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Vatertag ist einmal, Papitag gibt es jede Woche

Vater zu sein, ist meine grosse Freiheit

Elternblogger Peter freut sich über seinen ersten Vatertag – und die Freiheit, der Vater zu sein, den er sein will. (Bild: Symbolbild: pexels)

Mein erster Vatertag war ein wunderbares Erlebnis. Aber er brachte mich auch zum Nachdenken, denn ich kenne weder Papitage noch Vatertage aus meiner Kindheit. Sie wurden mir weder vorgelebt noch waren sie je ein Thema. Dieser fehlende Bezug hat aber nicht nur Nachteile.

Es gibt Sachen, die kenne ich einfach nicht aus meiner Kindheit. Vielleicht muss ich dazu sagen, dass ich auf dem Land aufgewachsen bin. Vielleicht war das damals in der Stadt anders. Oder es ist meine selektive Wahrnehmung. Wer weiss?

Aber ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass in meiner Klasse Kinder waren, deren Väter an einem oder mehreren Arbeitstagen zu Hause blieben. Klar, es gab Bauernfamilien, das war ein anderes Familienmodell. Aber Väter waren nicht da, um die Kinder zu hüten, den Haushalt zu erledigen und die Frau in einer frisch geputzten Wohnung zu begrüssen, wenn sie von der Arbeit kam.

Wenig Würdigung, dafür rot angestrichen

Kinderbetreuung, Kochen, Putzen und Wäschewaschen verbinde ich in meiner Erinnerung mit Müttern. Und diese Arbeit gehörte – wenn auch sonst eher zu wenig – zumindest von den Kindern gewürdigt. So «häkelten» wir einmal im Jahr Topflappen oder verzierten Blumenvasen, um diese der Mutter zum Muttertag zu schenken. Das war institutionalisiert. Das Datum war wahrscheinlich rot angestrichen in allen Unterrichtsheften damaliger Lehrpersonen. Für unsere Väter hingegen waren die Zeugnisse – was nicht in jedem Fall ein Wahnsinnsgeschenk war. Aber einen Vatertag? Nein, auch das kannte ich nicht.

Das Familienmodell, für welches meine Frau und ich uns entschieden haben, kennt diese klare Rollenverteilung nicht. Wir arbeiten beide. Unser Emil kennt Mamitage, Grosselterntage und auch Papitage. Dabei teilen wir uns als Eltern die Aufgaben im Haushalt auf. Papitage beinhalten so neben Kinderbetreuung und Babyschwimmen auch Putzen, Kochen und Wäschewaschen.

Ein Muttertagsgeschenk

Auch den Muttertag haben Emil und ich natürlich nicht vergessen. Zwischen Einkaufen und Babyschwimmen gingen wir zu einem der letzten Passfotoautomaten in der Stadt. Wir lichteten uns ab. Mal ein Versuch mit Lachen, dann mit Grimasse, dann irgendwas dazwischen. Entstanden sind lustige Bilder, die wir mit kleinen Klammern an einem grossen Basilikumstrauch befestigten.

Natürlich freute sich meine Frau in der Rolle als Emils Mutter. Bei Emil bedankte sie sich mit unzähligen «Jöhs» und Küsschen. Bei mir revanchierte sie sich zum Vatertag, mit einem kleinen Buch der Raupe Nimmersatt, ebenfalls mit lustigen Bildern von Emil.

Gedanken zum ersten Vatertag

Ganz ehrlich: Ich habe schon damit gerechnet. Trotzdem brachte mich mein erster Vatertag zum Nachdenken. Dieser Tag war mir von Grund auf fremd. Ich kenne ihn nicht und habe ihn noch nie gefeiert. In meiner Rolle als Vater freute ich mich sicher genauso fest, wie sich meine Frau als Mutter am Muttertag gefreut hat. Nur was genau ist meine Rolle als Vater?

Gibt es Vorbilder?

Für mich war irgendwie immer klar, dass die klassische Rollenverteilung in der Familie nicht mein Fall ist. Zum ersten Mal aber brachte mich der Vatertag dazu, mich nach Vorbildern umzusehen, die unser Modell leben. Zumindest in meiner Kindheit gab es diese nicht und auch jetzt kenne ich nur sehr wenige, die so leben. Die meisten sind in einer ähnlichen Situation wie ich und hadern mit denselben Problemen. An wem also kann ich mich in meiner Rolle als Vater orientieren?

Da Emil in dieser Nacht sehr unruhig schlief, hatte ich wirklich lange Zeit, mich mit dieser Frage zu beschäftigen. Auf eine Antwort bin ich trotzdem nicht gekommen. Vielleicht drehten sich meine Gedanken zu sehr im Kreis. Das haben solche langen Nächte ja manchmal an sich und irgendwie beunruhigte mich das.

Freiheit für mich als Vater

Erst am Morgen kam ich zum Schluss, dass ich vielleicht gar niemanden brauche, der diese Rolle vorlebt. Vielleicht ist das Schöne an meiner Rolle als Vater, dass ich sie frei leben kann. Ich kann mich mit meiner Familie und meinen Freunden in ähnlichen Familienmodellen darüber austauschen und so für Emil der Vater sein, der ich gerne bin. Nicht in der klassischen Vaterrolle zu leben bringt also auch unglaublich viel Freiheit. Diese, das ist mir inzwischen klar, möchte ich mit meiner Familie geniessen.

Der Vatertag hat mich sehr zum Denken angeregt. Das ist sicher gut so. Auf den Punkt gebracht hat es dann am Schluss doch wieder Emil. Er schaute mich am Mittag mit grossen Augen an, lachte und sagte: «Papi.» Zum ersten Mal. Das ist wohl das beste Geschenk, das er mir machen konnte, zeigt aber auch, dass Vatertag einmal im Jahr ist. Papitag gibt es jede Woche. Da muss ich Papi für Emil sein und nicht zu sehr über die Vaterrolle nachdenken.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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