Als der Schmutzli noch den Christof in den Sack steckte
Mandarinen, Spanische Nüsse, und Grittibänzen, welche von Kinderhand geformt Aliens ähneln, künden ihn an: den Samichlaus. Wurden früher noch Kinder in den Sack gesteckt, soll sein Besuch im Jahr 2017 nicht mehr Angst bereiten. Unser Vorschlag, wie sich ein zeitgemässer Samichlausbesuch gestalten lässt.
Von Weitem schon hörte man die Geislechlöpfer, dazu das Geröll der Schmutzlis. Dann sah man den roten Mantel, der sich im Wind bewegte. Mit seinen schweren Stiefeln stapfte er durch den tiefen Schnee, den goldenen Stab nutzte er als Gehhilfe. Da kam er wieder, der Samichlaus.
In meiner Kindheit verwandelte mich der Samichlaus in ein nervöses Etwas. Das Herz schlug mir bis zum Hals, der Puls pochte in meinen Ohren und meine Stimme war kaum mehr als ein Piepsen. Uns wurde gesagt, dass dieser Samichlaus alles sehe, also vor allem Dinge, die er eben gescheiter nicht sehen sollte.
Vom Schmutzli in den Sack gesteckt
So kam es, dass ich die blumigen Vorhänge in meinem Kinderzimmer erst zuzog, bevor ich einen Unfug baute. Ich stellte mir vor, wie die Liste mit allem Unfug, den ich begann, unter N wie Nadja im goldenen Buch länger und länger wurde. Auch wurde schon mal mit der Rute oder dem Sack gedroht, welchen der Samichlaus jeweils dabei hatte.
Noch allzu deutlich habe ich das Bild vor Augen, wie die Schmutzlis einen Jungen aus meiner Klasse in den Sack steckten. Seine braunen Manchesterfinken (ja damals waren offene Finken an Schulen noch erlaubt) flogen durch die Luft. Christof, falls du das liest, ich fand’s grausam.
Als Mutter sah ich mich dann mit der Frage konfrontiert, wie wir diesen Brauch feiern möchten.
Nadja Stadelmann Limacher, Mutter
Samichlaus heute – noch immer zeitgemäss
Einige Jahre konnte ich dem Samichlaus und seinem Gefolge gut aus dem Weg gehen. Als Mutter sah ich mich dann mit der Frage konfrontiert, wie wir diesen Brauch feiern möchten. Wer ist dieser Samichlaus? Wohnt er wirklich im Wald? Wer schaut zu seinem Esel, wenn er die Kinder besucht? Dies waren die Fragen der Kinder. Wir Eltern fragten uns: Wollen wir den Samichlaus zu uns einladen? Was soll er vermitteln? Was soll er bringen? Was erwarten wir von unseren Kindern und was von diesem Besuch?
Schnell war klar, dass er nicht tadeln soll und dass sich die Schmutzlis im Hintergrund halten sollen. Es soll keine angsteinflössende Geschichte sein, sondern vielmehr ein feierliches Einstimmen auf die Weihnachtszeit, ein Vorbote des Christkindes Anfang Adventszeit.
Das goldene Buch trägt der Samichlaus noch heute mit sich mit. Ein schöner Brauch, wenn man bedenkt, dass der Samichlaus heute sogar eine eigene Website hat und unterwegs mit seinem Smartphone alle Streiche der Kinder gleich mit Fotos und Videos dokumentieren kann.
So feiern wir den Samichlaustag
Die Fröleins lernen Samichlausverse. Erst ganz kurze Fingerverse – ebenso kurz, wie wir Finger haben. Dann kurze Versli und Liedli und immer etwas längere mit mehreren Strophen, die wir Grossen nur mit dem Zettel in der Hand schaffen. Der Inhalt bleibt gleich. Ich war brav wie ein Schaf und freue mich über ein Mandarindli (obwohl die Mama schon vorher im Laden nebenan einen ganzen Sack voll gekauft hat).
Den Samichlaus laden wir jeweils mit vier Familien und den Grosseltern zusammen ein. So liegt der Fokus auf einer grossen Kinderschar und jedes einzelne hat weniger Druck, die Kinder können sich auch hinter dem Hosenbein des Papas verstecken und erst mal nur schauen und zuhören.
Auch findet dieser Besuch draussen statt. So ist es viel weniger beengend mit dem grossen Samichlausgefolge und unserer immer grösser werdenden Meute. Die Kinder singen zusammen und helfen sich gegenseitig aus der Patsche, wenn eines ins Stottern gerät mit dem verflixten Vers.
Und was uns besonders wichtig ist: Sie treffen mit dem Samichlaus eine Abmachung über eine Sache, die sie bis zu seinem nächsten Besuch besser oder noch genauso gut tun wollen. Dies wird per Handschlag besiegelt und unter Zeugen. Eine Rute und herzrasenauslösendes Schmutzligröll braucht es meiner Meinung nach nicht.
Vorbereiten mit Büchern
Bilderbücher eignen sich ideal, um Kinder auf grosse Ereignisse vorzubereiten. Zum Thema Samichlaus gibt es jedoch unzählige Bilderbücher, die für unsereins nichts taugen, da dort plötzlich noch ein Knecht Ruprecht oder ein Santa Claus auf einem Schlitten durch die Luft kommt. Wir wollen als Eltern ja nicht noch für mehr Verwirrung sorgen. Daher empfehle ich hier drei Bilderbücher, die ich zeitgemäss finde und die auch den Brauch so darstellen, wie wir ihn hier im Lande feiern:
- «Nikolaus, wo bleibst du?» von Bruno Hächler, erschienen im Baeschlin Verlag
Der Esel fehlt auch bei unserem Besuch immer. Auf die Frage der Kinder, wo er gerade sei, antwortet der Samichlaus, dass dieser krank sei und im Wald bleiben musste. Diese Aussage nutzt Bruno Hächler für seine Geschichte.
Die Illustrationen von Friederike Rave sind wunderschön und sehr lieblich. Ein Schmutzli kommt gar nicht vor. Zum Ende kann man das passende Lied zur Geschichte downloaden mitsamt Text und Noten. So kann die ganze Familie auf den Samichlaustag hin trällern und Papa nimmt wieder mal seine verstaubte Blockflöte hervor. So mag ich das.
- «Beim Samichlaus im Winterwald» von Annina Holzer, erschienen im Lehrmittelverlag Zürich
Man sieht, wo der Samichlaus wohnt und dass der Schmutzli und er ganz viel zu tun haben mit all den Vorbereitungen, bis sie hinaus zu den Kindern gehen können. Und plötzlich ist alles angeknabbert. Wer war das?
Ein Buch für alle Kinder, die es vor allem wundernimmt, wo und wie der Samichlaus wohnt. Sozusagen «Schöner Wohnen» aus dem Wald.
- «Benjamin der Esel» von Sämi Weber und Stefan Frey, erschienen im Bauchtreffer Verlag
Die Geschichte gibt es auch als Hörspiel mit schönen Liedern und es wird sogar gerappt. Das Hörspiel hat die Auszeichnung «s goldig Chrönli» erhalten – eine Auszeichnung für gelungene Schweizer Produktionen.