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Neuer Blog aus der Praxis von Kleintierärzten

«Als Tierarzt weiss man nie, was einen erwartet»

Künftig wird unter anderem das myVets-Team für den neuen «Haustierblog» schreiben. (Bild: myVets)

Willkommen im neuen Jahr, mit neuer Blogreihe! Den Anfang im «Haustierblog» macht die Kleintierpraxis myVets GmbH in Cham. Darin werden die Tierärzte Silvie Gsell-Tanner und Yuri Béosier über ihren Alltag in der Tierarztpraxis und über spannende medizinische Fälle und Patienten berichten.

Im ersten Beitrag des neuen Haustierblogs von zentralplus möchten wir euch gleichzeitig die zukünftigen Hauptblogger, Yuri und Silvie, etwas näher bringen.

Hattest du als Kind Haustiere? Wenn ja, welche?

Yuri: Bis zum Alter von 12 Jahren hatte ich immer Zwerghasen, danach einen
Hund. Einen Bichon Frisée, was meine Vorliebe für kleine weisse Hündchen erklärt.

Silvie Gsell-Tanner: Bei uns zog, als ich 6 Jahre alt war, nach langem Drängeln die erste Katze ein, mit ihr hatte ich ein ganz besonderes Verhältnis. «Minou» hat mich jeweils auf dem Weg zum Kindergarten begleitet, als der Kindergarten aus war, konnte ich bei der Bahnunterführung, welche ich passieren musste, nach ihr rufen und so begleitete Minou mich wieder heim.

Später kam ein Collie-Hund dazu, mit den Jahren gingen wir gemeinsam spazieren wie die «Bremer Stadtmusikanten». Und so kam das eine oder andere Tier hinzu (die Katze Jerry habe ich zum Beispiel aus dem Pfadilager mit nach Hause gebracht), natürlich verliess uns auch immer wieder mal ein treuer Begleiter.

Wann kam der Wunsch auf, Tierarzt zu werden?

Yuri Béosier: Ich wusste schon immer, dass ich Tierarzt werden wollte. Vor fünf Jahren entdeckte ich einen Text von mir, den ich in der ersten Klasse geschrieben hatte. Bereits da stand drin, dass ich Tierarzt werden wollte. Es ist also schriftlich festgehalten, dass ich diesen Wunsch schon im Alter von sechs Jahren hatte. Mit 14 war mein Ziel dann, «Tierchirurg» zu werden.

Silvie: Bereits in der Primarschule wollte ich entweder Bäuerin oder Tierärztin werden, später war die Primatenforscherin Jane Goodall mein Idol. Glücklicherweise durfte ich in der 6. Klasse bei unserem Dorftierarzt schnuppern und war ganz begeistert.

Yuri Béosier gründete die Praxis 2014.
Yuri Béosier gründete die Kleintierpraxis 2014.

Wo hast du deine Ausbildung gemacht und wie lange dauerte diese?

Yuri: Ich habe meine Ausbildung in Antwerpen, in Belgien (meinem Heimatort), gestartet. Dort konnte ich die ersten drei Jahre des Studiums absolvieren. Danach bin ich nach Ghent umgezogen, um die restlichen drei Jahre zu studieren. Die Ausbildung zum Tierarzt dauert in Belgien 6 Jahre. Die ersten 5 Jahre beinhalteten lediglich Theorie (Gross- und Kleintiere und Exoten). Im letzten Jahr absolvierte ich dann ein Vollzeitpraktikum im Tierspital in Ghent mit Fokus auf Kleintiere (Hunde und Katzen).

Nachdem ich mein Tierarztdiplom erhalten hatte, absolvierte ich ein 1,5-jähriges «Internship» in der Kleintiermedizin in einer Tierklinik in Antwerpen. Ein «Internship-Programm» ist ein Ausbildungsprogramm für Tierärztinnen, die direkt nach dem Studium oder auch nach der Doktorarbeit eine klinische Ausbildung in den unterschiedlichen Abteilungen beziehungsweise in den Fachbereichen eines Kleintierzentrums absolvieren möchten.

Ich hatte das Glück, dass mein «Internship» sehr chirurgieorientiert war. Anschliessend durfte ich auch meine 3-jährige Ausbildung in der Chirurgie in der gleichen Kleintierklinik absolvieren. 2011 bin ich in die Schweiz gezogen und habe bis 2014 in diversen Kliniken weitere Erfahrungen in der Chirurgie gesammelt.

Silvie: Ich habe in Zürich Veterinärmedizin studiert, das erste Jahr Studium damals noch gemeinsam mit den Humanmedizinern. Während dieser Zeit habe ich ein Auslandssemester an der «Ecole vétérinaire Maisons Alfort» in Paris absolviert. Dies war spannend, da Paris eine grosse, historische Veterinärfakultät mit einem riesigen Campus hat. 2005 habe ich mein Studium als Allgemeintierärztin abgeschlossen und an der Muscular Sceletal Research Unit am Tierspital Zürich meine Dissertation begonnen.

