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Warum hört mich denn niemand?

Die Kinder mit den eigenen Waffen schlagen – klappt das?

Das Verhalten ihrer Kinder ist manchmal richtig nervenaufreibend, findet Carmen. Deshalb versucht sie, ihren Sohn mit seinen eigenen Waffen zu schlagen – ob das klappt? (Bild: Symbolbild: pexels)

Eltern kennen dieses Gefühl bestens: Man unternimmt den Versuch, dem Kind etwas zu sagen, aber dieses hört nicht zu. Das ist zwar meistens mühsam, manchmal aber auch richtig nervenaufreibend. Grund genug, mal so richtig Dampf abzulassen.

Es ist morgens um 7 Uhr. Zeit, die Kinder zu wecken oder besser gesagt ein Kind zu wecken. Denn der Grosse ist schon seit Längerem wach und liegt mit einem Comic im Bett. Während hier ein einfaches «Guten Morgen, ziehst du dich bitte an und kommst zum Frühstück?», völlig ausreicht, braucht es beim zweiten Kind, dem Kleinen, mehr Geduld. Trotz mehrmaligem, lieblich klingenden «Guten Morgen, jetzt ist es Zeit zum Aufstehen»-Aufforderungen, liegt der Kleine auch 20 Minuten später noch immer im Bett, ohne eine Regung zu zeigen.

Keine Antwort am Morgen

Mittlerweile bin ich in der Küche und bereite das Frühstück zu. Dazwischen gebe ich in Richtung Kinderzimmer immer wieder die aktuelle Zeit durch, mitsamt der Aufforderung, dass es nun langsam, aber sicher spät ist. Aber auch jetzt: keine Rückmeldung. Nachdem ich auch noch das Znüni bereitgestellt, einen Kaffee gemacht und dem Grossen beim Frühstück Gesellschaft geleistet habe, mache ich mich in Richtung Kinderzimmer auf.

Der Kleine liegt inzwischen nicht mehr im Bett, dafür aber auf dem Boden und liest in aller Ruhe in einem Heft. «Hallo Erde an Kind, bist du wach und machst jetzt vorwärts? Das Frühstück wartet auf dich», sage ich zu ihm. Aber auch jetzt keine Reaktion. Ich gehe auf die Knie, lege ihm eine Hand auf die Schultern und tippe ihn leicht an. «Hallo, hast du mich gehört?». «Jaaa, jaaa, jaaa, ich habe dich gehört und ich mach ja schon!», entgegnet mir der Kleine in einem scharfen Ton.

Ach, wie toll, er hat mich doch noch gehört. Bis er aber schliesslich am Frühstückstisch sitzt, ist es schon zu spät. Ich drücke ihm noch schnell eine Karotte in die Hand und verabschiede ihn in die Schule. Gleichgültig schlurft der Kleine davon und ich höre ihn noch murmeln, er habe sowieso keinen Hunger.

Keine Antwort am Mittag

Ein paar Stunden später, ich koche gerade das Mittagessen, kommt der Kleine zur Tür reingeflitzt. «Mami, Mami, das muss ich dir erzählen …», ich unterbreche ihn: «Hallo erst mal und wieso stehst du mit den Schuhen in der Küche und sowieso …», ich will gerade weitersprechen, da fällt mir der Kleine wieder ins Wort und beginnt seine neuste Geschichte zu erzählen.

Meine Einwände, die Schuhe auszuziehen, die Jacke aufzuhängen, ja und eventuell auch noch sein Znüniböxli aus der Schultasche zu holen, die er noch umgeschnallt hat – dies alles hört er nicht. Ich gebe klein bei und höre dem Kleinen zu. Als er fertig ist, dreht er sich wieder um und verschwindet im Zimmer. Meine Worte: «Kannst du das jetzt noch machen bitte?», verhallen im Nirgendwo. Ich stampfe ihm hinterher und erkläre ihm im Zimmer, dass ich gerne eine Antwort hätte. Die kriege ich dann auch kurz und knapp: «Ja, mache ich!» Bis es aber wirklich gemacht ist, dauert es eine Weile.

Keine Antwort am Abend

Später beim Abendessen wieder ein ähnliches Szenario. Der Kleine spricht, ich höre ihm zu. Wenn ich aber dann etwas von ihm wissen will, hört er mich wieder nicht. Jetzt reicht's, denke ich mir und nehme mir vor, von jetzt an auch keine Antwort mehr zu geben. Zu Beginn merkt es niemand in der Familie. Die Jungs diskutieren mit dem Papi und alles verläuft wie üblich. Als dann aber die grosse Frage nach der Game-Zeit kommt, sind plötzlich alle Augen auf mich gerichtet.

Statt aber eine Antwort zu geben, mache ich mich stumm an den Abwasch. Die Jungs blicken sich fragend an, wenden sich dann aber schulterzuckend dem Papi zu. Dieser gibt ihnen mit einem Nicken zu verstehen, dass sie nun ihre Game-Zeit einziehen können. Ich bin weiter genervt, keiner merkt, was ich eigentlich erreichen will. Gut, ich versuche es weiter. Ich summe vor mich hin und ignoriere jegliche Kommentare oder Fragen. Das geht noch eine Weile so weiter.

Die Antwort auf alle Fragen

Erst als es um das Gutenachtsagen geht, schleicht der Kleine auf leisen Sohlen zu mir auf die Couch. «Mami, warum gibst du mir keine Antwort?», fragt er mich und blickt mich mit grossen Augen an. «Weil du mir auch nie eine Antwort gibst, wenn ich mit dir rede, nie gibst du mir eine Antwort, den ganzen Tag nicht ...», sprudelt es aus mir raus. «Entschuldigung, ich habe dich nicht gehört!», sagt der Kleine mit gedämpfter Stimme.

«Aber morgen werde ich dir sicher zuhören, versprochen. Kommst du jetzt bitte?» Natürlich komme ich und ich weiss, der Kleine wird mich auch morgen und übermorgen nicht hören. Aber es ist jetzt in diesem Moment völlig okay, denn der Kleine macht es nicht mit Absicht. Er ist einfach in seiner eigenen Welt und kann abschalten. Aber morgen versuche ich erneut zu ihm durchzudringen. Irgendeinmal hört er mich. Gute Nacht.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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