Kuhmist oder Taubendreck – der Flaneur im Feindesland
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Unser Blogger macht sich Gedanken über das Landleben. Für die einen ist es beruhigend und erholsam, dem Flaneur kommt es wie ein schlechtes Theaterstück vor. Trotz Touristenströmen und Taubendreck bleibt die Stadt sein bevorzugtes Revier.
Ist Luzern eine Stadt? Ja klar, sagen wir hier bei uns unisono und setzen naturgemäss noch einen drauf, indem wir sie als schönste Stadt der Welt bezeichnen. Zürcher sehen das zwar etwas anders und bezeichnen unsere überschaubare Urbanität häufig als Provinznest, doch mir als alteingesessenem Luzerner kann das ja eigentlich egal sein.
Ich finde, wir haben uns den Stadtstatus redlich verdient, besitzen wir doch immerhin weltbekannte Kulturinstitutionen wie das KKL, das Stadttheater, Asiaten oder das «Doorzögli» – mittwochs ist im Fall immer Cordon-bleu-Tag. Wenn man sich also diese Errungenschaften so anschaut, verkommt das Zürcher Niederdorf doch glatt zur Operette.
Landbeizen sind ein guter Grund für einen Ausritt
Doch genug mit dem Zürcher-Bashing; In diesem Fall spricht mein Heimatort Küsnacht gegen mich. Da wir uns jetzt einig sind, dass Luzern definitiv eine Stadt ist, darf ich mich auch durchaus als Stadtmenschen bezeichnen. Und als solcher überschreitet man die Grenzen in ländliche Gebiete eher selten. Ausnahmen gibt es natürlich, doch sind diese – zumindest beim flanierenden Verfasser dieses Textes – meist kulinarischer Natur; weiter als nach Emmen ins «Kreuz», in die «Krone» nach Blatten oder in die «Balm» in Meggen schaff ich’s dann aber auch nicht.
Ländlicher Charme kann seine Wirkung verfehlen
Und das zu Recht. Denn haben sich Berufsverkehr, Touristenstau, verkrüppelte Tauben und aggressive Schwäne mal aus dem Gesichtsfeld verabschiedet, erwartet einen jenseits der Stadtgrenzen meist noch viel teuflischeres Ungemach. Vor einem Jahr bin ich mal mit dem Velo nach Sursee gefahren und schon auf Höhe Rothenburg setzte bei mir langsam aber sicher Schnappatmung ein.
Diese Duftkombination von Eigenheim-Hypotheken, Kinderzulagen, frisch gegüllten Wiesen und Vereinsmitgliedschaften war für mich schlicht zu viel. In Sempach dann machte sich bereits eine ausgewachsene Depression breit und in Sursee angekommen, erwog ich ernsthaft eine Vasektomie. Also jetzt nicht wirklich wegen Sursee. Sursee ist süss, hat eine schöne Altstadt und sogar noch einen gewissen Kurzhaar-Strähnchenfrisur-Charme. Und eine gute Weinhandlung – muss man sagen.
Die Stadt gewinnt
Aber unter dem Strich ist dieses Landleben nichts für mich. Da wälze ich mich tausendmal lieber im städtischen Taubendreck, lass mir von einer indischen Grossfamilie auf der Spreuerbrücke den Weg versperren, zahle für ein Fläschchen Bier sieben Stutz oder schau mir im Stadttheater eine sogenannte moderne Inszenierung an.
Und das Säuli auch
Denn ich bin der festen Überzeugung, dass die intensive Nähe zu Kühen – mit oder ohne Hörner – in einem fatalen Masse stumpfsinnig macht. Ich meine, jetzt mal ehrlich: Wenn man sich die so anschaut – also die Kühe –, kann man ja wirklich und überhaupt nichts anderes als wahrhaftigen Stumpfsinn erkennen. Und in diesem Sinne werden auch viele Landmenschen stumpfsinnig. Das liegt nicht an ihnen selbst, sondern an den per se stumpfsinnigen Kühen.
Ganz anders hingegen die Schweine. Schweine sind smart, bis kurz vor der Schlachtung ziemlich cool und dem Menschen im Allgemeinen viel ähnlicher als diese Kuh. Und der Eber kann Orgasmen haben, die bis zu 30 Minuten dauern! Du Glücksschwein du! Kommt hinzu, dass das Schweine-Cordon-bleu eh besser schmeckt als jenes vom Kalb. Danke, du Sau du! Aber auch andere Stücke vom Schwein sind lecker. Zum Beispiel das Schweine-Schnörrli. Die sind mir aber meistens zu klein; ausser in Zürich.