Die (unlösbaren) Hürden einer jungen Familie
Jeder Mensch ist einzigartig und hat seine eigenen Bedürfnisse. In einer Familie kann das schon einmal zu einer Herausforderung werden.
Jeder Mensch macht in seinem Leben verschiedene Abschnitte durch. Dabei lernen wir einiges über uns selbst, aber auch über andere. Ich möchte heute einen kurzen Blick auf meine Vergangenheit werfen, vor allem aber auf die Herausforderung in meinem aktuellen Lebensabschnitt: Ich nenne es das «Wir».
Ich
Es gab eine Zeit in meinem Leben, da habe ich nur auf mich geschaut. Was möchte ich machen? Wen möchte ich heute treffen? Das war wirklich toll und ist schon sehr lange her. Natürlich gab es auch damals Termine, wie zum Beispiel die Arbeit oder Schule.
Du
Irgendwann später habe ich dann meinen Partner kennengelernt. In der Beziehung geht man so einige Kompromisse ein. Denn nicht immer wollen beide dasselbe. Wir haben oft Dinge gemeinsam gemacht, aber eben auch mal jeder etwas für sich. Es ist ein bisschen wie ein Kreis aus Interessen, den wir haben und irgendwo gibt es Schnittpunkte. Das ist dann die gemeinsame Zeit.
Das klappt ziemlich gut, denn so hat jeder für sich seinen ganz eigenen Ausgleich. Wieder einige Jahre später wurden wir Eltern. Hier geschieht so einiges, was wohl bei vielen, wenn nicht sogar fast bei allen Familien passiert:
Die Mutter, also ich, krempelt 100 Prozent ihres Lebens um. Es gibt keine Zeit ohne Baby, zumindest am Anfang. Ganz egal, welche Hobbys oder Freizeitgestaltungen ich vorher hatte, nichts davon kann ich mehr machen. Und das hat nichts damit zu tun, dass der Papa die Betreuung nicht übernimmt. Sondern eher damit, dass die ganz Kleinen einfach die Mama brauchen.
Der Papa geht weiterhin arbeiten wie zuvor. Wenn er heimkommt, ist da zwar noch jemand, aber im Grunde wird er nicht gebraucht und kann sich beliebig Zeit für sich nehmen. Unser zweites Kind kam zwei Jahre später zur Welt. Genau dann, als das erste begann selbstständiger zu werden und ich mehr Freiraum bekam. Daraus wurde dann doch nichts. Denn das zweite Baby brauchte mich wieder zu 100 Prozent.
Und ganz egal, wie oft der Papa da ist und auch die Betreuung übernimmt: Die Freizeit kann ich nicht gestalten wie zuvor. Und genau das ist ein grosses Problem. Ich möchte genauso «frei» sein wie der Papa und der Papa kann aber gar nicht mehr übernehmen, obwohl er es will. Somit sind irgendwie alle unzufrieden, weil wir beide nur sehen, was der andere hat beziehungsweise tut.
Wir
Mittlerweile sind unsere Kinder 3,5 und 1,5 Jahre alt. Ach, einfach schön, dass sie gross werden. Sie werden selbstständiger und definitiv einfacher, um sie auch mal von den Grosseltern betreuen zu lassen. So können wir auch mal wieder ein paar Stunden zu zweit verbringen, was guttut und wirklich schön ist. Doch was uns passiert ist, mit dem hätte ich nicht gerechnet:
Ein ist ein wirklich regnerischer Sonntag, wir sind alle zu Hause und machen das Beste daraus. Das ältere Kind spielt ganz selbstständig für gut eine Stunde Lego. So habe ich die Zeit, mich voll auf das jüngere Kind zu konzentrieren, was sehr selten vorkommt und ich wirklich geniesse. Der Papa nutzt die Zeit für sich und spielt Musik.
Alle sind absolut zufrieden, weil sie dem nachgehen, was sie gerade brauchen und ihnen Spass macht. Die Stunde ist rum und plötzlich kippt die Stimmung, bis es sogar zum Streit kommt. Was ist passiert? Obwohl wir alle unsere Zeit genossen haben, hatte jeder eine Erwartung:
- Ich habe erwartet, dass sich der Papa nach seiner persönlichen Auszeit mit den Kindern beschäftigt oder sich anderweitig einbringt.
- Der Papa hat erwartet, dass ich das Essen vorbereite.
Genau das ist im Alltag oft das Problem. Er erwartet, dass es zu Hause aufgeräumt, geputzt und dass das Essen fertig ist, während ich aber die Kinder betreue. Ich erwarte, dass er sich 100 Prozent um die Kinder kümmert, wenn er zuvor weg war – egal, ob er von der Arbeit oder einer Freizeitaktivität zurückkommt.
Wir haben also gelernt, dass es extrem wichtig ist, dass jeder seine freie Zeit bekommt – und zwar ganz ohne Erwartungen.