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Kein weisses Kleid, keine Kirche, keine Versprechen

Und doch: wir heiraten aus unromantischen Gründen

Klassisch mit weissem Kleid und Frack – oder doch lieber anders? (Bild: Symbolbild: pexels)

Bei einer Hochzeit denkt man gleich an ein weisses Kleid, die Kirche und eine klassische Trauung. Romantik pur. Aber was, wenn die Gründe für eine Hochzeit gar nicht romantischer Natur sind? Elternbloggerin Sabrina spricht im Blogpost über ihre wahre Sehnsucht, Versprechen und Pragmatik.

Im weissen Kleid schreitet sie erhobenen Hauptes den Kirchengang entlang, am Arm ihres Vaters. Ihr Blick schweift über die gerührten Gesichter der geschniegelten Gesellschaft. Dem Liebsten im Frack kommt schon das Augenwasser. Das Brautpaar verspricht sich eine Million Dinge, bis dass der Tod sie scheidet. Und besiegelt wird der Liebesschwur mit einem kostspieligen Ring.

Ganz schön unromantisch

Wenn ich höre, dass jemand bald heiraten wird, klingen unweigerlich solche Bilder in mir an. Offensichtlich bin ich in diese Richtung sozialisiert. Und nun, da es mich selber angeht, könnte die Vorstellung meiner eigenen Hochzeit oppositioneller kaum sein. Ich habe kein weisses Kleid. Es gibt keine Kirche. Simon trägt keinen Frack und versprechen kann ich ihm auch nichts. Ausserdem ist mein Vater tot.

Wir haben vor allem pragmatische Gründe, die uns einander das Ja-Wort geben lassen. Es sind die üblichen Motive, die unromantische Menschen mit Kindern gerne angeben: Witwenrente, Pensionskasse und solche Geschichten. Klingt unromantisch? Wahrscheinlich ist es das auch.

Oder doch nicht?

Ich mag ihn sehr! Er geht mir vergleichsweise selten auf die Nerven. Ich find ihn witzig. Er liebt mein Essen und feiert jedes Birchermüesli, das ich zubereitet habe. Sein Herz und sein Geist sind so grosszügig. Er ist unheimlich klug – also er gehört zu der Sorte Mensch, die zum Streiten zu intelligent ist. Demnach streiten wir eigentlich nicht. Auch das mag ich. Der Alltag ist einfach schön mit ihm – er ist spontan und unkompliziert. Und wenn der Alltag schön ist, dann ist das Leben schön.

Er organisiert die allerbesten Sommerferien, bringt uns an wundersame Orte dieser Welt. Irgendwie schafft er es, dass ich jedes Jahr im August sage: «DAS waren jetzt wirklich die schönsten Ferien, die wir je hatten.» Ich mag, dass er mit jedem Menschen gut reden kann. Sein Style ist so unaufgeregt und schön. Kommunikation ist sein Steckenpferd, toll find ich das. Er riecht wahnsinnig gut.

Er ist ein feiner Mensch, wahrscheinlich der feinste den ich jemals kennengelernt habe.  

Und was werde ich ihm versprechen?

Nicht, dass ich ihn für immer lieben werde. Auch nicht, dass ich ihn niemals verlassen werde. Treue sowieso nicht. Denn woher soll ich denn sowas wissen? Das Leben hat mir schon einige Male gezeigt, dass wir dessen Zügel niemals wirklich in den Händen halten. Immer nur vermeintlich. Und es passieren Dinge, die niemand wollte. Und doch passieren sie. Das Leben eben.

Ich kann ihm versprechen, dass ich immer für seine Kinder da sein werde, denn es sind auch meine. Und ich kann versprechen, ihm immer wieder einen Blick in mein Inneres zu gewähren. Und dass ich ehrlich bin mit ihm. Ich merke, dass «versprechen» für mich ein grosses Wort ist. Ich mache eigentlich kaum Versprechen im Leben. Abgesehen davon, dass ich den Kindern manchmal Zimtwecken zum Vesper verspreche. Aber solche, die ein Leben lang andauern sollen? Ich weiss nicht…

Und gerade eben, wo ich diese Zeilen schreibe, beschleicht mich das wunderbare Gefühl, dass ich ihm gar nichts versprechen muss. Dass es einfach reicht, dass ich es für eine wirklich gute Idee halte, ihn zu heiraten. 

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Hampi R.
    Hampi R., 16.05.2022, 11:53 Uhr

    Im Jahr 2021 wurden in der Schweiz rund 17.000 Ehen geschieden. Damit ist die Zahl der Ehescheidungen gegenüber dem Vorjahr um etwa 800 gestiegen. Die Scheidungsrate liegt also bei rund 50%, oder drei von fünf Ehen werden geschieden. Scheidungen dauern oft sehr lange und kosten viel Geld. Wozu also den Segen der Kirche oder des Staates holen? Vieles kann auch vertraglich geregelt werden, mit notarieller Bestätigung!

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    • Profilfoto von Sabrina Forrer
      Sabrina Forrer, 17.05.2022, 09:42 Uhr

      Lieber Hampi R.

      Sie haben selbstverständlich Recht. Aber die meisten Menschen sterben auch irgendwann und dennoch lohnt es sich trotzdem, Menschenkinder zu bekommen.
      Drücken Sie mir die Daumen! ☺️
      Alles Gute und einen lieben Gruß
      Sabrina

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