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Restaurant-Test

«Galliker» Luzern: Noch so gut wie vor dem Wirtewechsel?

  • Bewertung★★★★★★★★★★
  • Preiskategorie●●●●●●
  • Küche Schweizerisch
  • Ambiente Traditionell
Das Wirtshaus aus dem Jahr 1681 steht etwas eingeklemmt beim Luzerner Kasernenplatz. (Bild: hch)

Nach 45 Jahren hat Peter Galliker sein Luzerner Wirtshaus diesen Januar so gut an Alexandra Perren und Tobias Meyer übergeben. Grund genug, den Nachfolgern einen Testbesuch abzustatten. Ob Pot-au-feu, Leberli und Kutteln noch so schmecken wie zuvor?

Die Meinungen in unserer Runde sind schnell gemacht: Im Restaurant Galliker hat sich wenig bis nichts verändert. Die Karte ist dieselbe wie eh und je, das Gebotene sogar noch einen Tick besser. Man könnte es sich nun einfach machen und unseren Testbericht aus dem Jahr 2013 kopieren. Doch das würde den neuen Gastgebern nicht gerecht werden. Blenden wir also zwei Stunden zurück.

Für unseren Besuch haben wir uns einen Dienstag ausgesucht. Dies aus zwei Gründen. Einerseits scheint der Dienstag in Luzern der neue Montag zu sein, immer mehr Lokale haben an diesem Wochentag inzwischen geschlossen. Nicht so das «Galliker». Noch wichtiger aber: Dienstags, donnerstags und samstags steht Pot-au-feu auf der Karte. Was auf Wikipedia trivial als «Eintopf der ländlichen Küche Nordfrankreichs» beschrieben wird, feiert am Luzerner Kasernenplatz Urstände und wird entsprechend zelebriert. Ebenso wie der gespickte Rindsbraten freitags.

Ein Fall für den Denkmalschutz

Im etwas kleineren Teil der Gaststube platziert, erfreuen wir uns an der Karte. Markbein, Kutteln, Kalbskopf, Leberli, alles da... diese Nose-to-tail-Küche gehörte in Luzern unter Denkmalschutz gestellt. Wir probieren uns bei den Vorspeisen quer durch. In der Rindsbouillon schwimmt ein Markbein, gross wie vom Wisent, die Suppe ist ihrer Intensität um Längen besser als jede Bouillon, die wir in den letzten Jahren probiert haben.

Dasselbe lässt sich vom Randensalat sagen. So geht Randensalat, wenn auch ein optisches Update mit einigen Kräutern nicht schaden könnte. Der Nüsslisalat «Mimosa» erinnert in seiner unprätentiösen Schlichtheit an früheres Lagerleben, zumal das rustikal-chüschtige Brot wunderbar passt. Die Frage nach dem Dressing stellt sich hier nicht. Es gibt genau eine Salatsauce, die ist französisch und gut. Wer dazu ein Pale Ale zu bestellen versucht, wird mit fragenden Blicken bedacht und auf ein «Eichhof» hingewiesen.

Pastetli: So, wie sie sein müssen

Die männlichen Gäste an den Nebentischen sind bereits satt und beim Jassen angekommen, wir haben den Hauptgang vor uns. Und damit einen Klassiker. Es gibt wohl kaum eine bessere Gelegenheit, den früheren Werbeslogan «… alles andere ist Beilage» zu zitieren: Das Luzerner Pastetli im «Galliker» ist genau so, wie es sein muss. Und immer schon war. Und bleiben muss. 

Dabei ist es in einem ganz exklusiven Sinn langweilig. Der über das Pastetli gestreute Peterli ist wohl der Tatsache geschuldet, dass die weisse Sauce ohne Kräuter-Garnitur noch uninspirierter aussähe. Dabei ist sie die Essenz einer kulinarischen Entwicklung seit 1856, als das Restaurant eröffnet wurde. Die Sauce hat also 167 Jahre Erfahrung auf dem Buckel. Und weil sie so gut ankommt, bereut man als hungriger Gast nachher, nicht zwei Vorspeisen-Pastetli genommen zu haben anstelle des Hauptgangs.

