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In fremde Kindererziehung einmischen

Fremd-Erzieher, ihr nervt – auch wenn ihr manchmal recht habt

Kinder beim Spielplatz unterhalb des Richard-Wagner-Museums

(Bild: Sabine Simmen)

Personen, die sich in fremde Angelegenheiten einmischen, gibt es womöglich überall. So auch unter Eltern. Dort mischt man sich zum Entrüsten unserer Bloggerin in die fremde Kindererziehung ein.

Neulich erlebte ich auf dem wunderschönen Spielplatz unterhalb des Richard-Wagner-Museums knappe 15 Minuten voller Glück und Wohlbefinden. Es war herrlich: Die Sonne wärmte unsere Körper, vom Vierwaldstättersee her kam ein laues Lüftchen und der Himmel zeigte sich von seiner allerblausten Seite. Meine Schwägerin Carmen und ich genossen in Ruhe lauwarme Wasser aus einer Star-Wars- bzw. Angry-Birds-Plastikflasche und teilten uns einige übrig gebliebene Apfelstücke.

Ja, ich weiss, das hört sich jetzt nicht so enorm toll an, aber Carmen und ich taten das in herrlicher Ruhe. Und das gibt es bei uns nicht oft, denn zusammen haben wir fünf Söhne zwischen 20 Monaten und bald 6 Jahren. Und diese Energiebündel waren alle beschäftigt. Sie schaufelten nämlich gerade im Akkord den Sand aus dem Sandbereich in den See.

Ja, auch das weiss ich: Das ist sicher keine tolle, geschweige denn sinnvolle Aktivität.

Und ja, ich weiss zum Dritten: Carmen oder ich hätten einschreiten müssen. Wir hätten dem Treiben freundlich, aber bestimmt, vielleicht sogar mit in die Hüften gestemmten Händen, ein Ende setzen sollen. Taten wir aber nicht. Denn wie gesagt: Wir hatten gerade herrliche Ruhe!

«Fremd-Erzieherinnen sind immer und überall.»

… und plötzlich stand sie vor uns – die Fremd-Erzieherin mit der Belehrungskeule

Carmen erzählte mir gerade vom neuen Job ihres Mannes im nahen Ausland (Sursee), als sich eine zirka 50-jährige Frau vom Rütli-Steg her unseren schaufelnden Jungs näherte. Dort angekommen, stemmte sie die Hände in die Hüften und übernahm unsere voll verpasste Erzieherrolle. Weniger freundlich, dafür umso bestimmter wies sie unsere Brut zurecht.

In ihrer flammenden Rede ging es um logische Folgerungen und globale Zusammenhänge. Darum, dass sie nicht die Einzigen auf dem Spielplatz seien. Dass vielleicht morgen andere Kinder hierher kämen und auch noch Sand möchten. Und dass es dem Vierwaldstättersee sicher nicht guttue, wenn da plötzlich so viel Sand drin sei.

Als Madame ausser Hörweite war, nervten wir uns über die Fremd-Erzieherin. Solche gibt es doch immer und überall! Kaum machen (notabene!) fremde Kids etwas falsch, zu laut oder gar nicht, erheben sie sich aus ihren Ecken und schwingen die Belehrungskeule. Als könnten wir Eltern das selbst nicht schon gut genug.

«Die Kinder von heute hätten schliesslich schon genügend Einschränkungen zu erdulden.»

Ab jetzt wird nicht mehr gekuscht!

Nachher war ich richtig in Rage. Ich nahm mir vor: Wenn ich nächstes Mal wieder auf so eine Fremd-Erzieherin treffe, dann werde ich nicht mehr kuschen! Vor die Dame vom Spielplatz hätte ich mich mit in die Hüften gestemmten Händen hinstellen sollen. Ich hätte sie mittelmässig freundlich, aber bestimmt sehr bestimmt darauf aufmerksam machen sollen, dass ich das mit der Erziehung schon selber schaffe.

