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So stelle ich mir das Schlaraffenland vor

Picknick ist sooo viel mehr – ein Lebensgefühl

Picknicken geht überall. An Seeufern, in Waldlichtungen, an einem Bächli und sei dies noch so klein. (Bild: nst)

Laut Wikipedia ist Picknick «eine im Freien eingenommene Mahlzeit. Oft ist ein Picknick verbunden mit einer Pause während eines Ausflugs». Also bissoguet – ein Picknick ist sooo viel mehr. Es ist ein Gefühl. Vielleicht auch eine Art, das Leben zu betrachten.

In meiner Kindheit fuhren wir selten in die Ferien. Auf dem Bauernhof gab es allerhand zu tun. Gerade in den heissen Sommerwochen, in denen es andere ans Meer zog, wurde bei uns geheuet. Was wir an arbeitsfreien Sonntagen jedoch unternahmen: Picknicks machen. Die karierte Wolldecke und die Plastikkühlbox mit Deckel zum Draufsitzen stand jederzeit für ein Familienpicknick bereit. Wir fuhren meist irgendwo ins Entlebuch an einen Bach und breiteten unsere Picknickdecke aus, worauf die ganze sechsköpfige Familie mitsamt feinstem Essen Platz fand.

Es sind das Tessinerli zum Abbrechen, der Lyoner zum Reinlegen, die Tomaten aus dem Garten, der Käsemocken mit dem Sackmesser daneben, der Landjäger auf dem Holzbrättli, woran ich mich erinnere. Auch diese Retrokühlbox habe ich noch vor meinem geistigen Auge. Aber vor allem eines weiss ich noch so genau und werde ich immer in Zusammenhang mit Picknicken bringen: den Ausdruck auf dem Gesicht meines Vaters. Er, seitlich liegend auf der karierten Decke, ein Arm eingestützt, inmitten seiner vier Töchter, seiner Frau und Lebensmittel und mit einem derart entspannten, zufriedenen Gesichtsausdruck.

Essen unter freiem Himmel

Die Freude fürs Picknicken gab ich an meine Kinder weiter. Essen schmeckt so viel besser unter freiem Himmel! In den Korb wird alles gepackt, was uns gluschtet und gäbig mitgenommen werden kann. Dabei braucht es nicht zwingend fancy Lebensmittel und in mühsamer Handarbeit zubereitetes Zeug. Bei uns gibt's meist Brot, Käse, Gurken, Rüebli, Cherrytomaten, Hummus, Käseaufstrich oder Mayonaise, hartgekochte Eier, Salat (aus den Resten vom gestrigen Reis oder Pasta) und Chips.

Chips sind schampar wichtig. Denn ohne ist es irgendwie kein Picknick. Dazu packt man mit Vorteil noch Servietten oder einen bereits nassen Waschlappen ein. Getränke, Taschenmesser, Stoffsäckli für Sachensuchfunde, Spiele, Buch oder Zeitung für die Erwachsenen.

Manchmal bereiten wir die Sandwiches vor und fühlen uns dabei wie bei Starbucks. Wünsche wie: «das helle Brot mit ohne Kerne, mit Kiri, mit ohne Essiggurke und Emmentaler». Okay! Oder aber wir nehmen das Brot und einige Zutaten so mit und schmieren die Sandwiches dann bereits in einer gewissen sonntäglichen Langsamkeit und Tiefenentspanntheit auf der Picknickdecke. Zeit und Musse sind reichlich vorhanden.

Was sonst noch dazu gehört

Sonnenschirm oder Sonnenhüte haben wir immer dabei, Sonnencreme schmieren wir uns zu Hause bereits ins Gesicht und an alle blutten Stellen. Zeckenspray – wenn wir daran denken – ebenfalls. Spiele wie Frisbee, Fussball, Federball oder Gesellschaftsspiele sind auch ideal zum Mitnehmen und um das Picknick lange auszudehnen. Packen wir dann noch ein Dessert ein, wie eine Rolle Biskuits oder Muffins, sind am Ende eh alle glücklich.

Aber wenn es nach meinen Kindern geht, sind nicht mal die feinen Sachen aus dem Picknickkorb matchentscheidend. Das Beste am Picknicken ist, dass man während dem Essen «auffüdeln» darf. Jederzeit. Aufstehen, sich Matsch zwischen die Zehen drücken, spielen oder auf Entdeckungstour gehen und dazwischen wieder einen Happen essen.

Ideale Orte zum Picknicken

Picknicken geht überall. An Seeufern, auf Waldlichtungen, an einem Bächli (und sei dies noch so klein), zum Beispiel im Bachbett der kleinen Fontanne oder einfach an einem Wegrand ins «Bort» sitzen.

Corona zwang uns alle, mehr Zeit draussen zu verbringen. Leute draussen zu treffen. Auch mal zu Picknicken, wenn die Temperaturen nicht über 20 Grad zeigten. Und wisst ihr was? Ich mochte diesen Aspekt der Pandemie. Dass es auch die anderen, die mühsamen und zähen gab, leugne ich. Aber dieses Picknicken, anstatt sich in den geheizten Räumen zu treffen, mochte ich und will ich noch eine Weile beibehalten.

Ein Picknick würde meine Familie in den allermeisten Fällen einem sechsgängigen Gourmetmenü vorziehen. Das Einfache im Schlaraffenland unter freiem Himmel. Essen in der liegenden Position. Immer dann, wenn einem etwas gluschtet. Wenig bewegen, einfach nur sein. Ja, so stelle ich mir zumindest das Schlaraffenland vor.

An den entspannten und zufriedenen Gesichtsausdruck meines Vaters denke ich beim Picknicken und hoffe, dass auch meine Kinder sich später an genau diesen Gesichtsausdruck von mir auf dieser Decke inmitten von Brösmeli und Leckeren denken. Ja, das wünsche ich mir.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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