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Restaurant-Test

«Sternen» Walchwil: Wo Sonderwünsche angebracht sind

  • Bewertung★★★★★★★★★★
  • Preiskategorie●●●●●●
  • Küche Schweizerisch
  • Ambiente Gehoben
Seit 2018 führt Noémie Bernard die Küche im Sternen Walchwil und hat es hier zu 15 Punkten gebracht. (Bild: hch)

Seit vier Jahren führt im Sternen Walchwil das Familientrio Bernard das Zepter. Bei unserem Testbesuch zeigte sich die Küche in Hochform: Ehrliche, kreative Gerichte, bei denen Geflügel, Fisch und Wild unkompliziert und wunderschön präsentiert wurden. 

Wir hatten das Vergnügen, Noémie Bernard und ihre Familie bereits am Zuger Genussfilm-Festival 2021 zu erleben. So wie ihre Vorgänger in Walchwil (siehe Box) setzen sie auf eine saisonale, authentische und vor allem geschmacksreiche Küche. Wie stark, zeigte sich bei unserem Besuch an einem Winterabend.

Beim Betreten des wunderschönen Lokals fallen zwei Dinge auf: der äusserst grosszügige Raum, der den Gästen viel Privatsphäre bietet. Und der sorgfältige Umgang mit der historischen Struktur; das geschützte Gebäude wurde von 1997 bis 1999 aufwendig umgebaut und gilt für viele als schönstes Restaurant am Zugersee.

Einladung für Sonderwünsche

Eine Speisekarte sucht der Gast im Sternen vergeblich. Man wählt aus einem Menü zwischen drei und sechs Gängen, die wahlweise aus Vorspeisen, Hauptgang, mit oder ohne Dessert bestehen können. Es soll Gäste geben, die fünf Fischgänge wünschen, andere vegetarisch oder vegan, ebenso werden Unverträglichkeiten und unerwünschte Zutaten oder Intoleranzen abgefragt. In einem früheren Französisch-Buch hiess es, die Küche sei doch keine Apotheke – in Walchwil macht man aus der Not vieler Gastronomen eine Tugend.

Ist die Bestellung erst einmal aufgegeben, darf man sich entspannt zurücklehnen. Wir haben uns für vier Gänge ohne Dessert entschieden, den Anfang macht jedoch das Amuse Bouche: Ein umwerfendes Entenlebermousse in einer Brioche, das wir gerne auch als ganzen Gang geniessen würden.

Zweimal Fisch zum Einstieg

Richtig los geht es mit einem gebeizten Lachs mit mehrfarbiger Rande und Crème fraîche. Der hausgeräucherte Lachs – neben dem Schäfli Neuheim (hier geht es zum Test) ist der Sternen das zweite Zuger Restaurant, das darauf setzt – allein ist schon ein butterzartes Gedicht, die Rande eine absolut unaufdringliche Begleitung.

Auch der zweite Gang kommt aus dem Wasser: Seezunge mit einer perfekten Rouille Sauce und Vongole. Um diese Jahreszeit gibt das Gewässer vor dem Sternen leider nicht mehr allzu viel her, sonst setzt man gerne auf lokale Fische. Serviert wird das Gericht auf Meeresspargeln und Zwiebeln. Was aufwendig klingt, kommt leicht und unkompliziert auf den Tisch und zeigt zugleich die ganz grosse Stärke der Küche: ein sehr klassischer Ansatz, virtuos neu interpretiert, ohne aufzuschneiden.

... was wohl den Süsswein begleitet?

Danach empfiehlt der stets präsente und kommunikative Kellner einen Schweizer Süsswein. «Sie wissen nun wahrscheinlich, was kommt», kündigt er die gebratene Entenleber an. Zweimal Geflügelleber muss man mögen, wir tun es. Serviert wird sie mit Walchwiler Quitten, einer wunderschön passenden Beilage, die genau den richtigen Biss mitbringen. Das Personal, das die harten Früchte in klitzekleine Würfel hat zerteilen müssen, hat unser wärmstes Mitgefühl.

