürze älterer Menschen ereignen sich, wenn sie allein sind und mehr als 50 Prozent von ihnen sind nicht in der Lage, nach einem Sturzereignis selbst aufzustehen. Obwohl die Mehrheit der älteren Menschen ein Notrufsystem besitzt, wird es nicht genutzt – Bewusstlosigkeit oder die Unfähigkeit, den Alarm zu aktivieren, sind die Hauptgründe dafür.

Selbstlernendes System

Auf dem Boden liegen kann zu ernsthaften Komplikationen wie Druckgeschwüren, Rhabdomyolyse, Lungenentzündung, Unterkühlung, Dehydrierung und sogar zum Tod führen. Es ist essenziell, nach einem Sturzereignis rasch zu intervenieren, um ernsthafte gesundheitliche Komplikationen zu vermeiden.

Dazu hat die Sedimentum AG, ein Healthcare Start-up aus Cham, einen intelligenten Sturzmelder entwickelt. Dieser basiert auf künstlicher Intelligenz und macht eine Kalibrierung oder manuelle Eingaben überflüssig. Das selbstlernende System adaptiert sich sofort an den Raum und erkennt Sturzereignisse umgehend. Der Sensor fordert dann kontaktlos und ohne jegliche Interaktion Hilfe an. Der Installationsaufwand ist vergleichbar mit jenem einer Lampe. Bei bestehender Strom- und Internetverbindung ist die Lösung sofort einsatzbereit.

Sturzmelder wie ein Brandmelder

In den Räumlichkeiten der schutzbedürftigen Person wird jeweils ein einzelner Sturzmelder an der Zimmerdecke angebracht. Der Sturzmelder macht kontaktlos diverse Messungen wie beispielsweise von Bewegungsaktivitätswerten. Sämtliche Daten werden vom Sturzmelder verschlüsselt, anonymisiert und in Echtzeit an die KI-Software (künstliche Intelligenz) von Sedimentum übermittelt.

Die KI-Software erlernt basierend auf den übermittelten Daten den «physischen» Referenzzustand der jeweiligen Räumlichkeit. Tritt im Anschluss eine Unregelmässigkeit in den Daten auf, beispielsweise ausgelöst durch ein Sturzereignis, wird in Echtzeit ein Alarm zu Händen von Dritten (etwa Pflegepersonal oder Angehörige) ausgelöst.

«Wir wollen den Schweizer Gesundheitsmarkt erobern, neue Kunden gewinnen und das Leben in den eigenen vier Wänden sicherer und autonomer machen», sagt COO Eugenie Nicoud. «Unsere Vision ist es, das Leben von Tausenden schutzbedürftigen Personen – komplett automatisiert! – sicherer zu machen. Unsere passive Sturzerkennung mit dem Schwerpunkt auf Privatsphäre unterstützt und entlastet das Pflegepersonal und Angehörige von sturzgefährdeten Personen.»

Eugenie Nicoud, COO Sedimentum AG.

Datenschutz als Innovationstreiber

Die Innovation stammt aus dem psychiatrischen Umfeld mit einer hohen Sensibilisierung für den Datenschutz. Die Anforderungen an die Privatsphäre und den Datenschutz sind im Gesundheitswesen sehr hoch. Dazu hat das Start-up ein Datenanonymisierungsverfahren entwickelt, welches zum Patent angemeldet wird. Dank dieser Innovation soll eine vollständig anonymisierte Bearbeitung der Daten gewährleistet werden können.

«Diese Innovation ist ein Mehrwert für unsere Kunden und ein Gamechanger für den Gesundheitsmarkt», meint CEO und Co-Founder Sandro Cilurzo. Der Sturzsensor schütze schutzbedürftige Personen nicht nur physisch, sondern zusätzlich auch deren besonders schützenswerte Daten.

Vom Technologie Forum Zug ausgezeichnet

Dieses Jahr hat das Unternehmen in einer überzeichneten Finanzierungsrunde 2,1 Millionen Franken an neuem Kapital beschaffen können. So konnten zehn Vollzeitstellen geschaffen werden, mit denen die Expansion beschleunigt werden soll. Ausserdem hat man den Verwaltungsrat verstärkt.

Das Innovationsprojekt wurde vom Technologie Forum Zug (tfz) unter Dutzenden Bewerbungen in die Finalistenrunde für den Zuger Jungunternehmerpreis 2020 gewählt. Das tfz ist ein Drittpartner der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zug und fördert durch Vernetzung und Wissenstransfer im Industriesektor die Innovations- und Technologieentwicklung im Wirtschaftsraum Zug.

Sandro Cilurzo CEO, Sedimentum AG.

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Im Fokus stehen Unternehmer und Entwickler. Autor Lars Rominger aus Menzingen, selbst ein Erfinder, Wissenschaftler und Fachbuchautor, zeigt die Menschen hinter einer Idee und stellt spannende Projekte vor.
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Matthias Michel
    Matthias Michel, 23.08.2021, 23:21 Uhr

    Meine Mutter ist kürzlich nachts aus dem Bett gestürzt. Nur dank Betreuung wurde sie «gerettet». Sonst hätte ihr diese Innovation geholfen.

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  • Profilfoto von Thomas Dibke
    Thomas Dibke, 23.08.2021, 17:50 Uhr

    Der Sturz von älteren Personen ist ein echtes Problem, hier rechtzeitig Hilfe zuzuführen. Bisher kenne ich nur Ansätze den «Sturzsensor» am Körper zu tragen. Die hier präsentierte Lösung klingt einfach und überwacht die Räume, die die Personen nutzen. Denke der Markt ist hier riesig eben nicht nur im privaten Umfeld sondern auch als Erleichterung für das Personal in Alters- und Pflegheimen.

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