«Damals»
Blog
Selbst Rheumasohlen gabs schon in der Steinzeit

So hätten unsere Geschenke-Klassiker früher ausgesehen

Baarerinnen, die im frühen Mittelalter etwas auf sich hielten, trugen bunte Perlenketten und Ohrringe nach byzantinischem Vorbild (vorne, mit blauem Glas). Fund aus Baar (7. Jh. n. Chr.). (Bild: © Res Eichenberger, Museum für Urgeschichte(n))

Weihnachten gab es in der Urgeschichte noch nicht, doch Geschenke fanden sicher schon damals Anklang. Wie hätten unsere heutigen Geschenke-Klassiker in der Zentralschweizer Urgeschichte ausgesehen? Erstaunlicherweise recht ähnlich: Schmuck, Spiel und Sport oder Küchengeräte gab es schon vor 3000 Jahren.

In Haushalten mit Kindern darf Spielzeug heute unter keinem Christbaum fehlen. Was hätte wohl die Augen von Pfahlbaukindern zum Leuchten gebracht? Vielleicht die Miniaturgefässe aus Zug-Sumpf (Spätbronzezeit, 1056–880 v. Chr.)? Oder doch lieber ein Pfeilbogen in Puppengrösse wie derjenige aus dem jungsteinzeitlichen Zug-Riedmatt (3200–3100 v. Chr.)?

Über Spielzeug in römischer Zeit wissen wir mehr: Es gab Würfel aus Knochen, Puppen und sogar kleine Pferdchen mit Rädern. Bei Klein und Gross beliebt waren auch Brettspiele – so zum Beispiel im römischen Gutshof von Cham (1.–3. Jh. n. Chr.), wo bei Ausgrabungen ein Spielstein aus Glas entdeckt wurde. Vielleicht wurde hier einmal ein Mühlespiel verschenkt. Das römische Radmühle-Spiel eignet sich übrigens heute noch als selbstgemachtes Last-Minute-Geschenk. Eine Anleitung dazu gibt es zum Beispiel vom Archäologischen Museum Frankfurt.

Tiffany und Co. in der Urgeschichte

Ob Perlenkette oder goldene Ohrringe: Schmuck bleibt ein Geschenk-Klassiker. Je exklusiver, desto besser! Eine Vorliebe für exklusiven Schmuck zeigten auch die Pfahlbauer am Zugersee: In der steinzeitlichen Siedlung Steinhausen-Sennweid (um 2850 v. Chr.) trug man gerne Muschelanhänger. Aber nicht etwa solche aus Muscheln aus dem Zugersee, sondern aus Exemplaren aus dem Meer.

Und im bronzezeitlichen Zug-Sumpf (1056–880 v. Chr.) waren Perlen aus italienischem Glas und baltischem Bernstein en vogue. Und das in einer Zeit, die weder Lastwagen, Flugzeuge noch einen kostenlosen Versandservice kannte! Auch in der Eisenzeit (800–500 v. Chr.) galt: je weiter der Transportweg, desto besser. So hätte eine Fibel (Gewandschliesse) mit Korallenverzierung, wie sie auf der Baarburg gefunden wurde, einer Keltin besonders Freude bereitet.

Sport und Freizeit

Für Verwandte mit Wohnsitz am See bieten sich Geschenke rund um den Wassersport an. Wie wäre es mit einem neuen Paddel für den Einbaum (eine Art Kanu aus einem Baumstamm)? Zahlreiche Funde von Paddeln bei Steinhausen-Chollerpark zeigen, dass diese immer mal wieder verloren gingen.

Zu Boot und Paddel passt ein Angelhaken aus Bronze, wie er in Zug-Eielen (1050–800 v. Chr.) gefunden wurde. Und wer ein Pferd besass – in der Bronzezeit etwas Neues, quasi der Porsche der damaligen Zeit – der freute sich vielleicht über eine neue Trense aus Hirschgeweih (Fund in Steinhausen-Sennweid, 1000–800 v. Chr.).

Verloren gegangen und angeschwemmt: Paddel aus dem bronzezeitlichen Steinhausen. Ein ideales Geschenk für Wassersportler.
Verloren gegangen und angeschwemmt: Paddel aus dem bronzezeitlichen Steinhausen. Ein ideales Geschenk für Wassersportler. (Bild: © Res Eichenberger, Museum für Urgeschichte(n))

Rheumasohle und Mixer

Heute sind die Meinungen zu praktischen Geschenken geteilt. Pragmatikerinnen lieben sie, Romantiker weniger. Unter urgeschichtlichen Lebensbedingungen wurden Alltagsdinge vermutlich hochgeschätzt. Für Personen mit Rheuma gab es wärmende Einlegesohlen aus Moos, wie ein Fund Zug-Schützenmatt (ca. 3150 v. Chr.) zeigt.

Und hätte man in der Zeit ein Küchengerät verschenken wollen, dann vielleicht einen Quirl (Schwingbesen). Ein solcher wurde z.B. in Zug-Galgen (ca. 2750–2400 v. Chr.) gefunden. In römischer Zeit hätten Köche definitiv die Reibschale bevorzugt, wie sie z.B. in Cham-Hagendorn (2./3. Jh. n. Chr.) gefunden wurden – eine Art Mörser für Saucen und Pasten.

Keltenguetzli und andere Süssigkeiten

Zu einem richtigen Fest gehören süsse Köstlichkeiten. Zugegeben: Urgeschichtliche Weihnachtsguetzli kennen wir nicht, doch gebacken wurde schon früher. In einem eisenzeitlichen Grab in Wederath, Deutschland, wurden Überreste von Keksen aus Weizen und Honig gefunden. Ein Rezept zum Nachbacken findet sich hier.

Funde von Pollen und Fruchtsteinen belegen, dass im römischen Cham-Hagendorn zwei neue Früchte angepflanzt wurden, die bestimmt als Delikatesse galten: Pfirsiche und Kirschen. In Kombination mit einer Amphore Wein oder Olivenöl – beides Südimporte natürlich – hätten sie ein passendes Geschenk abgegeben.

Etwa so könnten «Guetsli» in der Eisenzeit ausgehen haben. Das Honig-Gebäck schmeckt ein bisschen wie ein heutiger Tirggel.
Etwa so könnten «Guetzli» in der Eisenzeit ausgehen haben. Das Honiggebäck schmeckt ein bisschen wie ein heutiger Tirggel. (Bild: © Joëlle Jäger, Museum für Urgeschichte(n))

Hinweis: Dieser Artikel wurde bereits im Dezember 2023 veröffentlicht. Aus aktuellem Anlass präsentieren wir ihn unserer Leserschaft erneut.

Themen
«Damals»
Blog
Ob Hintergründe zu alten Gebäuden, Geschichten zu Plätzen, stadtbekannte Personen, bedeutende Ereignisse oder der Wandel von Stadtteilen – im «Damals»-Blog werden historische Veränderungen und Gegebenheiten thematisiert.
0 Kommentare
Aktuelle Artikel
Apple Store IconGoogle Play Store Icon