Ein Suppentopf wie der Cup-Pokal

Nicht viel jünger als beim Pastetli dürfte das Grundrezept des Pot-au-feu sein. Wir halten uns an den grösseren Topf. Der macht an unserem Tisch danach die Runde, wie der Cup-Pokal beim FCL. Erst muss auf dem Tisch aber ausreichend Platz geschaffen werden für Topf, Teller, Preiselbeeren, gehackte Gurken und Senffrüchte. Denn der Kenner isst das Fleisch feucht, lasse ich mich gerne belehren. Satt wird man auch ohne die Rindszunge, die wir zwischen Siedfleisch, Speck und Saucisson vergeblich suchen. Einen Teil der Kalorien wird man beim Hantieren mit dem schweren Silberbesteck gleich wieder los, fast schon wie in der Muckibude.

Das schönste Kompliment aber bekommen wohl die butterzarten Kutteln: Kaum sind sie auf dem Tisch, der erste Biss gekostet und die dezenten Kümmel- und Weissweinnoten gelobt, dreht sich das Tischgespräch um längst vergangene Zeiten und ganz viel «Weisst du noch». 

Bayrische Expertise

Nach so viel Protein braucht es etwas Zucker, um den nur bedingt gesundheitsfördernden Abend abzurunden. Der Früchtekuchen des Abends ist ein geraffelter Apfelkuchen, nicht zu süss, dafür mit einem schön mürben Boden.

Und gleich noch ein Ausruf des Entzückens folgt vom anderen Ende des Tisches. «Das sind die besten Dörrbirnen, die ich je hatte», sagt die Bayerin am Tisch. Unüblich gross und vor allem ohne Zucker eingelegt. So bleibt uns zwar nicht der übervolle Magen, dafür aber ein Diabetes-Schock erspart.

Preis/Leistung
Nicht nur die Speisen erinnern an frühere Zeiten, auch die Karte. Die Preise wurden in den letzten zehn Jahren um 10 bis 20 Prozent angehoben – das haben viele andere Wirte in einem einzigen Jahr geschafft. Das Angebot ist recht breit und auf Klassiker der Schweizer Küche fokussiert, neben den beschriebenen Gerichten sind etwa acht Vorspeisen-Salate, verschiedene Schnitzel, Kalbsgeschnetzeltes, Boeuf Stroganoff oder Riz Casimir zu haben. Vegetarier finden Gerichte wie Steinpilzpastetli oder Käseravioli.
Das Weinangebot umfasst die Schweiz und umliegende Länder, einige Halbliter und offene Weine. Darunter auch der von uns konsumierte Perspectiva aus dem portugiesischen Douro-Tal, ein beliebter und angenehm vollmundiger Reserva.
***** von *****

Ambiete
Der Innendekorateur hat vor 150 Jahren ein Lebenswerk vollbracht – die Einrichtung mit den alten Tischen, Bildern und der dominanten Registrierkasse bringen nicht nur Denkmalpfleger ins Staunen. Selbst der Novilon-Boden ist heute beinahe schon museal und hat sicherlich einiges über sich ergehen lassen müssen. Man fühlt sich trotz hohen Schallpegels behaglich.
**** von *****

Service
Es geht unkompliziert und höchst effizient zur Sache, die Bedienung kennt ihr Metier und ihre Gäste. Aufmerksam und gänzlich unaufdringlich.
**** von *****

Online-Faktor
Da tut sich was! Nachdem der frühere Chef bis zuletzt auf eine Webseite verzichtet hatte, ist nun etwas im Aufbau. Noch sehr rudimentär und ohne Speisekarte, aber immerhin mit schönen Bildern und einigen Informationen.
** von *****

Die Rechnung gibts wie immer zuletzt. Das ist auch im Wirtshaus Galliker nicht anders.
Die Rechnung gibt's wie immer zuletzt. Das ist auch im Wirtshaus Galliker nicht anders.

Wirtshaus Galliker

Adresse:
Schützenstrasse 1
6003 Luzern

Telefon:
041 240 10 02

E-Mail-Adresse:


Öffnungszeiten:
Dienstag bis Samstag 11.15-14.30 Uhr und 18.00-00.30 Uhr
Karte
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So isst zentralplus – Vom Gourmet bis zum Fast-Food – der eat’n drink-Blog befasst sich mit alltäglichen und besonderen gastronomischen Erlebnissen aus den Kantonen Zug und Luzern.
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