Dies war mir aber zu theoretisch und so habe ich nach ein paar Monaten wie Yuri ein «Internship» an einer privaten Tierklinik angetreten. Später habe ich in diversen Kliniken und Kleintierpraxen Erfahrungen gesammelt und irgendwann auch eine Familie gegründet, was als Frau meist gezwungenermassen zu kürzeren oder längeren Karriereunterbrüchen führt.

Hast du ein Lieblingsgebiet?

Yuri: Mit 14 Jahren durfte ich in der Schule eine Kaninchen-Sektion beobachten. Es tat mir zwar leid für dieses Kaninchen, aber die Anatomie des Tieres und wie die Muskeln, Knochen, Sehnen etc. im Körper zusammenarbeiten, haben mein Interesse geweckt. Im Studium waren meine Lieblingskurse Anatomie und die Pathologie. Die Studie vom normalen Körper und auch zu wissen, was abnormal ist, hat mich fasziniert. Von dort war es nur ein kleiner Schritt zur Chirurgie, auch wenn dieser Schritt länger dauerte.

Im Praxisalltag arbeite ich mit meinem Team auch intensiv an der Schmerztherapie, da dies ein wichtiger Teil innerhalb der Heilung nach einem Trauma oder einem chirurgischen Eingriff ist.

Silvie: Mich interessieren nebst der allgemeinen und inneren Medizin die Ultraschalldiagnostik, weil man da nichtinvasiv in den Körper «hineinsehen» kann. Und zudem die Phytotherapie, das heisst die Pflanzenmedizin. Diese wende ich oft komplementär an. Bei Pflanzenmedizin braucht man manchmal etwas mehr Geduld, kämpft aber oft mit weniger Nebenwirkungen.

Sylvie Gsell-Tanner arbeitet seit 2021 bei myVets in Cham.
Sylvie Gsell-Tanner arbeitet seit 2021 bei myVets in Cham.

Welches sind die schönen Seiten deines Berufes? Welche vielleicht weniger?

Yuri: Jeder Tag und jeder Patient ist anders, Langeweile gibt es nicht in unserem Beruf. Hund oder Katze, gross oder klein, nett oder manchmal auch sehr ängstlich, es ist immer eine neue Herausforderung. Wenn ein Hund mit hochgradiger Arthrose mit der richtigen Therapie wieder Freude im Leben hat oder wenn eine Katze nach einer hochkomplizierten Notfalloperation gleich wieder anfängt zu fressen, gibt mir dies ein gutes Gefühl am Ende des Tages.

Wenn mich der Abschied eines Tieres nicht mehr ins Herz trifft, werde ich als Tierarzt aufhören.

Yuri Béosier, Tierarzt

Leider ist Abschiednehmen auch ein wichtiger Teil vom Leben und auch ein Teil von unserem Alltag. Man kann sich nie darauf vorbereiten. Einem Patienten nicht mehr helfen zu können oder Besitzer darüber informieren zu müssen, dass es keine Therapie mehr gibt, ist das Schlimmste in unserem Beruf. Eine ruhige Verabschiedung ohne Stress für Mensch und Tier stelle ich da in den Vordergrund. Jedes Mal trifft es mich ins Herz, der Tag, an dem das nicht mehr den Fall sein wird, werde ich als Tierarzt aufhören.

Silvie: Ich denke, ich kann mich da Yuris Antworten voll anschliessen. Zudem ist unser Beruf meist sehr spannend, allerdings oft auch hektisch, man weiss nie, was einen erwartet. Und manchmal ist unser Alltag emotional intensiv oder traurig, womit man einen guten Umgang finden muss.

Seit wann arbeitest du bei Kleintierpraxis myVets in Cham? Kannst du die Praxis kurz vorstellen?

Yuri: 2014 habe ich zusammen mit Dr. med. vet. Alexandra Lierau die Praxis gegründet. Mittlerweile sind wir 5 Tierärzte, 9 Tierarztpraxisassistentinnen und 2 Tierphysiotherapeuten. Wir bieten neben der Grundversorgung (Impfen, Chippen, Kastrationen, etc.) auch diverse Spezialgebiete an, wie orthopädische und Weichteilchirurgie (Tierarzt Béosier), Dermatologie (Dr. Lierau), Ultraschall (Dr. Gsell-Tanner, Dr. Waldis) und Zahnbehandlungen (Dr. Lierau, Dr. Salis). Röntgen und Blutanalyse können wir ebenfalls vor Ort machen. Für die Anästhesiebetreuung und Schmerztherapie von unseren Patienten stehen zwei Veterinäranästhesietechnikerinnen zur Verfügung.

Silvie: Ich stiess 2021 zum Team dazu, nachdem ich fast 10 Jahre lang in einer Kleintierpraxis in Lenzburg gearbeitet hatte. Es macht Spass, in diesem fachlich breit aufgestellten Team zu arbeiten, was immer wieder zu spannendem Austausch führt!

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Im Haustierblog schreiben Tierärzte über spannende medizinische Fälle, tierische Patienten und ihren Alltag in der Tierarztpraxis.
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