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Zuger Münzschätze aus römischer Zeit

Münzen – versteckt, verloren und wieder gefunden

Abb. Ibikon: Eine Auswahl von Münzen aus dem Schatzfund von Risch-Ibikon. (Bild: Museum für Urgeschichte(n) Zug, Res Eichenberger)

Kürzlich haben gleich zwei Schweizer Münzschätze weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Auch im Kanton Zug fand sich in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Münzschätzen aus römischer Zeit. Doch wer liess früher das Geld herumliegen, und warum?

Archäologen bezeichnen sich ungern als «Schatzsucher», denn ihr Ziel ist die Rekonstruktion der Vergangenheit. Bisweilen wird der grosse Schatzfund dennoch Tatsache. Kürzlich haben gleich zwei Schweizer Münzschätze weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Im Herbst 2015 entdeckte ein Landwirt in Ueken bei Frick (AG) in seiner Kirschbaum-Plantage über 4000 römische Münzen aus der Zeit zwischen ca. 270 und 300 nach Christus (Abbildung Ueken). Auch ein Münzschatz aus Orselina (TI), der im Dezember 2014 bei Bauarbeiten zum Vorschein kam, umfasst über 3000 römische Münzen.

Legal im Einsatz

Auch im Kanton Zug fand sich in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Münzschätzen aus römischer Zeit. Allerdings umfassen diese nicht mehrere tausend, sondern lediglich 40 bis 100 Münzen. Ein halbes Dutzend kam seit 2001 auf dem Gebiet der Gemeinden Baar, Cham und Hünenberg zum Vorschein (Abbildungen Hünenberg und Blickensdorf). Ihre Entdeckung verdanken sie dem Einsatz von Metallsuchgeräten. Seit 1997 sucht der Metallsuchgänger Romano Agola bekannte und potenzielle Fundstellen im Auftrag des Amts für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug ab (Abbildung Romano Agola). Sein Einsatz ist präventiv, denn illegale Schatzsucher stellen für archäologische Fundstellen eine grosse Gefahr dar: Sie unterschlagen Funde und zerstören archäologische Schichten unwiederbringlich. Die systematische Kontrolle macht die Zuger Fundstellen für Raubgräber unattraktiv.

Abb. Romano Agola: Metallsuchgänger Agola sucht im Auftrag des Amts für Denkmalpflege und Archäologie verschiedene Zuger Fundstellen ab. Hier ein Einsatz auf einer Ausgrabung in Cham-Oberwil, Äbnetwald.

Abb. Romano Agola: Metallsuchgänger Agola sucht im Auftrag des Amts für Denkmalpflege und Archäologie verschiedene Zuger Fundstellen ab. Hier ein Einsatz auf einer Ausgrabung in Cham-Oberwil, Äbnetwald.

(Bild: Romano Agola, Ramsei)

Ersparnis, Verlust oder Opfergabe?

Die Archäologie unterscheidet verschiedene Arten von «Schätzen»: Ersparnisse, die während Jahren oder Jahrzehnten allmählich anwuchsen, umfassen ein anderes Münzspektrum als Ensembles, die in Notzeiten kurzfristig versteckt wurden. Kleinere Ensembles könnten den Inhalt einer verlorenen Geldbörse darstellen. Und schliesslich waren Münzen eine beliebte Opfergabe. Je nach Fundumstand, Anzahl und Zusammensetzung der Münzen – beispielsweise Wert, Prägedaten und Abnutzungsgrad – ist jeweils die eine oder andere Interpretation wahrscheinlicher.

Den Göttern sei gedankt

Die neueren Zuger Schatzfunde zählen zu den Opfergaben. Die Prägedaten der Münzen umfassen eine Zeitspanne von bis zu drei Jahrhunderten, was sehr lang ist. Es sind fast nur stark abgegriffene, kleine Nominale vertreten, also Münzen von wenig Wert (Abbildungen Aebnetwald, Lowald). Ausserdem lagen sie an topografisch markanten Orten. Daraus schliessen Fachleute, dass die Münzen in einem Heiligtum geopfert wurden. Aus schriftlichen Überlieferungen weiss man nämlich, dass römische Heiligtümer gerne auf Anhöhen, bei Passübergängen oder auch an der Grenze zweier Besitztümer angelegt wurden. Wie die Zuger Heiligtümer allerdings aussahen, ist nicht bekannt, denn Spuren von Bauten aus Holz oder gar Stein wurden keine entdeckt. Meist einziges Überbleibsel sind die Münzen, ab und zu findet sich auch ein Schmuckstück. Vorbeiziehende legten dort ein Geldstück nieder, um für eine gute Reise zu bitten. Dabei entnahmen sie ihrem Geldbeutel nicht die wertvollste Münze, sondern kramten nach einem Stück von geringem Wert – so, wie wir heute in Rom eher den «Fünfräppler» als den «Fünfliber» in die Fontana di Trevi werfen. Es zählt die Geste.

