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Krank sein am Geburtstag des eigenen Kindes

«Mama, hast du jetzt Löcher im Mund?»

Wohl doch ein Tag wie jeder andere. (Bild: Ketut Subiyanto/Pexels)

Diese Woche musste ich meine Weisheitszähne entfernen lassen, da sich einer entzündet hatte. Dummerweise war dieser Termin wenige Tage vor dem Geburtstag meines Sohnes, sodass ich an seinem Geburtstag nicht mit auf den Ausflug konnte.

Montagmorgen, 8.45 Uhr. Ich sitze zitternd auf dem Zahnarztstuhl. Montagmorgen, 9.10 Uhr. Ich stehe bereits wieder draussen mit einer tauben Gesichtshälfte und einer Tüte voll Schmerzmedikamenten. Zuhause angekommen begrüsst mich meine Tochter mit «Mama! Papa hat uns alles erzählt wegen der Zähne, aber hast du jetzt Löcher im Mund?» Ich stellte mir vor, dass sie sich wohl grosse schwarze Löcher in meinem Mund ausmalte. Leider konnte ich ihr die Löcher nicht zeigen, da ich meinen Mund nicht weit genug öffnen konnte. Mir wurde empfohlen, die Medikamente gegen die Schmerzen bereits zu nehmen bevor die ganze Wirkung der Betäubung nachlässt und ich tat, wie mir geheissen.

Ich hatte alles organisiert für die ersten zwei Tage

Da mein Mann später arbeiten gehen musste, kam meine Mutter, um mich zu unterstützen. Das war eine enorme Erleichterung. Die meiste Zeit lag ich berauscht von meinem Medikamenten-Cocktail im Bett und sah mir zur Ablenkung eine Serie an. Am ersten Tag fand ich das noch amüsant, wann hat man als Mutter zweier kleiner Kinder und einem Hund schon mal Zeit für einen Serienmarathon?

Am zweiten Tag gingen die Kids in die Kita und ich konnte mich weiter ausruhen. Doch ich wurde rastlos, die Serie langweilte mich bereits. So lange im Bett liegen und nichts tun war mir zu ungewohnt, doch ich war auch unglaublich erschöpft von den starken Medikamenten. Meine Wange schwoll zu einer monströsen Hamsterbacke an. «Mama, du siehst aus, als hättest du Essen im Mund vergessen runterzuschlucken.»

Der Geburtstag meines Sohnes

Am dritten Tag war der Geburtstag meines Sohnes. Wir hatten bereits im Voraus einen Ausflug ins Verkehrshaus mit dem Gotti geplant und ich freute mich sehr. Doch leider musste ich mich auch am dritten Tag noch von Smoothies ernähren und war platt. So kam es, dass ich meine Familie nicht auf den Ausflug begleiten konnte. Für meinen Sohn war das keine grosse Sache, aber für mich schon. Ich fühlte mich wie eine schlechte Mutter und lag zuhause voller Schuldgefühle im Bett.

Ein Tag wie jeder andere

Die Erkenntnis kam mir irgendwann, nachdem ich mich ein paar Stunden abwechslungsweise selbst verurteilt und bemitleidet hatte: Es ist ein Tag wie jeder andere. Ich habe jeden Tag Zeit, den Geburtstag meines Sohnes nachzufeiern. Ausflüge machen wir sowieso oft. Als sie am Abend nach Hause kamen, umarmte ich sie lange. Ich brachte sie ins Bett und hörte ihnen über eine Stunde zu, wie sie mir von ihrem Tag erzählten.

Das heilte mein Mama-Herz, ich brauche nicht jedes Abenteuer mit ihnen zu erleben. Sie werden älter und gehen in die Welt hinaus, dies geschieht ohnehin. Aber ich darf ihr Hafen sein, in den sie immer zurückkommen können, um mir von ihren Erlebnissen zu berichten. Manchmal braucht es wohl sehr starke Zahnschmerzen, die einen aus dem Alltag reissen, um sich daran zu erinnern, dass für die Kinder jeder alltägliche Tag ein besonderer sein kann.  

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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