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«Rössli» Adligenswil: Nicht der Klassiker war der Höhepunkt

  • Bewertung★★★★★★★★★★
  • Preiskategorie●●●●●●
  • Küche Schweizerisch
  • Ambiente Traditionell
Der Gasthof Rössli in Adligenswil kombiniert gekonnt Tradition und Moderne. (Bild: use)

Bürgerlich-klassische Küche, aufgepeppt mit ausgefallenen Aromen, sorgt für manche Überraschung im Gasthof Rössli in Adligenswil. Gekonnt spielt das Wirtepaar mit Tradition und Trend. Beim Restaurant-Test war ein Gericht, von dem wir es gar nicht erwartet hätten, unser Favorit.

Wer durch den Adligenswiler Ortskern fährt, kommt unweigerlich am «Rössli» vorbei. Auf eine rund 250-jährige Geschichte blickt der Gasthof zurück, war zumeist Wirtshaus, aber auch Postamt, Dorfkino, Gemeindehaus und sogar Schulzimmer ad interim.

Eine ebenso beeindruckende Jahreszahl kann das Wirtepaar Markus und Susy Sager-Meyerhans vorweisen, welches das Lokal seit nunmehr 28 Jahren führt. Wo findet man in der Gastronomie sonst noch eine solche Ausdauer und Verbundenheit? Chapeau!

Man hört und liest viel Gutes über das Restaurant mit den 13 Gault-Millau-Punkten. Als wir an diesem Januarabend zur Tür hereinkommen, stehen wir direkt in der «guten Stube». Der erste Eindruck: heimelig, unkompliziert – und bis auf den letzten Platz voll! Wir werden etwas abseits vom Rummel in einem Nebenstübchen platziert und fühlen uns sofort wohl. Viel Holz, alte Bauernstühle, knarrende Dielen und Holzvertäfelung treffen auf klassische Tischkultur mit gestärkter weisser Tischwäsche, feinen Gläsern und Silbergeschirr.

Fliegender Service

Die Dame des Hauses, Susy Sager-Meyerhans, begrüsst uns mit Verve, händigt gleichzeitig die Karten aus und fragt nach dem Apéro. Sie ist, wie auch der restliche Service an diesem Abend, zackig unterwegs. Jeder Handgriff sitzt, denn es gibt viel zu tun. Zeit für ein Schwätzchen bleibt leider weniger, das volle Haus fordert seinen Tribut.

Wir starten den Abend mit einem Villa Sandi Prosecco aus dem Valdobbiadene, der durch eine feine Frucht und milde Säure besticht. Nach dem Blick in die umfangreiche Weinkarte hat das «Rössli» bereits unsere Sympathie gewonnen: Der Schwerpunkt liegt auf Weinen aus der Schweiz und dem nahen Ausland, Überseeweine sucht man dabei vergeblich.

Als Amuse-Bouche wird eine Champagner-Mousse mit Räucherforelle serviert. Der mild geräucherte Fisch korrespondiert mit der luftig-leichten Mousse ausgezeichnet. Einzig in der Menge dürfte der Gruss der Küche gerne etwas geringer ausfallen, doch das ist mein subjektives Empfinden.

Als Vorspeise haben wir uns für einen Wintersalat an Kräuter-Vinaigrette mit Mandarinen, Mandeln und Datteln und das Perlbohnensüppchen mit Lavendel-Cremolata entschieden. Der Salat ist frisch und die Vinaigrette hat eine angenehme, zurückhaltende Säure. Ein schöner Auftakt.

Höhen und Tiefen

Die Suppe jedoch ist der Hammer! Vielleicht ist sie für uns sogar das gastronomische Highlight des Abends. Wunderbar schaumig in der Konsistenz überrascht sie trotz der rustikalen Hülsenfrucht mit einem erstaunlich elegant-milden Geschmack und ganz, ganz leichter Lavendelnote. Keine einfache Sache bei einem so intensiven naturbedingten Aroma. Wir sind mehr als zufrieden.

