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Warum Weihnachtsmagie so wichtig ist

«Mama, gibt es den Wichtel wirklich?»

Wie lange soll man dem Kind den Weihnachtszauber lassen? (Bild: Symbolbild: pixabay)

Alljährlich zu Beginn des Advents zieht bei uns der kleine Wichtel Amadé ein. Wie durch Zauberei erscheint seine Wichteltüre im Kochbuchregal in der Küche. Mittlerweile ist aus dem einen Wichtel sogar eine kleine Wichtelfamilie geworden. Auch seine Frau Noëlle und das Wichtelkind Amos sind indessen Teil des Zaubers.

Schon seit Anfang November sind meine Kinder gespannt auf die Ankunft der geliebten magischen Familie. Eines meiner Kinder, mittlerweile siebenjährig, hat mich aber kürzlich gefragt: «Mamaaaa, gibt es den Wichtel wirklich? Weil der Pablo sagt, dass es keine Wichtel gibt.»

Selbstredend ist die Wichtelfrage auch auf alle andern magischen Figuren des Advents – wie etwa das Christkind oder den Samichlaus – übertragbar und so wird diese Frage entsprechend in vielen Familien alternierend gestellt und vielleicht diskutiert.

Denn so einfach ist die Antwort nicht. Das hier ist bloss ein Versuch.

Wichtel und andere magische Figuren sind Teil der Kindheit

Magische Figuren gehören zu einer glücklichen Kindheit dazu. Wächst ein Kind ganz ohne diesen Zauber auf, erdichtet es sich diesen selbst – plötzlich hat es eine Fantasiefreundin oder ein imaginäres Haustier. Wir können also davon ausgehen, dass junge Menschen etwas Kindheitsmagie brauchen, dass sie daran glauben wollen.

Ausserdem kenne ich persönlich nur eine einzige Person, die sagt, sie sei richtiggehend enttäuscht gewesen, als sie erfahren habe, dass alles «eine Lüge» war. Sie fühlte sich sogar richtig belogen. Tatsächlich gehe ich aber davon aus, dass es sich normalerweise anders verhält.

Meist gibt es ja auch nicht den Tag X, an dem das Kind herausfindet, dass die magische Adventsfigur in ihrer konkreten Gestalt nicht existiert. Vielmehr ist es ein Prozess, der mit einer leisen Ahnung beginnt. Diese wird wahrscheinlich nochmals von einer stillen Hoffnung bedeckt. Dann kommt sie wieder, die Ahnung … Das Kind führt Gespräche mit anderen Kindern, versteht immer mehr Zusammenhänge, erlebt irritierende Augenblicke und beginnt letztlich ernsthaft zu zweifeln. («Hee, Moment! Genau dieses Geschenkpapier hat Mama auch im Schrank!»)

Glauben lassen oder die Wahrheit erzählen?

Die Wahrheit kommt also peu à peu ans Licht. Und die Magie hört vielleicht da auf, wo die Vernunft beginnt.

Oft geht es ja dann sogar noch weiter. Denn gerade weil es so wunderschön magisch ist, wollen die Kinder das alles doch gern glauben und selbst wenn sie längst wissen, wie es sich an Weihnachten tatsächlich verhält, lassen sie uns Erwachsene vielleicht noch ein Weilchen in dem Glauben, dass sie unser Brimborium zur Weihnachtszeit für wahr halten. Und damit geben uns die Kinder etwas Weihnachtsmagie zurück. Und sind wir ehrlich – davon können wir alle ein kleines bisschen brauchen.

Für mich ist das Ganze also keine Lüge im klassischen Sinne. Vielmehr ein Geschenk. Wir bringen unseren Kindern auf diese Weise bei, an etwas zu glauben, was sie nicht sehen oder anfassen können. Das ist eine wichtige Lektion. Und in meinen Augen wäre es sogar gewaltsam, den Kindern ihre eigene Zauberwelt zu zerstören, nur weil wir ihnen unbedingt «die Wahrheit» erzählen wollen.

Und was ist nun die Antwort fürs zweifelnde Kind?

Dem zweifelnden Kind habe ich folgende Frage gestellt:

«Willst du denn weiterhin an die Magie glauben?» Es sagte ja. Und fragte mich ganz direkt, ob ich der Wichtel sei.

«Nein, mein Kind, ich bin doch nicht der Wichtel. Ich bin deine Mama. Und als deine Mama möchte ich dich viele Dinge fürs Leben lehren. Eines davon ist der Glaube an die Magie. Diesen brauchen wir auch noch, wenn wir gross sind.»

«Als Erwachsene nennen wir es bloss nicht mehr Magie. Wir haben dafür viele andere Wörter. Beispielsweise Selbstvertrauen oder Glück, das Gute im Menschen, Talente oder gar Liebe. All diese Dinge kannst du nicht sehen, nicht mit deinen Händen berühren. Trotzdem ist es von Vorteil, wenn du daran glaubst.»

«Und um dir den Glauben an die Dinge zu schenken, die du mit deinen Augen nicht sehen kannst, helfe ich dem Wichtel ein bisschen.»

Wir haben ein schönes Gespräch darüber geführt, wie wunderbar es ist, auch als grosses Kind, das schon so viel weiss, einen Funken Magie im Herzen zu behalten.

«Und ja, wenn du willst, bleibt der Funke ein Leben lang. Es ist deine Entscheidung.»

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Christine Rüttimann
    Christine Rüttimann, 12.12.2021, 17:39 Uhr

    Wow, einfach so schön geschrieben. Ich liebe deine Texte.

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