Körperliche Nähe kann auch einer Mutter zu viel werden

Manchmal möchte man einfach alleine sein, manchmal möchte man unendlich lange kuscheln und manchmal ist das Bedürfnis des Gegenübers genau das Gegenteil des eigenen. Als Mutter ist es da gar nicht einfach, den Bedürfnissen des Kindes und den eigenen gerecht zu werden, findet Elternbloggerin Samira.

Autorin

Samira Schuler

Mein Kind, dass ich 9 Monate in mir getragen habe, in das ich mich immer wieder neu verliebe, kann mich auch an meine Grenzen bringen. Mein Kind klebt an mir und weder verstehe ich, warum noch kann es seine eigenen Bedürfnisse in Worte fassen. Als Mama ist es meine Aufgabe, zu geben, was mein Kind gerade braucht, zu versuchen, seine Bedürfnisse zu verstehen und darauf einzugehen.

Doch wo bleibe ich? Muss ich einfach alles hinnehmen? Und was ist mit meinem Partner? Er möchte doch auch mein Partner sein und nicht nur der Vater unseres Kindes. Wie also mache ich es allen recht, ohne mich dabei zu vergessen?

Was mein Kind braucht

Mein Kind braucht viel Nähe und Aufmerksamkeit, gefühlt rund um die Uhr. Das Bedürfnis ist verständlich, denn gerade in den frühen Jahren, in denen sie noch so klein sind, sind sie hilflos und völlig auf uns Eltern angewiesen. Es kann wunderschön sein, wenn das Kind nur dich will und braucht. Du bist der sichere Hafen, den es im aufregenden Alltag braucht.

Und dann gibt es Momente oder gar Tage, an denen sie dich überhaupt nicht brauchen. Du möchtest mit deinem Kind kuscheln, aber die Zeit hat es gerade nicht. Du möchtest einen Ausflug machen und dein Kind vergisst komplett, dass du auch dabei bist, möchte nicht Händchen halten und entdeckt die Welt auf eigene Faust.

Was mein Partner braucht

Auch in der Partnerschaft hat sich durch die Geburt einiges verändert. Die Zeit, als wir nur zu zweit waren, ist vorbei. Nein, wir können nicht einfach spontan in den Tag leben wie früher, da ist noch ein kleiner Mensch, der uns braucht. Ich vermisse die Tage, an denen ich und mein Partner einfach nur im Bett verbracht haben. Manchmal fehlen genau diese Vertrautheit und Nähe. Er möchte gern kuscheln, aber genau jetzt kann ich nicht. Egal, ob ich einfach nur ausgelaugt bin oder das Kind schon wieder ruft. Ob ich gerade die fünf Minuten in Ruhe für mich geniessen möchte oder ob da noch eine Tonne Arbeit zu erledigen ist.

Müssen wir uns die Nähe zueinander verdienen? Hat sich unser Kind zwischen uns gedrängt? Können wir noch Partner und Liebhaber sein? Oder sind wir jetzt einfach Mama und Papa?

Was ich als Mama brauche

Darf ich bitte mal allein auf Toilette? Das Bett ist riesig, aber trotzdem kann ich mich kaum bewegen, denn das Kind kuschelt sich von der einen Seite und der Partner von der anderen Seite an mich. Und obendrauf liegt die Katze. So viel Nähe ist zu viel.

Aber trotzdem gibt es die Momente im Alltag, da möchte ich einfach in den Arm genommen werden. Ich möchte ganz nah bei meinen geliebten Menschen sein, mich geborgen und zu Hause fühlen. Solche Momente kann ich total geniessen, zum Beispiel, wenn wir morgens im Bett liegen und einfach niemand aufstehen muss. Es ist das schönste Gefühl, wenn dein Kind zu dir kommt, einfach, um dich zu umarmen. Oder wenn der Partner nach einem anstrengenden Tag nach Hause kommt und dir als Erstes eine Umarmung und einen Kuss gibt.

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Angebote in Anspruch nehmen

Jeder hat ganz eigene Bedürfnisse. Niemand fragt, ob du gerade eine Umarmung brauchst oder ob du gern dein Kind für einen Tag abgeben möchtest.

Es liegt an dir, zu fragen. Trau dich. Denn Nähe können dir nicht nur dein Kind und Partner geben. Auch gute Freunde oder deine Eltern können dich in den Arm nehmen und das tut unglaublich gut.

Es ist absolut in Ordnung, zu sagen: «Ich brauche Zeit für mich allein.» Es gibt immer jemanden, dem du dein Kind anvertrauen kannst, auch nur für ein paar Stunden. So viele Menschen haben mir während der Schwangerschaft angeboten, dann mal aufs Kind aufzupassen. Das sollte man unbedingt in Anspruch nehmen. Auch für das Kind ist es eine Bereicherung, einige Zeit ohne seine Mutter zu verbringen. Es bekommt andere Inputs und lernt, dass du immer wieder zurückkommst. Es lernt zu vertrauen.

Wie die Kleinen unser Verhalten kopieren

In einer Beziehung ist Kommunikation das A und O. Auch hier ist es völlig in Ordnung, wenn man gerade nicht auf das Bedürfnis des anderen eingehen kann. Dies sollte aber thematisiert werden. Weshalb geht dies gerade nicht? Du wirst erstaunt sein, wie gut kleine Kinder schon verstehen können. Genauso dein Partner.  Es ist immer einfacher mit einer Situation umzugehen, wenn man weiss, worum es geht.

Zu akzeptieren, wie die Dinge sind, ist schwierig, aber extrem wichtig. Du kannst nicht erwarten, ernst genommen zu werden, wenn du das Gegenüber nicht ernst nimmst.

Du lebst vor, wie du mit einer Situation umgehst. Bringst du Verständnis mit und gehst ohne Druck oder Zwang damit um, wird dein Kind dir genau das gleiche entgegenbringen können. Wir vergessen oft, dass wir im Verhalten von den Kleinen komplett kopiert werden. Werde ich ungeduldig und laut, weil mein Kind nicht auf meine Wünsche eingeht, wird es sich genauso verhalten, wenn ich nicht auf seine Wünsche eingehen kann.

Vertrauen ist ein Grundstein, den wir alle brauchen. Im Alltag, bei der Arbeit oder eben in der Beziehung. Wir vertrauen uns und wissen, wir werden ernst genommen und bekommen früher oder später, was wir brauchen. Unser Kind vertraut uns. Es weiss, dass wir da sind und es behüten. Aber auch, dass es Freiheiten hat und einfordern kann, was es braucht. So können wir respektvoll miteinander umgehen, ohne zu verletzen oder das Gefühl zu haben unterzugehen, nicht ernst genommen zu werden.