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Kann ich ihn wirklich gehen lassen?

Die Kinder loslassen, das ist gar nicht so einfach!

Puh, loslassen ist wirklich schwierig. (Bild: pexels) (Bild: pexels)

Man muss die Kinder auch mal loslassen können. Dieser Satz begleitet Mütter und Väter vom ersten Tag des Elternseins an. Aber so einfach wie dieser Satz ausgesprochen wird, so schwer ist es, ihn auch wirklich in die Tat umzusetzen …

Schon ein paar Minuten nach der Geburt müssen sich Mütter mit diesem Wort auseinandersetzen. Dann, wenn die stundenlange Geburt vorbei ist und man nur noch glücklich das kleine Wunder in die Arme nehmen will. Aber schon dort muss man lernen loszulassen. Dann nämlich, wenn die Hebamme das kleine Wesen wiegen und abmessen will. Ich hingegen will doch nur dieses kleine Ding, welches noch vor Kurzem in meinem Bauch war, endlich ganz nah bei mir spüren.

Gut, es dauert ja jeweils nicht lange und dieser Wunsch geht in Erfüllung. Jedoch merkt man vom ersten Augenblick an, dass dieses kleine Wesen das ganze Leben verändern wird. Ja genau, dieses «ich bin jetzt für ein Leben verantwortlich», wird man von diesem Moment nicht mehr los.

Tschüss Kind, hallo Leben

Der nächste grosse Schritt des Loslassens erfolgt dann schon sehr schnell. Dann nämlich, wenn Mami und Papi einfach wieder einmal miteinander reden möchten. Ja genau, und zwar ohne dass exakt in dem Moment, wenn wir miteinander ein wichtiges Gespräch führen, der Kleine schreit oder die Brust will. Vielleicht wird das Ganze noch abgerundet durch ein feines Essen. Nein, genauer gesagt, ein warmes Essen. Dann wenn sich die Eltern auf eine kurze Auszeit freuen, müssen sie gleichzeitig auch lernen, loszulassen.

Schliesslich übergeben sie das kleine Wesen für ein paar Stunden in andere Hände. Zwar geniesst man diese Zeit, ich als Mutter habe mir aber trotzdem immer viele Fragen gestellt: «Schafft sie es auch, den Kleinen ruhig zu stellen, kann sie ihm den Schoppen richtig geben, wird er überhaupt schlafen?» – Natürlich war meine Sorge unbegründet, der Kleine schlief zufrieden, als wir früher als erwartet zurückkamen. «Schon wieder da, habt ihr es nicht genossen?», war die Frage vom Babysitter. Oh, doch genossen habe ich es, aber ich hatte wirklich Mühe loszulassen …

Kann ich wirklich gehen?

Die nächste Probe folgte dann schon bald in der Form einer Übernachtung des Kleinen auswärts bei den Grosseltern. Ich war voller Vorfreude auf die Hochzeit eines befreundeten Pärchens und gleichzeitig voller Gewissensbisse. Kann ich den Kleinen schon jetzt zum Übernachten geben? Wird er schlafen können? Wird er mich vermissen? Dazu kam, dass der Kleine beim Verabschieden bitterlich weinte.

In diesem Moment zerplatzte beinahe mein Mamiherz. Kann ich ihn wirklich so dalassen? Kaum aus der Haustüre, wählte ich schon die Nummer der Grosseltern, um mich zu vergewissern, ob ich nicht vielleicht doch noch einmal zurückkehren sollte. Diese aber verneinten, der Kleine sei schon am Spielen und all die Tränen seien vergessen. Puh, loslassen ist wirklich schwierig.

Die Zeit vergeht schneller

Mittlerweile habe ich das Loslassen schon sehr gut im Griff. Meine beiden Jungs dürfen und können schon viel selber machen. Ich lasse sie und gebe ihnen das Vertrauen, das es braucht fürs Loslassen. Habe ich auf jeden Fall bis vor Kurzem auch so gedacht. In diesem Sommer wurde ich aber eines Besseren belehrt: als der Anruf eines Schulfreundes des Grossen kam. Ob er nicht mit ihm ins Verkehrshaus kommen würde, alleine und schon am Morgen. Ui, dachte ich: Der Grosse ist noch nie alleine eine solch grosse Strecke mit dem Bus gefahren, vor allem nicht quer durch die ganze Stadt Luzern.

Zusammen mit meinem Mann entschieden wir aber, diesen Schritt zu wagen. Gut ausgerüstet mit Geld, Picknick und Sonnenhut machte sich der Grosse auf den Weg. «Ohne Handy, geht das denn?», fragte später eine andere Mutter. Diese Frage stellte ich mir auch, aber hey, als ich ein Kind war, gab es das auch nicht und auch ich schaffte es irgendwie immer wieder nach Hause. Also wird es mein Sohn mit Sicherheit auch schaffen. Aber natürlich bibberte ich innerlich schon ein wenig. Wird er es auf den richtigen Bus schaffen? Sind die beiden zurück vor dem grossen Gewitter? Was, wenn sie sich irgendwie verletzen oder, keine Ahnung, von einem fremden Mann angesprochen werden?

Die grosse Erkenntnis

Dieser Tag ging für mich beinahe nie vorbei. Aber nach langen und bangen Stunden stand der Grosse plötzlich in der Haustür. Er kam mir dabei vor, als wäre er in diesen Stunden wieder um ein paar Zentimeter gewachsen. Stolz und mit einem grossen Grinsen blickte er mich an und meinte nur: «Es war super!» Bei mir stellte sich eine grosse Erleichterung ein, aber nicht nur bei mir, auch bei meinem Mann und den Grosseltern, welche auch alle insgeheim ein wenig mitbibberten.

Wieder eine wichtige Hürde geschafft, hörte ich mich sagen. Kaum ausgesprochen, kam auch schon mein Sohn auf mich zu und zeigte mir einen Brief seines Fussballvereins. «Schau mal Mami, wir gehen zusammen in ein Trainingslager, da will ich unbedingt hin!» Ok, das nächste Kapitel ist damit auch schon aufgeschlagen …

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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