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Hektik und Weihnachten als ungleiches Paar

Hygge gefälligst auch in der Schweiz

Versuchs mal mit Gemütlichkeit ... (Bild: zvg)

Der Weihnachtsrummel ist die Zeit der Apéros, der Festessen und des Geschenke Besorgens. Während es sich die Dänen mit dem «Hygge» gemütlich machen, dominiert hierzulande der Stress. Unsere Elternbloggerin fordert daher: Sei.mal.faul! gehört ins Gesetzesbuch verankert und ärztlich verschrieben.

Da ist sie wieder, die Zeit des Räbeliechtlischnitzens – Samichlausauszug, Musikschulkonzert, Adventsfenster, Grittibänz und Guetzli backen, Geschenke suchen, Krippenspiel und vor allem einen «Cheib voll zu tun». Doch eigentlich sehnen wir uns nach Ruhe.

Wenn die Vorweihnachtszeit Höchstleistungen hervorbringt

Seien wir ehrlich. Diese Adventszeit ist ein einziger Stress. Die Termine häufen sich. Man sagt, man tue dies den Kindern zuliebe. Aber können die das überhaupt noch geniessen? Denn eigentlich sehnen wir uns mit den immer früher dunkler werdenden Abenden, der Kälte, vor allem danach, drinnen zu sein und es uns dort möglichst gemütlich zu machen.

Machen wirs doch gescheiter wie die Dänen. «Hygge» bedeutet Geborgenheit, Heimeligkeit, Lebenszufriedenheit und sich Zeit zu nehmen. Klingt toll, oder? Ich wünsche mir für mich und meine Familie ein klein wenig mehr Hygge statt Gjufel.

Sind wir mehrere Tage unterwegs, wünschen sich unsere Kinder nur eins. Zeit zum Spielen und zwar zu Hause. Pyjamatag, gepflegtes Rumhängen, die Briobahn wieder mal quer durch die ganze Wohnung bauen, Hörspielen lauschen, runterfahren, aushalten, zulassen, anstatt dass wir uns auf etwas fokussieren, erlauben wir uns, die Gedanken wandern zu lassen, der Phantasie freien Lauf zu lassen.

Der Schlendrian als gesetzlich verankertes Grundrecht

Einfach mal faul und gütig mit sich selbst sein, kuscheln statt stressen. Oder wie es Pippi Langstrumpf sagt: Und dann braucht man auch noch Zeit, einfach dazusitzen und vor sich hin zu schauen. Jeder hat ein Recht auf Faulenzerzeit. Und da ist es mir völlig egal, wie man das nennt.

Ob man das «hygge» oder «plegere» oder «faulenzen» nennt. Es müsste so eingeführt werden, im Gesetzesbuch verankert und ärztlich verschrieben: Sei.mal.faul!

Kinder haben dieses hippe Hygge eigentlich erfunden ...

Ja, manchmal ist es einfacher, ständig unterwegs zu sein. Statt Langeweile auszuhalten. Es ist einfacher Ja zu sagen, statt einen Event zu verpassen. Dabei haben unsere Kinder die Gemütlichkeit gewissermassen erfunden. Nicht nur im Norden, auch hier – und wie.

Wenn es still ist, passiert am meisten. Dann nämlich, wenn nichts vorgegeben ist, kann Grosses entstehen. So zum Beispiel wird in sorgfältiger Schneide- und Klebearbeit ein ganzes Dorf aus Karton aufgebaut, morgen wird daraus eine Tierauffangstation. Wer hat nicht schon mal eine grosse Kartonkiste zur ersten eigenen Immobilie ernannt. Schöner kann ein Haus kaum sein.

Auch bauen die Fröleins mit sämtlichen Stühlen und Tüchern eine Hütte. Alle Teppiche, Wolldecken und Kissen finden darin Platz. Taschenlampen, Bilderbücher, Kassettenrekorder (yep, das gibt es tatsächlich noch bei uns, und ja, wir sind die mit dem Bildröhren-TV im Schrank) und jede Menge Proviant wird in die Hütte geschleppt. Wer weiss, wie viele Winter man darin bleiben wird.

Wenn dann das Zobig in Form von Grittibänz und warmem Holundersirup vom Grossmami in die Hütte gebracht wird, dann könnte es hyggeliger kaum sein.

Spiele teilen statt kaufen

Brauchen wir trotzdem einen Input von aussen. So gehen wir regelmässig in die Ludothek im Dorf. Die Kinder schleppen was nach Hause, was die Eltern nicht kaufen würden, und spielen mit grosser Begeisterung damit. Nach einem Monat liegts in der Ecke, die Batterien sind alle und wir können es zurückbringen und wieder das Lotti-Karotti-Spiel nach Hause nehmen. Ja, meinetwegen auch zum dritten Mal.

Hygge verspricht das grosse Glück in den kleinen Dingen. Durch den Wald streunen ohne ein konkretes Ziel, das mögen wir sehr. Kann man genug Tannenzapfen, Äste und weltschönste Steine haben? Wir finden nicht.

Hygge auch für Mama
Manchmal ist alles zu viel
Zu viel Aufregung
Zu viel Druck
Zu viel Programm
Zu laut
Zu viel Reinreden von allen Seiten

Ja, nicht nur für die Kinder. Sondern auch für mich als Mutter. Alles in mir schreit nach Ruhe und einem Moment Zeit für mich. Doch Dänemark ist so weit weg und eine Reise grad so gar nicht in Sicht. Dieses Hygge sollte doch auch bei uns zu Hause möglich sein.

Wer sich entspannt, verpasst nicht zwingend viel

Eine Badewanne mit Kerzenschein, der Bademantel über der Heizung aufgewärmt, Lieblingsmusik, eine Bodylotion, die nach der weiten Welt duftet, und ein gutes Buch mit einer Tasse Tee, Wolldecke, Kissen und Zeit. Wärmende Gewürze im Essen.

Vielleicht sogar ein Chemineefeuer. Mehr braucht es für mich nicht. Und währenddessen geht die Welt da draussen nicht unter. So viel sei gewiss. Es entsteht höchstens eine neue Hütte inmitten des Wohnzimmers.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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