Waschen, waschen, ganz geschwind – bis die Hände sauber sind!
Aktuell gilt Händewaschen als eine der wichtigsten Massnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus. Das war nicht immer so. In der Antike wurden Seifen eher zu heilenden Zwecken verwendet und in Zeiten der Pest galt Waschen mit Wasser als äusserst bedrohlich. Erst Erkenntnisse über die Ausbreitung von Epidemien wie Cholera und Typhus führten in unserer Region zum Bau der zentralen Wasserversorgung und der Kanalisation.
Audrey Tang, Digitalministerin Taiwans, zieht Seife und Handhygienesprays sogar einer App zur Kontaktverfolgung vor. Denn keine Technologie ist in diesem Kampf besser als Seife. Selbst hochwirksame Masken sind nicht sehr nützlich, wenn man sich die Hände schlecht wäscht.
Die Herstellung von Seifen aus tierischen Fetten oder pflanzlichen Ölen, verkocht mit Pottasche ist seit der Zeit um 2500 v. Chr. belegt. In der Antike wurden Seifen eher zu kosmetischen und heilenden Zwecken verwendet als für die Körperreinigung. Mit der Seifenproduktion machten sich zunächst Städte des mediterranen Europas wie Marseille oder Savona einen Namen, bevor Seifen im 19. Jahrhundert zu einem industriell gefertigten Konsumprodukt wurden.
Dass der Kontakt mit Wasser und Seife für Sauberkeit sorgt und vor Krankheiten schützt, ist in unseren Breitengraden jedoch nicht seit jeher Bestandteil des Allgemeinwissens. Denn die Vorstellung von Sauberkeit und Körperhygiene war im Laufe der Jahrhunderte einem Wandel unterworfen. Zwar wurden die Hände und der Mund wohl meist mit Wasser gewaschen, nicht aber der ganze Körper.
Wechselnde Hygienevorstellungen
Im Mittelalter bestanden die Hygienevorstellungen der Antike fort, welche dem Wasser reinigende und heilende Wirkung zuschrieben. Mittelalterliche Burgen und Schlösser waren mit sanitären Anlagen ausgestattet und das Baden und Waschen mit Wasser war üblich und erfreute sich zuweilen auch grosser Beliebtheit.
In der Frühen Neuzeit geriet die Körperpflege jedoch allmählich in Verruf. Dafür gibt es mehrere Gründe. In den Badestuben wurde nicht nur gebadet, weshalb die Ansteckungen mit Geschlechtskrankheiten, wie z. B. Syphilis, hoch waren. Für die Krankheitsübertragung wurde das Wasser verantwortlich gemacht.
Es wurde angenommen, das Wasser könne in die Poren der Haut eindringen, sie aufweichen und für Krankheitserreger durchlässig machen, die sich in der Luft befanden. Folglich seien die Menschen nach dem Baden weniger widerstandsfähig.
Wasser als Bedrohung
Besonders in Zeiten der Pest galt Waschen mit Wasser als äusserst bedrohlich. So meinte Th. Renaudot, ein französischer Arzt und Philanthrop, 1655: «Das Baden ist, ausser aus dringenden medizinischen Gründen, nicht nur überflüssig, sondern auch sehr schädlich für die Menschen. Das Baden hat eine zerstörerische Wirkung auf den Körper und macht ihn durch das eindringende Wasser für die Einwirkung der schlechten Eigenschaften der Luft empfänglich.»
Ohne nachfolgende Vorsichtsmassnahmen wie Bettruhe und das Tragen warmer Kleidung war es im 17. Jahrhundert unvorstellbar, ein Bad zu nehmen. Um die Poren der Haut zu schützen, gewannen auch der Schnitt und das Material der Kleidung eine entscheidende Bedeutung. Sie sollte aus glatten Stoffen von fester Webart sein und eng am Körper anliegen, damit die pestverseuchte Luft daran abgleiten konnte.
Parfüm und Puder
Anstatt den Körper zu waschen, zog man es ab dem 16. Jahrhundert vor, sich mit sauberen Tüchern trocken abzureiben und zu parfümieren. Gegen Körpergerüche sollte die Haut mit einem duftenden Tuch abgerieben oder mit getrockneten und zerstossenen Rosenblättern eingerieben werden. Dies hatte zur Folge, dass in der Frühen Neuzeit die Kleider zweimal pro Woche gewechselt wurden. Im Mittelalter war es üblich, das Hemd einmal monatlich zu wechseln.
Um die Haare ohne den Einsatz von Wasser sauber zu halten, wurden sie mit parfümiertem Puder bestäubt. Dies war dank der austrocknenden Wirkung des Puders möglich, der aus Weizen hergestellt und mit Essenzen angereichert wurde. Perücken wurden mit Mehl gepudert.
Neue medizinische Erkenntnisse über die Ausbreitung von Epidemien wie Cholera und Typhus sowie der Modernisierungsprozess führten im 19. Jahrhundert zur Entwicklung der zentralen Wasserversorgung und der Kanalisation. Die Verbreitung von privaten sanitären Einrichtungen wie Toiletten, Badezimmern und Duschen um die Wende zum 20. Jahrhundert liessen den Wasserverbrauch ansteigen.
Am 5. Schweizer Schlössertag am 4. Oktober 2020 öffnet das Museum Burg Zug seine Tore unter dem Motto «Gesundheit, Medizin und Hygiene – das Museum Burg Zug bleibt sauber!» Begegnen Sie im Burghof heilkundigen Laienschwestern und einem Bader, die mit der tatkräftigen Unterstützung eines wehrhaften Wächters für das gesundheitliche Wohl der Besucher besorgt sind. Oder nehmen Sie an den Kurzführungen «Wasser, Parfüm und Perücken. Gesundheit und Körperhygiene im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit» mit anschliessendem Workshop für Familien teil.