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Sage zum «Totenmonat» November

Wie ein Zuger Ritter durch Hilfe aus dem Jenseits gerettet wurde

Gemälde einer Zuger Sage. (Bild: mag)

Der November wird im Volksmund «der Totenmonat» genannt. Von Allerheiligen bis zu St. Hillarius (13. Januar) ist es den Verstorbenen erlaubt, an die Orte ihres Wirkens zu Lebzeiten zurückzukehren.

Am 1. November, Allerheiligen, und am 2. November, Allerseelen, gedenkt man den Verstorbenen. Man besucht auf den Friedhöfen die Gräber, zündet Kerzen an und spricht Gebete. Mit dem bereitgestellten Weihwasser werden die Gräber gesegnet. Dies sind nur ein paar der elementaren Bräuche und Rituale, die wir im christlichen Glauben kennen und für die Verstorbenen ausrichten.    

Christliche Rituale zur Totenehrung

Bis ins 20. Jahrhundert hinein gab es noch eine grosse Anzahl weiterer Bräuche, die ausgeübt wurden oder aus verschiedenen Erzählungen überliefert sind. Viele aus dem alten Glauben übernommene Rituale zur Totenehrung sind in den christlichen Glauben eingegangen. So entstanden im Volksglauben eigene Interpretationen, wie dies vielerorts heute noch sichtbar ist.

Mit den christlichen Segnungen, wie dem Sakrament, Messen und Gebete empfiehlt man den Verstorbenen an Gott. Im Volksglauben war man der Auffassung, dass die Verstorbenen wieder an die Orte ihres Wirkens zu Lebzeiten zurückkehren. Insbesondere dann, wenn noch eine Schuld auf ihnen lastet.

Für deren Erlösung, damit sie endgültig ins Himmelreich eingehen können, werden Gebete gesprochen und Messen gelesen. Dies konnte dazu führen, dass sie sich für diese guten Handlungen erkenntlich zeigen konnten. So, wie es auch in der nachstehenden Zuger Sage zu lesen ist.

Die dankbaren Toten  

Die St. Anna-Kapelle in Baar, die neben der St. Martinskirche steht, war bis anfangs des 16. Jahrhunderts ein Ossarium oder Beinhaus. Im Kanton Zug gab es in verschiedenen Gemeinden Beinhäuser. Hier wurden die Gebeine der Verstorbenen, nach der Aushebung der Gräber, aufbewahrt. Dies war nötig, um auf dem Friedhof wieder Platz für neue Gräber zu schaffen.

St. Anna Kapelle, Baar. (Bild: mag)

Die gehobenen Gebeine wurden für die Menschen gut sichtbar im Fenster aufgeschichtet. Sie dienten als «memento mori», man wollte so den Menschen aufzeigen, dass sie sich ihrer eigenen Sterblichkeit bewusst sein sollten. An der Aussenwand der Kapelle ist ein Bild aufgemalt, das folgende Geschichte erzählt.  

Zu alter Zeit lebte ein Rittersmann, der auf seinen täglichen Ausritten, den Weg über den Kirchhof nahm. Jedes Mal, wenn er dort vorbeiging, betete er für die Armen Seelen und deren Erlösung. Als er eines Tages über ein Feld ritt, merkte er, dass er von drei Reitern verfolgt wurde. Er schaute über die Schulter und sah, dass diese drei dunklen Gesellen immer schneller wurden und ihn schon fast eingeholt hatten.

Hilfe aus dem Jenseits

Er wendete mit seinem Ross und wollte zur Kirche reiten, um sich im Beinhaus zu verstecken. Er spürte, dass diese Gesellen nichts Gutes im Schilde führten.  Bei der Kirchenmauer angekommen, liess er das Ross stehen und rannte zur Tür des Beinhauses. Er wollte die Tür öffnen, diese war aber fest verschlossen. Er konnte daran hämmern und klopfen, diese blieb verschlossen.

Er hörte, wie seine Verfolger bei der Kirchenmauer ankamen und sah, dass seine letzte Stunde wohl geschlagen hatte. Er ging auf die Knie und bat den Herrgott um Hilfe von oben. In diesem Moment kamen die drei Gesellen durch das Tor der Kirchenmauer – und im gleichen Augenblick fingen die Grabplatten an, sich zu verschieben.

Dank der Toten

Aus den Gräbern stiegen Knochenmänner, alle bewaffnet mit Knüppeln, Dreschen und Stöcken. Fast zur gleichen Zeit schlug die Tür des Beinhauses auf und angeführt von einem alten Bäckermeister mit einer grossen Backschaufel in der Hand, kamen noch mehr Totengerippe zu Hilfe. So wurde die drei Halunken in die Flucht geschlagen.

"Die dankbare Tote", von Brigitt Andermatt. (Bild:Zuger Sage, Legände und Gschichte us em Kanton ZugMaria Greco - Brigitt Andermatt)

Auf diese Weise entging der Ritter einem grossen Unglück und wurde gerettet. Das war der Dank der Toten, weil er jedes Mal, wenn er an ihnen vorbeigegangen war, für die verstorbenen armen Seelen gebetet hatte.  

 

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