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Wenn das Kind zum Umweltsünder wird

Mein Kind ist eine CO2-Schleuder. Sorry, Erde.

Ist mein Kind eine CO2-Schleuder?

(Bild: zvg)

Unser Elternblogger meinte, bewusst und einigermassen umweltfreundlich zu leben. Aber jetzt ist er Vater und damit tut er der Erde nichts Gutes, denn der Verzicht auf Kinder wäre die effektivste Massnahme für den Klimaschutz, so eine aktuelle Studie. Wie und warum er sich rauszureden versucht.

Vegan, keine Flüge, kein Auto – ein Kind macht alles zunichte und verursacht 58,6 Tonnen CO2 im Jahr. Umweltschutz ist so eine Sache und mit unserem Lebensstandard schlecht zu vereinbaren. Immerhin, bei der Ernährung, so glaube ich, bin ich gut dabei. Aber bereits fliegen tu ich knapp jährlich. Ein Auto leih ich mir dann und wann. Was Verpackungen anbelangt, da bin ich wirklich schlecht.

Aber he, darauf kommt es überhaupt nicht mehr an: Ich habe ein Kind, und das ist das Schlimmste, was man Mutter Erde antun kann. Sollte ich auf ein Zweites verzichten, dann bin ich fein raus – so eine im Juli 2017 veröffentlichte Studie im Fachblatt «Environmental Research Letters». Diese zeigt auf, welche Massnahmen am effektivsten wären, um den Klimawandel zu stoppen. Neben pflanzlicher Ernährung, dem Verzicht auf Flugreisen und das Auto sei der Verzicht auf ein (weiteres) Kind am wirkungsvollsten (der Verzicht auf ein Kind spare knapp 60 Tonnen CO2 ein, bei jenem auf einen Retourflug von Zürich nach Lanzarote ist es nur gut eine Tonne). Hoppla. Mein kleiner Stinker als Klimasünder. Nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern ganz allgemein und ziemlich drastisch.

Ein Kind zur Befriedigung von purem Egoismus?

Der Kleine dient also, wie es ein Mercedes täte (oder Ferien in den Tropen oder ein saftiges Steak oder eine Rahmglace), der Befriedigung meiner egoistischen, rücksichtslosen (Schein-)Bedürfnisse, ist dabei aber schlecht für die Umwelt und damit auch für meine Mitmenschen.

Ein Kind als Quell des Bösen zu sehen, will so gar nicht in mein Verständnis des Menschseins passen.

Maël Stocker, Vater

Ohne Kind wäre ich zwar vielleicht weniger glücklich, unter dem Strich aber ein besserer Mensch. Das ist doch Blödsinn, oder? Ein Kind als Quell des Bösen zu sehen, will so gar nicht in mein Verständnis des Menschseins passen. Als Papa weiss ich zudem, wie Kinder das Erwachsenenleben leichter machen können (ok, auch schwerer, aber die Kinderliebe ist nun mal nicht beschreib-, sondern nur erlebbar).

Die Kinderlosigkeit als Freibrief gegen ein nachhaltiges Leben?

Es ist aber natürlich so: Wenn man die Umweltproblematik als menschengemacht versteht, ist es nur folgerichtig, dass es der Erde ohne Menschen bessergehen würde. Der konsequente Klimaschutz wäre die Ausrottung der Menschen: keine Kinder mehr produzieren.

Zudem hätten wir ein ganz anderes, soziales Nachhaltigkeitsproblem ohne Kinder.

Maël Stocker, Vater

Das hingegen ist die klassische Ausrede, um nicht andere Massnahmen zu ergreifen: Man verweist auf die Überbevölkerung. Natürlich ist diese ein Problem, aber bei einer Geburtenrate von 1.5 Geburten pro Frau in den Umweltsünder-Staaten nicht wirklich das vordergründige. Zudem hätten wir ein ganz anderes, soziales Nachhaltigkeitsproblem ohne Kinder, bereitet doch die demografische Entwicklung mit wenig Nachwuchs sowohl dem Arbeitsmarkt als auch der Vorsorge Probleme. Viel entscheidender für die Umwelt ist der Lebensstil. Hier kommt das Elternsein ins Spiel: Nicht nur, was wir unseren Kleinen hinterlassen, sondern auch, was wir ihnen an Handlungskompetzenz mitgeben, ist entscheidend für deren Zukunft. Betrachtet man die besagte Studie, ist die Liste, was das sein müsste, schnell gemacht (seltsamerweise in der Studie unerwähnt bleibt: die beheizte Wohnfläche zu verringern oder zu teilen):

  • pflanzliche, regionale Ernährung
  • Ferien in der Region (kein Flugzeug)
  • Fahrrad und Zug statt Auto

Reflektieren, Vorbild sein, die Erde weitergeben

Also lande ich wieder bei mir: Vorbild sein. Denn das scheint mir weitaus sinnvoller, als der Überbevölkerung die Schuld zu geben und sich damit einen Freibrief für alles Mögliche auszustellen. Konsequent sein wäre hervorragend, den Kleinen die Optionen aufzuzeigen und das eigene Handeln begründen zu können aber schon mal ein Anfang. Mittelfristig geben wir Eltern das Zepter an die kleinen Racker weiter und diese müssen die von uns beackerte Erde übernehmen: Wäre doch schön, sie wüssten von Anfang an, was dieser dabei am wenigsten schadet.

Anpacken statt Ausreden

Hier eine unvollständige Liste, was das für unseren Alltag bedeuten könnte:

Habe ich Wesentliches vergessen? Um Tipps und Hinweise in den Kommentaren bin ich dankbar.

 


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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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