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Mein liebster Tag, der Aschermittwoch

Fasnacht: Wer die volle Distanz schafft, verliert

Der Fasnachtsmarathon will gekonnt genossen werden. (Bild: Symbolbild: Emanuel Ammon/AURA)

Auch ein ambitioniertes Promilleprogramm reicht unserem Flaneur nicht, um mit Luzerns Hardcore-Fasnächtlern mitzuhalten. Es folgt die Erholung. Und die Vorfreude auf den alles befreienden Aschermittwoch. Was der einem Fasnachtsfreund zu bieten hat, weiss Claudio Fenner.

Noch ist Luzern fest in den Händen festwütiger Narren. Zwei Tage noch pilgern Fasnächtler von Nah und Fern in unsere sonst so ruhige und überschaubare Stadt und feiern in fremden Gewanden die Vertreibung des angeblichen Winters. 48 Stunden bleiben also, ehe die alkoholgeschwängerte Anarchie vorbei ist und die Putzmaschinen die letzten Reminiszenzen dieser Fasnacht beseitigt haben werden.

Nun gut, die allerletzten Überbleibsel dieser überaus erfolgreichen Kontaktbörse werden dann wohl in einigen Wochen von den Frauenärzten entfernt; aber das ist eine andere Geschichte.

Erholung von den Strapazen der Narrerei

Ich für meinen Teil habe mir auch zwei Tage Fasnacht gegönnt. Und ich muss gestehen, dass ich allerhöchsten Respekt habe für alle Hardcore-Fasnächtler, die es über die volle Distanz schaffen. Schon am Donnerstagmittag sah ich aus wie ein menschgewordenes Holdrio – und roch wohl auch so – und warf bereits kurz nach Dämmerung den Beutel an die Decke.

Es folgten zwölf Stunden schlechten Schlafes und am Freitag ein längeres Selbstgespräch über das grosse Warum. Am Samstag dann nochmals das gleiche Promilleprogramm – einfach bis Mitternacht – mit dem Resultat, dass am Sonntag nichts weniger als die Hölle über mich hereingebrochen ist.

Nun ist aber Schluss mit lustig und darum verziehe ich mich morgen früh in die Berge und erhole mich von den Strapazen der Narretei, bevor ich dann pünktlich zu meinem allerliebsten Lieblingstag des Jahres in die Leuchtenstadt zurückkehre. Und dieser ist: der Aschermittwoch.

Auch Schnapsleichen machen sich auf den Heimweg

Denn ein frühmorgendlicher Gang durch die Gassen Luzerns – ausgeschlafen und mit klarem Kopf – ist an Glückshormonausschüttung nicht zu überbieten. Zu sehen, wie die letzten Schnapsleichen ihr sündiges Fleisch versuchen nach Hause zu schleppen, ist ein solcher Seelenbalsam, dass jedes lebensbejahende Wohlfühl-Yoga-Seminar dagegen einpacken kann. Wenn Sie also unter postfasnächtlicher Depression leiden und auf Benzos und dergleichen verzichten möchten, dann kippen Sie zumindest das Monsterkonzert und gehen Sie früh in die Heia.

Denn jetzt mal ehrlich: Am Dienstag pfeifen doch eh alle aus dem letzten Loch; und sollte sich der amouröse Volltreffer noch immer nicht eingestellt haben, dann wird das wohl auch jetzt nichts mehr – es sei denn, Sie stehen auf Resteverwertung von Halbtoten mit Mundgeruch.

Aus Freude an der Vernunft – oder auch nicht

Erheben Sie sich stattdessen an diesem Mittwochmorgen wie der Phönix aus der Asche und freuen Sie sich über die eigene Vernunft und darüber, dass Sie aktiv etwas für den Klimaschutz getan und zumindest für einen Tag den Winter nicht vertrieben haben. Dafür dürfen Sie dann an Ostern mit dem Flugzeug in die Ferien. In diesem Sinne: Frohes Fasten (seat belt)!

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Claudio Fenner ist ein passionierter Stadtmensch mit Hang zu hedonistischer Landstreicherei, Glücksspiel und Schrebergärten. Als Traumtänzer und Schlafwandler zieht er in Luzern seine Runden, beobachtet und taucht auch mal in einer Bar auf. Dabei passieren dem Flaneur oft seltsame und skurrile Dinge, die es verdienen, aufgeschrieben zu werden.
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