Zum Hauptgang wird mit dem Entrecôte Café-de-Paris ein Rössliklassiker serviert. Das Fleisch ist schmackhaft und saftig, aber leider nur lauwarm. Das ist schade. Die namengebende Sauce (sehr aromatisch) wie auch die Pommes frites sind so reichlich, dass sich das «bunte Gemüse» mit wenig Platz begnügen muss und aneinandergedrückt an Konsistenz und Frische verliert.

Positiv angetan sind wir vom Buchweizen-Risotto mit Federkohl und geräucherten Randen, der ein Fest für Auge und Gaumen ist. Der Risotto, angerichtet mit einer herrlich bunten und à la minute zubereiteten Gemüsevariation, hat eine ausgeprägte Zitrusnote, die im ersten Moment überrascht, aber in der Gesamtkomposition ein stimmiges Bild ergibt.

Ungewöhnliche Kombinationen als Stärke

Das Kombinieren von bodenständigen Zutaten mit ungewöhnlichen Aromen scheint die Stärke des «Rössli» zu sein. Gerne würden wir noch die Ravioli mit geschmortem Sellerie und Birne oder die Tarte Tatin mit roten Randen und roten Zwiebeln probieren, aber bevorzugen doch lieber ein Dessert zum Abschluss.

Wir lassen uns dabei gerne auf die Empfehlung ein und bestellen das Dreierlei-Dessert mit Panna cotta, Schokoladenmousse und Caramelglace. Letzteres ist der Knaller schlechthin: So eine gute Glace habe ich lange nicht mehr gehabt. Nicht zu süss und nicht zu cremig, zergeht sie mit wunderbarem Karamellgeschmack auf der Zunge. Das recht kompakte Schoggimousse ist für meine empfindliche Nase zu stark mit Marc de Bourgogne parfümiert, meiner männlichen Begleitung schmeckt's. Das etwas klumpige Panna cotta gewinnt mit dem Kumquatkompott obenauf ordentlich an Wert.

Alles in allem sind wir, abgesehen von dem etwas enttäuschenden Rössliklassiker, sehr zufrieden und werden sicher bald wieder das Gasthaus am Kreisel besuchen.

Bewertung

Preis-Leistung

Die Preise für den Hauptgang am Abend liegen zwischen 29 und 49 Franken und entsprechen dem Luzerner Durchschnitt. Das Angebot ist vielfältig, vertreten sind vor allem Klassiker. Gekocht wird frisch und erfreulicherweise mehrheitlich saisonal. Die Crew lässt sich einiges einfallen, um unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen – der Business-Lunch wird auch als Take-away angeboten und Lernende bekommen das Tagesmenü inklusive Getränk für 18 Franken.

**** von *****

Service

Der Service ist routiniert, auf Zack und zuvorkommend. Bei unserem Besuch war er nur kurz angebunden und wenig präsent, da das Haus voll war.

*** von *****

Ambiente

Gediegen, heimelig und authentisch. Ein sehr schönes Gasthaus mit verschiedenen Stuben, einem lauschigen Garten und gemütlichen Zimmern.

***** von *****

Online-Faktor

Das Wichtigste findet sich gleich auf der Startseite, wie die Karten, der Link zur Online-Reservation und besondere Angebote. Wer mehr wissen und sehen will, kann in der umfangreichen Chronik (sehr interessant!) nachlesen und Einblicke in die verschiedenen Räumlichkeiten nehmen.

**** von *****

Die Rechnung im Rössli Adligenswil.
Die Rechnung. (Bild: use)

Gasthof Rössli Adligenswil

Adresse:
Dorfstrasse 1
6043 Adligenswil / LU

Telefon:
+41 41 370 10 30

E-Mail-Adresse:
[email protected]Webseite:
https://www.roessli-adligenswil.ch/

Öffnungszeiten:
MO, DI, FR, SA: 11 Uhr –  23 Uhr
SO: 11 Uhr –  16 Uhr MI, DO: Ruhetag   Bankette ausserhalb der Öffnungszeiten gerne auf Anfrage.
Karte
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So isst zentralplus – Vom Gourmet bis zum Fast-Food – der eat’n drink-Blog befasst sich mit alltäglichen und besonderen gastronomischen Erlebnissen aus den Kantonen Zug und Luzern.
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