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Rollenverständnis von Mann und Frau im Alltag

«Er macht das ja richtig gut mit dem Kind»

Einen Papitag einlegen und dafür «nur» 80 Prozent arbeiten – dies löst im Bekanntenkreis Reaktionen aus. (Bild: Symbolbild: pexels)

Der Mann arbeitet und die Frau steht am Herd. Das wollen wir doch nicht mehr, oder? Trotzdem drückt es bei Gesprächen häufig durch, dass es noch immer nicht selbstverständlich ist, dass eine gute Mutter auch berufstätig sein kann. Oder ein Mann seinen Job erledigt, auch wenn er einen Papitag hat.

Das mulmige Gefühl kommt manchmal schon bei den positiven Bemerkungen. Ob bei Verwandten, im Schwimmkurs oder bei Bekannten: «Er macht das ja richtig gut», hört meine Frau ab und zu. Mit «er» bin dann ich gemeint. Mit «das» der Umgang mit Emil (neun Monate).

Der Unterton der Aussage klingt jeweils ein bisschen überrascht, vielleicht auch verwundert. Warum? Weil ich ein Mann bin? Irgendwie scheint das Bild der klassischen Mann-Frau-Rollenverteilung noch nicht ganz überwunden.

Eine «nur» 80-Prozent-Stelle

Die meisten Menschen, mit denen ich rede, finden es durchaus interessant bis schön, dass ich «nur» 80 Prozent arbeite, einen Papitag mache und mit Emil ins Babyschwimmen gehe. Nebenbei mache ich noch «ein bisschen Haushalt». Klar. Davon wollen dann die wenigsten noch etwas wissen – obwohl ich gerne darüber reden würde.

Vielmehr interessiert es, ob und wie ich meinen Job mit diesem Pensum erledigen kann. Ich erläutere dann kurz: Es funktioniert! Manchmal besser, manchmal gibt es halt am Papitag ein oder zwei Calls, bei denen Emil dabei ist, auf dem Boden spielt oder im Ergobaby an meinem Bauch schläft. Wir wissen uns da schon zu helfen. Und eine lustige Geste und ein wenig Gebrabbel schadet in einer Sitzung auch selten jemandem ernsthaft.

Ein Kompliment täte immer gut

«Sie macht das richtig gut», höre ich hingegen eigentlich nie. Obwohl meine Frau «das» auf jeden Fall richtig gut macht. Es scheint, als wäre es selbstverständlich, dass sie mit Emil gut kann. Sie ist ja eine Frau und obendrein noch Kindergartenlehrerin.

Das nervt mich ehrlich gesagt ein wenig. Denn es birgt weder das Pädagogin-Sein noch das Frau-Sein von alleine die Kompetenzen in sich, die es braucht, um heute eine gute Mutter zu sein.

Diese Kompetenzen müssen genauso erlernt werden, wie das bei jeder anderen Tätigkeit der Fall ist. Andererseits finde ich, dürfte dieses Kompliment doch auch gemacht werden, wenn es aus der eigenen Perspektive «selbstverständlich» erscheint, dass sie das gut macht.

Ist eine 50-Prozent-Anstellung zu viel?

Noch schlimmer aber finde ich, dass bei ihr nie gefragt wird, ob sie ihren Job mit «nur» 50 Prozent gut erledigen kann. Die Frage ist wirklich immer andersrum. 50 Prozent seien wirklich viel und damit sei es doch wirklich schwierig, den Haushalt zu machen und gut zu Emil zu schauen: «Geht denn das noch alles?»

So kommt es vor, dass ich bei einer solchen Konversation vollkommen baff mithöre. Haushalt und Erziehung sind doch nicht einfach Mamas Aufgabe, denk ich mir. Ich bin im Fall auch noch da. Hallo! Und auch ich trage durchaus zur Erziehung, Betreuung und zum Haushalt bei.

Ebenso ist es für mich selbstverständlich, dass Kindergartenlehrerin eine herausfordernde Tätigkeit ist, die mit kleinerem Pensum nicht weniger anspruchsvoll wird. Sei es bei der Beziehungsarbeit mit den Kindern oder auch bei den Gesprächen mit den Eltern.

Fragen und Klischees verunsichern

Oft sind sich unsere Gesprächspartner nicht bewusst, was solche Konversationen auslösen können. Meiner Frau vermittelt es das Gefühl, dass andere denken, sie sei eine schlechte Mutter. Da sie zu viel arbeite und so zu wenig Zeit für ihr Kind habe. Das ist zwar meist – hoffentlich – nicht so gemeint, kommt aber in der Summe aller Bemerkungen, die sie ertragen muss, schon so rüber.

Bei mir hingegen kommt es schon auch manchmal so an, als würde ich meine «Karriere» wegen meiner Familie schleifen lassen. Als sei ich der Arbeiter, der nebenbei Vater ist und sie die Mutter, die halt nebenbei noch arbeitet.

Hätten wir nur solche Unterhaltungen, kämen wir über unser Familienmodell ernsthaft ins Grübeln. Zum Glück geht es auch anders: Umso schöner sind dann die Gespräche mit all den Bekannten, die es ernsthaft interessiert, wie wir unseren Alltag meistern. Die nachfragen, wie es im Job und mit dem Kind geht und sich nicht mit veralteten Vorurteilen ihre Meinung eigentlich schon gebildet haben.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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