Dass es noch genügend Sand für die Kinder von morgen auf dem Spielplatz habe. Und auch noch für die von übermorgen und überüberübermorgen. Und dass der Vierwaldstättersee ganz sicher gross und trüb genug sei, um noch ein paar Schaufeln Sand zu schlucken.

Und sowieso: Die Kinder von heute hätten schliesslich schon genügend Einschränkungen zu erdulden. Und wenn unsere Jungs jetzt schaufeln möchten, dann sollen sie schaufeln. Punkt.

Und wenn die Dame dann kleinlaut davongeschlichen wäre, dann hätte ich mich vor meinen Kindern aufgebaut, die Hände in den Hüften gestemmt und freundlich, aber sehr bestimmt gesagt: «So, jetzt aber fertig mit Sand ins Wasser schaufeln! Morgen wollen hier schliesslich noch andere Kinder sändele. Und dem See tut der viele Sand sicher auch nicht gut!»

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Andrea Mordasini
    Andrea Mordasini, 11.07.2017, 18:14 Uhr

    Auch wenn es hin und wieder Wunder wirkt, wenn die Kinder von anderen Menschen als uns Eltern ermahnt werden, so mag ich es nicht besonders, wenn andere sich in meiner Anwesenheit in die Erziehung meiner Kinder einmischen und diese einfach so zurechtweisen, ohne überhaupt die Hintergründe richtig zu kennen. Denn nicht immer ist eine Situation so wie sie auf den ersten Blick scheinen mag. Zudem erziehe ich in erster Linie meine Kinder – und dies, denke ich, nicht einmal so übel ;). Am meisten ärgere ich mich über die besserwisserischen, lehrmeisterlichen, rechthaberischen und belehrenden Vorwürfe, Kritiken, Anfeindungen, Anschuldigungen, Vorurteile, Verurteilungen und ach so lieb und nett gemeintem „Ratschlägen“ von Kinderlosen, die von Kinder kriegen und erziehen keine Ahnung haben und trotzdem meinen, alles besser zu wissen und zu können. Mühsam sind auch Eltern von Natur und Charakter her ruhiger, stiller, braver, pflegeleichter und angepasster Kinder, die glauben, die Weisheit mit dem Löffel „gefressen“ zu haben und dass vernünftige Kinder das Ergebnis guter, richtiger Erziehung und wilde, laute Kinder das Resultat schlechter, mangelhafter Erziehung seien. Wenn meine Kinder etwas anstellen und ich es nicht sehe, dann finde ich es natürlich in Ordnung, wenn sie darauf hingewiesen werden. Es kommt dabei jedoch immer auf den Ton und die Art und Weise an. Anständig Nachfragen, sich interessieren, ja gerne, aber bitte ohne belehrenden Unterton. Sich gegenseitig austauschen, eigene Standpunkte und Erziehungsstrategien hinterfragen erachte ich jedoch für sehr sinnvoll. Streitende Kinder lasse ich, solange sie kräftemässig ebenbürtig sind, erst einmal gewähren. In der Regel schaffen sie es nämlich selber und alleine das Gezanke untereinander auszumachen. Nicht selten wird die Lage nur noch schlimmer, wenn Erwachsene sich dabei einmischen. Rechtzeitig einschreiten ist vor allem dann wichtig, richtig und nötig, wenn Gewalt im Spiel ist, Kinder von Eltern und/oder anderen erwachsenen Personen geschlagen, misshandelt und missbraucht werden. Da ist unverzüglich Zivilcourage gefragt und tatenlos weg- bzw. hinschauen völlig fehl am Platz und feige. Doch wenn es in solchen Momenten darauf ankommt, schweigen die sogenannten Besserwisser, Fremderzieher und Einmischer oftmals lieber statt tatkräftig einzugreifen und aktiv etwas gegen die Missstände zu unternehmen… .

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