Abb. Aebnetwald: Teils bei Ausgrabungen, teils bei der Prospektion mit dem Metalldetektor wurden im Kiesabbaugebiet etwa 85 römische Münzen entdeckt. Die meisten lagen in einem Umkreis von 20 auf 24 Meter.

Abb. Aebnetwald: Teils bei Ausgrabungen, teils bei der Prospektion mit dem Metalldetektor wurden im Kiesabbaugebiet etwa 85 römische Münzen entdeckt. Die meisten lagen in einem Umkreis von 20 auf 24 Meter.

(Bild: Museum für Urgeschichte(n) Zug, Res Eichenberger)

In alle Himmelsrichtungen zerstreut

Wohl um ein verstecktes Vermögen handelt es sich hingegen bei einem Münzschatz aus Ibikon, Gemeinde Risch-Rotkreuz ZG (Abbildungen Ibikon). Seine Entdeckung liegt fast 200 Jahre zurück und ist mit Unsicherheiten behaftet. Wie so viele Altfunde wurde der Schatz in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Erst seit dem 10. Dezember 1907 regelt nämlich Artikel 724 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs, dass archäologische Funde Eigentum des Kantons sind, in dem sie gefunden wurden. Zuvor konnte der Finder darüber verfügen. Viele Fundstücke sind verkauft oder gar eingeschmolzen worden, da der Wert des Metalls höher erschien als der historische Wert. Dieses Schicksal ereilte beispielsweise einen Münzschatz aus Deinikon bei Baar ZG. 1808 wurde dort beim Zusammenfluss zweier Bäche eine grössere Zahl römischer Münzen entdeckt und später offenbar eingeschmolzen.

Der Schatzfund aus Risch-Ibikon entging diesem Schicksal, zumindest teilweise. Einige Münzen gelangten in die Sammlung des Klosters Einsiedeln und wurden in den 1960er-Jahren dem Museum für Urgeschichte(n) Zug übergeben. Weitere Münzen gelangten in den Besitz des Zuger Münzsammlers Franz Anton Wyss und sind inzwischen ebenfalls ans Museum übergegangen. In der Sammlung des Schweizerischen Nationalmuseums in Zürich liegen seit 1911 12 Münzen aus Risch-Ibikon. Heute lassen sich noch 44 Münzen aus dem 2. Jahrhundert nach Christus diesem Schatzfund zuordnen. Über den Verbleib der restlichen rund 130 Münzen ist nichts bekannt.

Abb. Ibikon: Eine Auswahl von Münzen aus dem Schatzfund von Risch-Ibikon.

Abb. Ibikon: Eine Auswahl von Münzen aus dem Schatzfund von Risch-Ibikon.

(Bild: Museum für Urgeschichte(n) Zug, Res Eichenberger)

Kupfermünzen unter dem Kastanienbaum …

Ein ähnliches Schicksal ereilte einen Schatzfund, der im Jahr 1809 nicht weit entfernt in Küssnacht SZ zum Vorschein kam. Im «Corriere del Ceresio» vom 15. Juli 1810 bietet ein Küssnachter Arzt namens Sidler Münzen zum Kauf an. Anhand verschiedener Quellen lässt sich rekonstruieren, dass wohl im November 1809 beim Fällen eines alten Kastanienbaums auf einer Küssnachter Allmend ein Münzschatz entdeckt wurde. Der exakte Fundort lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Die Münzen – es soll sich ausschliesslich um römische Kupfermünzen gehandelt haben – lagen in einem Tongefäss. Das Geld wurde an einen Handelsmann Steiner verkauft. Abweichende Angaben existieren auch zur Anzahl Münzen. Mal ist von 2000, mal von 3000 und im Inserat sogar von 4000 Stück die Rede. Auf jeden Fall haben wir es hier mit einem Schatzfund in der Grösse der eingangs erwähnten Neuentdeckungen zu tun, der heute leider vollständig verschollen ist!

… und Münzschätze im Museum

Die erwähnten Zuger Schatzfunde aus römischer Zeit sind – nebst anderen Funden – noch bis zum 8. Mai im Rahmen der Sonderausstellung «Geschichte(n) am Kanal – Cham-Hagendorn in römischer Zeit» im Museum für Urgeschichte(n) in Zug zu sehen. Mehr Infos dazu gibt es hier zu finden.

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