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Kontakte bringen mehr Freude als materieller Luxus

Freundinnen – die etwas andere Altersvorsorge

Zweisamkeit statt Einsamkeit. (Bild: PIxabay)

Kinder bringen neuen Wind ins Leben. Dabei können die Beziehungen der Mütter zu den eigenen Kolleginnen schon mal zu kurz kommen oder sie werden überdacht. Was Freundinnen bedeuten – ob mit oder ohne Nachwuchs – darüber schreibt unsere Elternbloggerin Sabrina Forrer.

Kürzlich durchwehte ein unheilvoller Wind mein soziales Netz. Eine Freundin hatte schweren Liebeskummer. Eine weitere war übelst krank. Die dritte litt unter einer akuten «quarter-life-crisis». Eine andere stand vor einer echt kniffligen Entscheidung. Und die kinderreichste von allen musste gar infolge eines Unfalls mehrere Tage in der Horizontalen verweilen.

Wenn Freundinnen einen brauchen

Ich trat also neben meinem Job als Mutter und Lehrerin eine ziemlich hochprozentige Stelle im Krisenmanagement an. So kochte ich Hühnersuppe, übernahm Fahrdienste für Ärztinnenbesuche, stellte Baumdiagramme für mögliche Zukunftsszenarien her, reiste ins Jammertal, süsste Tee mit Honig, erledigte Einkäufe, fabrizierte Nutz-Wert-Analysen und schrieb «Es-wird-bestimmt-alles-wieder-gut-und-vielleicht-sogar-noch-viel-besser-als-jemals-zuvor-Kärtchen».

Mein Freund kommentierte meine Bemühungen eines Abends mit: «Du bist echt eine gute Freundin.» Dieser Satz brachte mich ins Sinnieren. Für mich standen meine Freundinnen schon immer ganz weit oben.

Ich unterscheide gefühlt nicht einmal zwischen Familie und Freunden. Schwestern und Freundinnen – für mich schier Synonyme. Aber nun hat sich meine Situation in den letzten Jahren sehr verändert. Ich habe mittlerweile drei Kinder.

Kinder und Freundinnen ergänzen sich

Während des Grübelns fragte ich mich, ob es für eine Mutter vielleicht ungewöhnlich ist, wenn ihre Freundinnen so hohe Priorität geniessen. Sollte ich den Fokus lieber viel mehr auf meine Familie legen?

Oder sind Freundinnen früher oder später vielleicht sogar wichtiger als die Familie? Dann nämlich, wenn die Kinder durch die Welt reisen, studieren, ihr eigenes Ding machen?

Ich meine, wir haben drei Kinder. Das ist kein Pappenstiel. Ich verbringe meinen Alltag echt ziemlich oft im Octopusspagat. Wir haben einen pubertierenden Jungen, der sich gerade in der Transformation von «jöö» zu «öh!» befindet. Und uns mindestens einmal täglich eine Kreation seiner jugendlichen Bredouille kredenzt.

Die Teenagerattitude, mit der er durch den Tag geht, ist wirklich anstrengend. All jene von euch, die auch so ein juveniles Exemplar zu Hause haben, wissen, wovon ich spreche. Und ihr Kleinkindeltern da draussen: Schnallt euch schon mal an. Es könnte holprig werden.

Aber damit nicht genug: Zu meiner Zwergenschar gehören noch zwei kleine Mädchen, die sehr oft sehr viele ungestillte Bedürfnisse haben. Dies fängt bereits in aller Herrgottsfrühe am Morgentisch an: Der Pancake ist zu klein oder das Topping weist zu wenig Ahornsirup auf. Das Müesli hat «Bonanen» drin?! Geschrei zum Himmel! Viel Tohuwabohu und ein bisschen Glitzer.

Kleinkindallüren sind zwar bloss die lauwarme Vorspeise dessen, was in den Jugendjahren geschieht. Trotzdem sind sie natürlich anstrengend. Alle, die ein Kleinkind daheim haben, wissen, wovon ich spreche. Und ihr Babyeltern da draussen: Ihr wisst schon. Anschnallen.

Freundinnen pflegen ergibt die besten Zinsen

Der Kindsvater steigt derweil das imaginäre Job-Leiterli hoch, um an den imaginären Honigtopf ranzukommen. Ausserdem ist er zwar mein Freund, aber er ist eben nicht mein Ehemann. Sprich: Für den Fall, wir würden uns einmal trennen, ist seine Altersvorsorge gut bemittelt, während es bei meiner Pensionskasse um einiges magerer ausschaut.

Wir tätigen zwar privat Zusatz-Zahlungen und bauen auch für mich eine dritte Säule auf. Aber für einen feudalen Lebensabend würde das alleine vermutlich nicht ausreichen. Frauen haben im Alter einfach immer noch ein erhöhtes Armutsrisiko.

Viel wichtiger als eine finanzkräftige Lebensneige ist für mich jedoch ein gutes, verlässliches Netz aus Freundinnen.

Eine meiner liebsten Freundinnen ist gut 20 Jahre älter als ich. Sie pflegt jeweils zu sagen, ich sei ein Teil ihrer Altersvorsorge. Schliesslich komme eine Zeit, da sei sie im Alter von 85 Jahren vielleicht nicht mehr so rüstig. In weiser Voraussicht auf das, was kommen mag, hat sie sich vor gut zehn Jahren mich quasi angelacht. Allemal bloss ein Jux natürlich – aber ein Fünkchen Wahres hat es eben doch.

Denn während ihre Jungmannschaft über die Weltmeere segelt und mit «leben üben» beschäftigt ist, während sie an Projekten in Singapur arbeitet, nach Amerika heiratet oder ein Auslandsemester in Budapest absolviert, sind ihre Freundinnen da.

Verbringen kochend und Wein trinkend mit ihr schöne Abende, begleiten sie auf Spaziergängen, kaufen für sie ein, helfen bei Bedarf. Sind auch bei einer allfälligen «three-quarter-life-crisis» zur Stelle, besuchen gemeinsam die Senioren-Uni oder das Theater und treffen uns bei Lesungen.

Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr weiss ich: Freundinnen sind gewiss die allerfeinste Altersvorsorge. Die Investition in diese Beziehungen lohnt sich zweifellos.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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