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Nach zwei traumatischen Geburtsgeschichten

Deshalb entschied ich mich für eine Hausgeburt

Im Jahr 2021 kamen 145 Kindern mehr auf die Welt als noch im Jahr 2020. (Bild: pexels)

Meine dritte Geburt war eine geplante und gut vorbereitete Hausgeburt. Diese Geburt hat mich tief verändert und deshalb habe ich mich entschieden, diese sehr persönliche Erfahrung zu teilen. In der Hoffnung, dass meine Geschichte anderen Frauen Mut machen kann, die wie ich geprägt wurden durch traumatische und brutale Geburtsgeschichten.

Kaum wusste ich, dass ich schwanger war, da dachte ich über die Geburt nach. Meine ersten beiden Geburten, die in zwei verschiedenen Geburtshäusern geplant waren, endeten beide im Krankenhaus. Deshalb hatte ich mir immer gesagt: Beim dritten Mal gehe ich nirgends mehr hin. Also bereitete ich mich auf eine Hausgeburt vor.

Die Vorbereitung

Ich begann zu lesen, trat Online-Communities bei und tauschte mich rege mit meinen ebenfalls schwangeren Freundinnen aus. Umso mehr ich über den natürlichen Geburtsprozess lernte, umso sicherer wurde ich in meiner Entscheidung. Doch eine selbstbestimmte Geburt in Eigenverantwortung bedeutet auch, meine Unsicherheiten zu überwinden.

Umso weiter die Schwangerschaft fortschritt, umso mehr kehrte ich mich nach innen, ich tauchte in meinen «Hypnobirthing»-Meditationen ab und stellte mir immer und immer wieder vor, wie ich unsere Tochter zu Hause in unserer Badewanne gebar.

Ich malte mich selbst bei der Geburt, um diesem Visualisierungsprozess nachzuhelfen. Meine Schwangerschaft war eine innere Reise, von der ich den Rest meines Lebens profitieren werde und wünschte, ich hätte das Potenzial dieser magischen Zeit bereits bei den ersten beiden Schwangerschaften erkannt.

Die Geburt

Ich fühlte mich während dem ganzen Geburtsprozess sehr wohl, mein ganzes angelesenes Wissen gab mir grosse Sicherheit. Ich wusste, was in meinem Körper geschah. Zu Hause hatte ich alles, was ich brauchte, um mich wohlzufühlen. Ich bewegte mich frei in meiner Komfortzone, umgeben von Menschen, die ich kannte und die mich verstanden. Ich ass meine selbstgemachten Energyballs und verspürte eine grosse Ruhe, weil ich nirgendwo hinmusste.

Denn ich hatte keinen Zeitdruck und musste auch nicht aufpassen, den richtigen Moment zu erwischen, um abzufahren. Ich war genau da, wo ich sein sollte und konnte mich dieser Reise mit meinem Kind hingeben. Ein besonders eindrückliches Erlebnis war es für mich zu fühlen, wie viel meine Tochter zwischen den Wehen strampelte. Da ich bei den anderen beiden Geburten jeweils am CTG angeschlossen war und meinen Fokus auf diese Geräte und Apparaturen richtete, fragte ich das medizinische Personal, ob es meinem Kind gutginge.

Mein Geburtsteam

Dieses Mal blieb ich selbst Spezialistin für mein Kind und meinen Körper. Irgendwann kam ich an den Punkt, an dem ich nicht mehr wollte, nicht mehr an mich glaubte und am liebsten die ganze Verantwortung abgegeben hätte. Wäre ich bei Menschen gewesen, die mich nicht gekannt hätten und somit mich und meine Kräfte nicht einzuschätzen vermochten, hätten sie mir vermutlich zugestimmt. So ist es bei meinen vorherigen zwei Geburten passiert.

Doch mein Geburtsteam war vorbereitet auf diesen Moment, wir hatten viel darüber gesprochen und wie wichtig es mir war, diese Geburt in Eigenenergie zu erleben. Sie wussten, welche Worte ich brauchte und, viel wichtiger, sie glaubten wirklich an mich und meinen Körper. Aus ihrem Vertrauen schöpfte ich Kraft und Mut und wenige Minuten später gebar ich meine Tochter in meine eigenen Hände.

Ich weinte viele Tränen des Glücks und lag schon bald in meinem Bett und ass mein Lieblingsessen. Es war wunderschön, diese Momente nach dieser unglaublichen Grenzerfahrung mit Menschen zu teilen, für die ich so viel Wertschätzung empfand. Die Stimmung war wunderbar, die Hebammen waren unsere geschätzten Gäste, die wir zu diesem wunderschönen Event eingeladen hatten. Meine Hebammen waren nicht einfach an ihrem Arbeitsplatz und warteten auf den Schichtwechsel, sie waren da, um mit uns das Leben zu feiern.

Das Wochenbett

Wie die Hausgeburt hatte ich auch mein Wochenbett vorbereitet. Wir hatten die Zutaten für stärkende und leicht verdauliche Nahrung zu Hause. Ausserdem hatten wir ein gutes und stabiles Unterstützungsnetzwerk organisiert und Kräuterwellness für Mama vorbereitet.

Ich genoss jede Sekunde mit unserem neuen Baby, hörte unsere Playlists der letzten Monate, hatte sie im Bonding-Top ganz nah an meinem Herzen und liess los. Ich wusste, mein Mann, der selbsternannte Wochenbettmanager, war vorbereitet auf seine Rolle und hatte Unterstützung. 

Von ganzem Herzen hoffe ich, dass mein Geburtsbericht anderen Frauen Mut geben kann, dass die Geburt ein kraftvolles und wunderschönes Erlebnis sein kann. Mich hat diese Hausgeburt tief in meinem Inneren verändert. Ich habe einen Glauben an mich selbst und eine Kraft in mir gefunden, die ich zuvor trotz vieler Therapiesitzungen und «harter Arbeit an mir selbst» nie empfunden hatte.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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3 Kommentare
  • Profilfoto von M. Schmidig
    M. Schmidig, 29.05.2022, 16:40 Uhr

    Herzlichen Dank für den sehr persönlichen Beitrag- er erinnert mich an die Zeit, als ich vor 30 Jahren mein erstes Kind zu Hause geboren hatte, und ein paar Jahre später auch mein zweites.
    Damals gab es noch nicht so viele Infos und Vernetzungsmöglichkeiten, und auch keine Blogs, die einen ermuntern konnten.
    Es war ein Entscheid aus dem Herzen, ich wusste einfach, dass es mir am wichtigsten war, es auf meine Art zu tun. Das heisst nicht, dass die Geburten deshalb sehr einfach waren- aber irgendwie war da ein Urvertrauen da in den Prozess, und ich denke dankbar daran zurück.

    Es gibt so viele verschiedene Arten und Orte, wie und wo ein Kind zur Welt kommen kann.
    Jede Frau, die zuhause gebärt, wird sich das reichlich überlegen, genau so wie all die Frauen, die ein Geburtshaus oder ein Spital bevorzugen.
    Jede Wahl ist die richtige, wenn sie der Frau ein Gefühl von Sicherheit vermitteln kann.

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  • Profilfoto von B Suter
    B Suter, 29.05.2022, 11:12 Uhr

    Am besten ist es für alle Beteiligten inkl. Kind im Spital geboren zu werden.

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    • Profilfoto von Ursula
      Ursula, 31.05.2022, 20:08 Uhr

      Am Besten ist, wenn niemand besserwisserisch Ratschläge verteilt.

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