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Alleine unter Fleischtigern: Geht das?

Wie man als Veganerin in der Familie überlebt

Mami, müssen wir uns nun auch vegan ernähren? (Bild: Symbolbild: pexels)

Meine vegane Reise startete vor acht Jahren. Die Hürden, mit einem Neugeborenen und zwei kleinen Jungs den Weg in die vegane Lebensweise zu finden, waren damals für mich hoch. Als Veganerin in einer omnivoren Familie, ja, geht das überhaupt?

Bereits acht Jahre ist es her, seit ich mich das erste Mal etwas näher mit dem Thema Veganismus befasst habe. Produkte mit dem «Veganzeichen» konnte man damals im Detailhandel noch an einer Hand abzählen. Vegane Rezepte gab es nur spärlich. Umso schwieriger war es für mich, die vegane Lebensweise einzuführen. Aber wie kam es überhaupt dazu, dass ich mich dafür interessierte?

Veganismus in der Schwangerschaft

In der Schwangerschaft meines dritten Kindes widerstanden mir die gängigen Fleisch- und Milchprodukte vom einen auf den anderen Tag. Ohne Vorwarnung war das plötzlich da. Und ich war schwanger, gerade im Schlussspurt meiner Weiterbildung, und hatte drei Fleischtiger zu Hause. Kurzum: Ich war überfordert.

Ein veganer Kochkurs, das war die Lösung. Ich wollte lernen, worauf ich achten musste und wie ich vegan kochen konnte, sodass es auch meinem Mann und meinen zwei Jungs zu Hause schmecken würde. Und so sah ich es für mich in der Schwangerschaft nicht mehr als eine Bürde, sondern wollte meiner Intuition folgen und dieser Ernährungsform eine Chance geben.

Die ersten Schwierigkeiten

Unser Sohn kam gesund zur Welt und komplettierte unsere nun bereits fünfköpfige Familie.

Durch einige geschäftliche Turbulenzen war der Mutterschaftsurlaub im Nu vorbei und so geriet die vegane Ernährung, nebst Stillen und Einleben im neuen Job, etwas in den Hintergrund. Wir kochten noch immer häufig vegan, redeten in der Familie darüber, aber ich hatte einfach nicht die Energie, mich aufzuraffen und die vegane Lebensweise beizubehalten.

Go Veganuary, go

Eines Tages im Dezember 2021 las ich dann was über den Veganuary. Und so entschied ich mich, da mitzumachen. Einen Monat lang wollte ich mich wieder vegan ernähren und schauen, wie es sich für mich anfühlt, ohne dass ich mein erweitertes Umfeld involvieren musste.

Die Tage vergingen wie im Flug, ich probierte neue Rezepte aus, machte selbst Naan-Brot und scheiterte am veganen Schokoladenmousse. Ich fühlte mich gut, sehr gut sogar.

Familie und vegan – ein No-Go?

Meinen Glaubenssatz, dass es mit einer Familie schwierig werden würde, wenn sich nur ein Familienmitglied vegan ernährt, hatte ich in diesem Monat widerlegt. Und auch meinen Mann hatte ich überzeugt. Solange er sich nicht vegan ernähren musste, war es ihm egal, wenn ich mich künftig für eine andere Ernährungsweise entschied.

Das erste Familienfest nahte und ich wollte mich bereits zu einer Ausnahme durchringen, schliesslich hatten wir einige Verwandte und Freunde eingeladen. Nein, genau das wollte ich nicht. Ich suchte deshalb nach Alternativen und so fand ich bald ein gutes Tofugipfeli-Rezept. Der Apéro war wunderbar, die Gäste wussten, dass einige unserer selbstgemachten Köstlichkeiten vegan waren, aber das war alles. Ich war glücklich und unseren Gästen fehlte es an nichts.

Müssen sich meine Kinder nun auch vegan ernähren?

Rückblickend gab es auch einige spannende Diskussionen mit meinen Kindern. Immer wieder durfte ich Fragen nach dem «Warum» beantworten. Wieso wollte ich eigentlich vegan leben und erwartete ich es auch von ihnen? Solange sie es ihren Gspändli nicht erzählen mussten, war es ihnen jedoch egal, wie sich ihre Mutter ernährte.

Den Entscheid, dass ich ihnen kein Fleisch mehr zubereiten wollte und dies in Zukunft nur noch Papi machen würde, nahmen sie gelassen zur Kenntnis. Am meisten lachen wir heute noch über den Guacamole-Song, den sie mir irgendwann auf Spotify herausgesucht und vorgesungen haben. Jetzt, da ich Avocados so gerne mochte, passte das doch wunderbar.

Ja ABER die Avocados, Olivia! Deren Produktion benötigt doch ganz viel Wasser…?!

«Bisch aber ned öppe vegan??», wird Olivia des Öfteren gefragt.
«Bisch aber ned öppe vegan??», wird Olivia des Öfteren gefragt. (Bild: Symbolbild. pexels)

Vegan, na und?

Ernährung provoziert, auch wenn ich, wie einige sagen, keine missionierende Veganerin bin. Die Vorurteile begegnen mir im beruflichen Umfeld, obwohl ich auch heute noch regelmässig mit Arbeitskolleginnen im Restaurant esse. Oder auch im privaten Umfeld, wenn ich meinen Mann bei einem Quartiervereinsausflug auf den Hasliberg begleite und ich mich null Komma plötzlich in einer «Veganer-Bashing-Diskussion» befinde.

Leben und leben lassen – dieser Leitsatz begleitet mich schon seit meiner Kindheit und den nehme ich mir auch heute noch zu Herzen, wenn ich mal wieder unterwegs bin und prompt beim Essen gefragt werde: «Bisch aber ned öppe vegan??»

Happy End

Vor einigen Wochen begleitete mich einer meiner Söhne an eine Messe für den veganen Lebensstil. Obwohl ich mich bereits auf meine «Me-time» gefreut hatte, war ich wahnsinnig stolz, dass er sich dafür interessierte. Wir verbrachten einen spannenden Tag, kauften vegane Salatsauce, Wakame-Algen und genossen die gemeinsame Zeit. Auf dem Heimweg im Zug wurde mir bewusst, wie stolz ich auf meine Familie bin, dass jeder seinen Zielen und Werten folgen kann.

Ach übrigens, wir haben uns in der Familie auf den Begriff «plant based» geeinigt!

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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