Herbstlich fällt auch der Abschluss aus, ein Rehrücken mit Spätzli, auf Rotkraut und Rosenkohl. Wie erwartet, ist das (österreichische) Fleisch perfekt niedergegart. Konsequent finden wir den Verzicht auf eine Wildsauce, denn dieses Fleisch hat puristischen Genuss voll und ganz verdient. Und wer gar nicht verzichten will, könnte auf die grosszügig geratene Menge Rotkrautjus zurückgreifen. Die Spätzli hingegen könnte man sich etwas weniger kross wünschen.

Eine optische Glanztat gibt es zum Kaffee in Form von hausgemachten Pralinés. Innen zartschmelzend, aussen glänzend wie frisch polierter Marmor – grosse Küche wie der ganze Abend. Toller Geschmack, ehrlich und unkompliziert, noch dazu wunderschön präsentiert. 

Drei Wechsel in diesem Jahrhundert

Nach 19 Jahren übergaben René und Christine Weder den Sternen Walchwil 2016 an Sandra Anliker und Heimo Franz. Gesundheitliche Gründe beendeten das Intermezzo, die heutigen Gastgeber Giorgio, Noémie und Anita Bernard übernahmen im Jahr 2018. Aus einst 16 wurden 14 Gault-Millau-Punkte, seit letztem Jahr sind es nun wieder deren 15. Und so gehört der Sternen zusammen mit dem Wilden Mann in Buonas (hier geht es zum Test) und dem Löwen Menzingen (zentralplus berichtete) zu Zugs Top 3.

Bewertung

Preis-Leistung
Abends wird ein individuelles Menü Surprise von 85 Franken (3 Gänge) bis 135 Franken (6 Gänge) serviert. Unsere 4 Gänge kosteten 95 Franken – für das Gebotene in jeder Hinsicht angemessen ebenso wie die Portionengrösse. Mittags sind 2 bis 5 Gänge von 56 bis 89 Franken erhältlich. Beim Wein folgten wir den Empfehlungen, ein nicht allzu wuchtiger Lagrein Riserva «Mirell» aus dem Südtirol zu 95 Franken. Preislich recht hoch sind die offenen Weine dotiert, das Cüpli Rosé zu 18 und der Süsswein zu 19 Franken.
**** von *****

Ambiente
Nicht umsonst wird das Lokal gerne als das schönste am Zugersee bezeichnet. Das Gebäude wurde von 1997–1999 sanft umgebaut, die historischen Innenräume vermitteln eine gemütliche Atmosphäre mit grosszügigem, Corona-konformem Tischabstand. Im Sommer steht eine von Bäumen beschattete Terrasse am See zur Verfügung.
***** von *****

Service
Hat uns sehr gut gefallen, kommunikativ und charmant. Für die Damen-Handtasche kommt flugs ein Schemel als Unterlage, der Mantel wird an den Tisch gebracht und Anita Bernard lässt es sich nicht nehmen, den Weg zum Bahnhof persönlich zu zeigen. Auch dem Wunsch, die zwei Deziliter Süsswein auf vier Gläser zu verteilen, wurde gerne entsprochen. Nach Allergenen und Unverträglichkeiten wird ebenso gefragt wie nach Präferenzen. Die Chefs verabschieden den Gast an der Türe.
***** von *****

Online-Faktor
Die professionelle Website dreht sich um Menschen, Noemié Bernard wird selbstbewusst als «neuer Stern am kulinarischen Firmament» angekündigt. Informativ und mit Übersicht über die Lieferanten, sehr stimmigen Bildern und Bestellmöglichkeiten für den hauseigenen Lachs. Karten sind einzig für Wein und den Sonntag vorhanden, da die Menüs grösstenteils individuell zusammengestellt werden. Reservationen können per Mail getätigt werden.
**** von *****

Die Rechnung gibts wie üblich ganz am Ende.
Die Rechnung gibts wie üblich ganz am Ende.

Sternen Walchwil

Adresse:
Dorfstrasse 1
6318 Walchwil

Telefon:
041 759 01 01

E-Mailadresse:
[email protected]

Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Samstag 11.30 bis 14.30 Uhr, 18.00 bis 22.30 Uhr
Sonntag 11.30 bis 22.30 Uhr
Karte
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So isst zentralplus – Vom Gourmet bis zum Fast-Food – der eat’n drink-Blog befasst sich mit alltäglichen und besonderen gastronomischen Erlebnissen aus den Kantonen Zug und Luzern.
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