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Reise durch Inputs, Erleuchtung und Ernüchterung

Was Ampeln mit Achtsamkeit zu tun haben

Ruhig bleiben, durchatmen, meditieren – nur klappt das leider nicht immer. (Bild: pexels)

Wie sollen Kinder lernen, mit Krisen umzugehen, wenn man selber Mühe damit hat? Was kann man tun, um selber Krisen besser zu meistern? Elternbloggerin Nadin Ragusa schreibt in ihrem Blogpost über die Suche nach einem besseren Krisenmanagement.

Wer im Verlauf der letzten sechs Monate nicht enttäuscht von sich selbst und seinem Erziehungsstil war, möge den ersten Stein werfen.

Ich war es und bin es immer wieder. Ich bin müde, gestresst und unausgeglichen. Mir fehlen soziale Kontakte, Freizeit und Unbeschwertheit. Meine Kinder spüren das immer sehr schnell, wenn es Mama und Papa nicht gut geht. Ihre Reaktion darauf ist leider noch nicht sehr empathisch.

Kinder lernen von uns, mit Krisen umzugehen

Sie sind unsicher, weil sie merken, dass ihre Hauptbezugspersonen aus dem Gleichgewicht sind und fordern uns umso mehr, weil ihr inneres Gleichgewicht selbst ins Wanken kommt. Woher sollen sie auch wissen, ob nun ernste Gefahr droht oder nicht, wenn wir so angespannt sind. Deshalb traf mich folgende Aussage, die ich irgendwo aufschnappte, besonders hart.

«Wir sind ihr Kompass, ob wir wollen oder nicht, wir sind in jeder Situation ihre grössten Vorbilder und sie schauen immer zu uns auf. Sie beobachten uns und verinnerlichen, wie wir mit Krisen umgehen.»

Wollte ich, dass meine Kinder später so mit Krisen umgingen, wie ich es gerade tat? Natürlich nicht. Aber wie macht man es denn besser? Wenige Tage später sah ich auf Netflix eine Kurzdoku über Achtsamkeit, die mir den erleuchtenden Input gab:

«Meditation gibt dir nicht die Kraft, alles zu kontrollieren, was in deinem Leben geschieht. Jedoch den emotionalen Raum, um innezuhalten, bevor du reagierst, auf das, was das Leben dir vor die Füsse wirft.»

Meditation und Achtsamkeit

Das ist alles, was ich mir die letzten Monate gewünscht hätte, wenn ich überreizt war und nicht so auf meine Kinder reagierte, wie ich es gern möchte. Ich wünschte mir, Raum zu haben, um meine sowie die Bedürfnisse aller anderen Involvierten zu erkennen und dann angemessen zu reagieren. Anstatt einfach im «Sicherungsdurchbrennmodus» irgendeine Drohung rauszublaffen, die ich dann fünf Minuten später wieder bereute.

Meditation und Achtsamkeit sollten also der Schlüssel zu Familienfrieden sein. Voller neuem Mut fing ich an zu recherchieren und stiess schon ziemlich bald auf eine wirklich tolle Podcast-Reihe namens «Go hug yourself», aus der ich nochmals viel über Achtsamkeit als Mutter im Alltag mitnahm.

Das Ampelsystem oder auch Mama, der Vulkan

Mein liebster Input: Alle paar Stunden einen Wecker stellen und wenn dieser abgeht, tief durchatmen. Augen schliessen und den Körper abscannen: Wie angespannt bin ich? Bin ich noch im grünen Bereich oder wechsle ich bereits in den gelben?  Habe ich heiss, kalt, Hunger, Durst? Wünsche ich mir Ruhe? 

Das Ampelsystem kurz erklärt:
Grüne Ampel: Mama total entspannt, Vulkan ruhig
Gelbe Ampel: Mama angespannt, es brodelt im Vulkan und einzelne Lavaspritzer sind zu sehen.
Rote Ampel: Der letzte Nerv ist ausgerissen, durchatmen ist nur noch wütendes Schnauben und Mama brüllt laut(er) Dinge, die sie nicht so meint. Oder eben: Der Vulkan ist ausgebrochen und die Lava flutet das idyllische Inseldorf. 

Je nachdem ob man bereits im gelben Bereich ist oder zu wechseln droht, sollte man reagieren. Was mir hilft: Fenster auf, frische Luft atmen, eine heisse Tasse Tee oder Schokolade. Kurze Yoga-Session oder Tagebuchschreiben, Hauptsache, raus mit diesen Gefühlen. Wenn der Mann da ist, schnell allein ins Zimmer und meditieren. Oder allein eine kurze Runde mit dem Hund im Wald drehen.

Was heisst für mich achtsam im Alltag sein?

Für mich heisst es, mein Handy weglegen und präsent sein in der Situation, in der ich mich befinde. Wenn meine Kinder mit mir reden, ihnen in die Augen zu schauen, ihre Gefühle wahrnehmen. Wenn ich esse, jeden Bissen zu schmecken, anstatt nebenbei Zeitung zu lesen. Wenn ich etwas anschaue, zum Beispiel eine Zeichnung meiner Kinder, die Farben genau anzuschauen, Ihre Pinselstriche nachzuverfolgen. Den Fokus zu wahren.

Das Gedankenkarussel bewusst abschalten, sprich, wenn Gedanken auftauchen wie «Das muss ich noch und dem muss ich noch», auf die To-do-Liste schreiben und loslassen. Kommt der Gedanke wieder, weiss ich, dass ich es erledigen werde, wenn der Moment dazu kommt und nehme bewusst einen tiefen Atemzug, fühle, wie die frische Luft meine Lungen füllt und mache weiter, womit ich gerade beschäftigt war.

Gedanken beobachten anstatt verdrängen

Wenn ich im Gang stehe und auf mein Kind warte, dass noch kurz das Dinobaby ins Puppenkleid stecken muss, bevor es zu mir kommen kann, um sich anzuziehen, nutze ich diesen Moment, um zu atmen. Anstatt versuchen nichts zu denken, beobachte ich mein Gedanken, was beschäftigt mich heute, worüber zerbreche ich mir den Kopf? Meist lösen sich die Gedanken, wenn ich sie einmal genauer betrachtet habe.

Umso präsenter ich im Alltag bin, desto früher merke ich, dass ich eine Pause brauche. Oder meine Kinder. So kann ich Situationen entschärfen, bevor sie eskalieren und ganz nebenbei macht das Leben auch noch ein bisschen mehr Spass, wenn man richtig dabei ist und es nicht nur an einem vorbeizieht.

Zum Abschluss ein bisschen Realität

Gestern habe ich komplett im gelben Bereich verbracht und bin mehrmals in den roten Bereich gewechselt. Keine Auszeit, kein Durchatmen haben gereicht, um in meinen grünen Bereich zurückzukehren.

Solche Tage gibt es und wird es immer geben, Perfektion gibt es meiner Meinung nicht im Leben und schon gar nicht in der Erziehung. Anstatt einer perfekten Kindheit, geben wir unseren Kindern lieber die Fähigkeit mit, mit der Imperfektion des Lebens umzugehen. Und mit Krisen natürlich.

Oder wie mein Mann mir vor ein paar Wochen auf einen Notizzettel schrieb:

«Having a bad day, does not make you a bad mom!»

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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