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Endlich spucken wie ein Lama

Was die Reihentests in Luzerner Schulen mit sich bringen

Mit Spucken allein ist es nicht getan – die Reihentests sorgen für viel Aufwand. (Bild: nsl)

Nach den Weihnachtsferien haben die Luzerner Schulen mit den Reihentests begonnen. Was alle Beteiligten gehörig herausfordert. Und bedeutet, dass Kinder endlich spucken können. Hochoffiziell. Nicht vor die Schuhe ihrer Gspändli, sondern in einen Trichter.

An den Luzerner Schulen werden seit Anfang Januar Reihentests durchgeführt (zentralplus berichtete). Dies funktioniert so, dass die Kinder am Montag um 9 Uhr gemeinsam den Spucktest machen. Also nur jene Schulkinder, deren Eltern ihr Einverständnis dazu gegeben haben. Schriftlich.

Den ersten Test empfanden meine Kinder als «richtig gruusig». Es sei, als müsse man ein grosses Glas Spaghettiwasser lange im Mund haben und dann alles wieder rausspucken. Und das sagen Kinder, für die es wirklich fast nicht genug Salz im Essen haben kann. Also muss es wirklich besonders salzig sein. Mittlerweile spucken sie – wie ein Lama.

Jeder Tag ein wenig anders

Den Aufwand daneben habe ich nicht kommen sehen. Ich sag’s euch. Ich habe jedenfalls eine neue Brieffreundin. Die habe ich mir nicht selber ausgesucht. Ich kenne sie nicht mal, aber sie scheint eine Freundliche zu sein. Bisher habe ich jeden Dienstag einen Brief von der Schulsekretärin erhalten, dass eines meiner Kinder (und ich habe «nur» zwei) in einem positiven Pool sei. Dies hat zur Folge, dass sich die Kinder nebst der Schule nirgends aufhalten sollen. Daher keine anderen Leute treffen, ausser der Familie.

Kein Training, kein Abmachen, nichts. Und dies so lange, bis das Resultat des erneuten Tests, diesmal personalisiert, ausgewertet sei. Dass die Labore zu Beginn noch unfassbar überlastet waren, ist logisch. In der ersten Woche erhielten wir das Resultat am Donnerstagmittag. Das heisst, das positiv getestete Schulkind wurde erst am Donnerstagnachmittag einer ganzen Schulwoche aus der Klasse gepflückt. Wie sinnvoll dies ist, sei dahingestellt. Also schreibt mir meine neue Brieffreundin erneut einen Brief und ich schreibe ihr dann zurück, sobald das Laborresultat bei uns eingetroffen ist.

Um an selbiges zu gelangen, braucht's eine SMS, dann eine Mail und zur Bestätigung, dass wir es sind, wieder eine SMS. Datenschutz. Ist schon klar, das verstehe ich. Aber in solchen Momenten sehne ich mich nach den guten alten Zeiten zurück, als man Resultate noch einfach so verkündigte. Zum Beispiel an der Gemeindeversammlung… Oder meinetwegen auf dem Landsgemeindeplatz in Appenzell.

Meine Brieffreundin bedankt sich dann für meinen Brief und schreibt später allen, dass es einen positiven Fall in der Schulklasse meines Kindes gebe und hält uns an, unser Kind gut zu beobachten und bei Symptomen zu Hause zu lassen. Nichts anderes tun wir seit Monaten. Beobachten, nachfragen, testen, informieren.

Die Mittwochnachmittage verbringen die Fröleins also zurzeit nicht ganz freiwillig mit uns Eltern. Ausschliesslich uns. Ich kann dem System Grossfamilie seit Covid was abgewinnen. Man hat immer jemanden zum Spielen, einverstanden, auch jemanden zum Streiten und um sich gegenseitig auf die Nerven zu gehen. Also verwerfe ich den Gedanken nach ganz vielen Kindern gleich wieder.

Was Eltern zurzeit leisten

Pläne, Vorfreude und To-do-Listen kannst du alles die kleine Emme hinunterlassen. Es kommt eh anders als gedacht. Wenn uns diese aktuelle Zeit etwas lernen will, dann wohl, beweglich zu bleiben. So beweglich wie ein Gummitwist auf dem Pausenplatz der Schule, eingespannt zwischen vier Beinen. Und dies schon seit beinahe zwei Jahren. Ich möchte einen Toast aussprechen für alle Mütter und Väter, Pflegemütter und Pflegeväter da draussen. Ihr macht jeden Tag einen verdammt guten Job. Jeden einzelnen Tag.

Ein Hoch auf die Lehrpersonen

Dann brauche ich ein weiteres Cüpli für die Lehrpersonen. Sie, die nie wissen, wer am nächsten Morgen zur Schule erscheinen wird. Sie, die auch mit der Hälfte der Klasse jonglieren. Ihr Programm laufend anpassen und Gesprächen und Zwischenmenschlichem genügend Raum und Zeit geben. Dennoch wird ihnen der Lehrplan im Nacken sitzen. Sie bringen die Aufgaben den Kindern, die in Quarantäne sind, zum Briefkasten und halten diese zerrütteten Schulklassen so gut es geht zusammen. Dass sie oftmals für andere Lehrpersonen einspringen müssen, kommt noch obendrauf.

Nachsichtig sein

Ich habe keine gescheite Lösung für dieses Problem. Mir liegt einfach das Wohl der Kinder schampar am Herzen. Achten wir auf die Kinderseelen. Achten wir auf ihre Zeichen. Auch auf jene der lauten und der ruhigen. Fragen wir einmal mehr nach, was ihnen auf der Seele brennt. Schaffen wir den Kindern Freiräume und Zeiten, in denen sie einfach herunterkommen können, ohne Druck, ohne Programm. Und lassen wir sie jeden einzelnen Tag spüren, dass sie nicht alleine sind.

Seien wir grosszügig miteinander. Dann, wenn die Lehrperson vergessen hat, einen Infozettel mitzugeben, wir Eltern einen Termin verschlampt haben oder die Kinder mal ohne Turnschuhe in der Turnhalle stehen. Gut ist gut genug – in der aktuellen Zeit ganz besonders.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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