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Ich packe ein, und der Kleine packt aus

Umzug: Wenn der Plüschtiger keinen Platz mehr hat

Ein Umzug ist anstrengend – auch wenn man nicht alles selber macht. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Lange haben wir gesucht, geschaut und abgewogen und jetzt ist es soweit: Wir ziehen um! Endlich haben wir das Richtige gefunden. Nach zwölf Jahren in der gleichen Wohnung ist alleine der Umzug schon eine riesige Herausforderung. Wenn aber noch zwei Kinder dazu kommen, wird es umso schwieriger. Vor allem, wenn sie sich nicht nur freuen.

«Mami, wann ziehen wir um, morgen?», beinahe jeden Morgen ist dies die Standardfrage des Kleinen. «Ich weiss nämlich immer noch nicht, ob ich mich freue oder nicht», kommt es dann meist noch ergänzend dazu. «Nein mein Schatz, es dauert noch ein paar Wochen», antworte ich ihm und in meiner Magengegend krampft es sich zusammen.

Ist es wirklich der richtige Weg, den wir gehen, die richtige Entscheidung, die wir getroffen haben? Die Gewissensbisse nagen an meiner Entscheidung. Schliesslich will ich als Mutter vor allem eines: Dass alle in der Familie zufrieden und glücklich sind. Doch, können mir die Kinder auch wirklich sagen, ob sie glücklich sind?

«Mir wird mein Freund fehlen»

Der Grosse will unbedingt zügeln, er findet die neue Wohnung super cool, weil quasi gleich vor der Türe ein grosses Fussballfeld liegt. «Dann kann ich immer, wenn ich will, Fussball spielen», so seine Begründung. Über diese Vorfreude freue auch ich mich wie ein kleines Kind. Kommt dann aber der Kleine, schrumpft meine Vorfreude auch gleich wieder.

«Ach Mami, ich werde meinen besten Freund ganz fest vermissen», klagt mir der Kleine und drückt mich fest. Ein schwieriger Moment. Genau das ist es, was den Umzug nicht nur einfach macht. «Ich weiss, mein Schatz, aber du wirst ihn doch trotzdem wieder sehen», antworte ich ihm im Wissen, dass es auch sehr schnell anders aussehen kann.

Denn die Jungs werden ab dem Sommer auch in eine andere Schule wechseln. Damit wird es wieder andere Gspändli geben und der beste Freund scheint plötzlich viel weiter weg als gedacht. Natürlich werde ich alles dafür tun, dass das nicht der Fall sein wird, aber mal schauen, in welche Richtung es sich entwickelt.

Der Plan zum neuen Zuhause

Im Moment muss dieser Mami-Zwiespalt ein wenig pausieren. Denn wir haben noch viel zu tun. Es sind nur noch wenige Wochen bis zum Tag X und die Zimmer sind noch randvoll mit Spielsachen die verstaut, sortiert und zum Teil auch entsorgt werden müssen. Aber wo beginnt man mit der Arbeit?

Mit dieser Frage stehen wir Eltern nun da und versuchen uns einen Plan zurecht zu legen. Was sollen wir behalten, was verschenken, was können wir entsorgen und was wird gezügelt? Fragen, die uns im Moment rund um die Uhr beschäftigen. Denn unser Plan ist es, alles zu hinterfragen, ob wir es wirklich noch mitnehmen sollen.

Keine einfache Aufgabe. Vor allem der Kleine würde am liebsten das gesamte Zimmer zügeln. «Aber es ist doch viel schöner, wenn du wieder mehr Platz hast für neue Sachen», argumentiere ich dann jeweils.

Ich packe ein und der Kleine packt aus

Und dann beginnt der Kampf: Zusammen mit dem Kleinen sortiere ich die Sachen aus und entscheide gemeinsam mit ihm, was wir schon in die Zügelkisten packen. Wenn ich dann die restlichen aussortierten Sachen wegbringe, ist der Kleine wieder am Spielen, und zwar mit den Spielsachen die wir zuvor gepackt hatten.

«Schatz, bitte lass die Sachen in der Kiste, die stellen wir jetzt zu den anderen gepackten Kisten», ermahne ich den Kleinen. «Nein Mami, ich will jetzt mit diesen Sachen spielen, die sind ja voll cool! Ich habe gar nicht gewusst, dass die so toll sind.»

Toll, denke auch ich und will gerade zum Grossen gehen und schauen wie es bei ihm vorwärts geht, beim Packen mit dem Papi. Aber auch er spielt mit etwas, das der Papi eigentlich wegtun wollte.

«Ich kann nicht schlafen»

Phu, ich sehe, das wird noch eine lange Reise, bis wir endlich da sind. Nach einem langem Packtag fallen die Kinder geschafft in das Bett. Zwar konnten wir viele Kisten packen, doch fertig sind wir noch lange nicht. Beim Gutenachtsagen drückt mich dann der Kleine fest an sich und flüstert mir ins Ohr:

«Mami, ich kann nicht schlafen, ich bin so aufgeregt!» «Warum», frage ich ihn und er funkelt mich mit seinem grossen Grinsen an: «Weil ich es kaum erwarten kann, endlich in meinem neuen Zimmer zu sein.» Ich drücke den Kleinen fest an mich und weiss, es ist die Richtige Entscheidung, oder sicher jetzt in diesem Moment, bis der Kleine wieder am Zweifeln ist.

Bis es aber soweit ist, freue ich mich jetzt auch ein wenig. Ach, stimmt, dafür habe ich jetzt eigentlich auch keine Zeit. Ich muss noch meine Sachen packen. Also los, hopp hopp…

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Christopher Seidel
    Christopher Seidel, 23.11.2020, 16:54 Uhr

    Super geschriebener und informativer Artikel :-). In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen

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