Mit «Tempo» ins Konsumzeitalter
Hand aufs Herz: Wissen Sie, welche Schwerstarbeit mit folgenden Tätigkeiten umschrieben wird? Schlagen – Bürsten – Reiben – Spülen – Bleuen – Bleichen – Stärken – Wringen – Aufhängen – Ausbessern – Strecken – Mangeln und Bügeln? Es sind Audrücke für das Waschen und Bügeln!
Hand aufs Herz: Wissen Sie, welche Schwerstarbeit mit folgenden Tätigkeiten umschrieben wird? Schlagen – Bürsten – Reiben – Spülen – Bleuen – Bleichen – Stärken – Wringen – Aufhängen – Ausbessern – Strecken – Mangeln und Bügeln? Es sind Ausdrücke für das Waschen und Bügeln!
Dies sind bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts die üblichen Vorgänge für eine der kraft- und zeitaufwändigsten Hausarbeit: das Waschen und Bügeln! Was heute im Single- wie im Familienhaushalt in wenigen Stunden und mit wenig Kraft und trockenen Händen erledigt werden kann, beanspruchte früher mehrere Tage. Die grosse Wäsche, zwei Mal jährlich, dauerte gar eine Woche. Auf dem Land halfen Mägde, Verwandte und Bekannte mit, in den Städten wurden gewerbsmässig tätige Waschfrauen beigezogen. Zum Trocknen wurde die in einer Lauge aus Asche oder Lavendel gereinigte Wäsche auf Wäschestangen im Freien oder auf dem Estrich aufgehängt.
Diese bis heute weitgehend von Frauen erledigte Hausarbeit wurde erst in der Hochkonjunktur der Nachkriegszeit allmählich modernisiert. Als Meilenstein erwies sich dabei die Erfindung der elektrischen Waschmaschine. Eine solche der ersten Generation wurde kürzlich auf dem Estrich eines Privathaushaltes in Cham entdeckt und dem Museum Burg Zug geschenkt. Das neue Objekt bereichert ein grosses Konvolut unserer Sammlung, die Industriekultur, in einzigartiger Weise. Die Waschmaschine ist ein so genanntes Schwellenobjekt, da die Produktionsfirma, die V-Zug AG, zusammen mit der Zürcher Firma Schulthess schweizweit zu den Pionieren in der Herstellung von Waschmaschinen zählte.
Dann kam Tempo
Die ehemals Verzinkerei Zug AG genannte Fabrik brachte die elektrische Waschmaschine 1949 auf den Markt – mit dem sprechenden Namen «Tempo»! Die Trommelwaschmaschine mit «praktischer Obeneinfüllung» und «individueller Gestaltung der Programme» wurde bei den Hausfrauen vor allem mit den Stichworten Arbeitserleichterung und Zeitgewinn beworben. Die Nachfolgemodelle Unimatic und Adora, neu auch mit Wäschetrockner, wurden wie folgt angepriesen:
«Eine Frau soll nicht nur in den Pflichten des Haushalts aufgehen. Hat sie nicht noch persönliche Interessen und Liebhabereien, die für ihr körperliches und seelisches Wohlbefinden geradezu lebenswichtig sind? Aber woher die Zeit? Hier springt nun die Adora ein, sie verhilft der Hausfrau zur ersehnten ‹Zimmerstunde›.»
Mythos Zeitersparnis für die Frau
Die Zeitersparnis, bzw. mehr Freizeit für Hausfrauen, gehört bis heute zu den Mythen der Mechanisierung und Technisierung des Haushaltes. Während sich die körperliche Schwerarbeit in der Tat seit den 1950er Jahren fast in einen Knopfdruck verwandelte, muss die Wäsche weiterhin sortiert, in die Maschine eingeräumt, wieder ausgeräumt, aufgehängt, gebügelt und versorgt werden. Die vermeintlich eingesparte Zeit wird für andere Hausarbeit verwendet. Zudem führen neue Reinlichkeits- und Hygienevorstellungen zu häufigerem Kleiderwechsel. Aus dem monatlichen Waschtag in Mietwohnungen sind in Haushalten mit eigener Waschmaschine heute fast tägliche Waschrituale geworden. Gleichwohl möchten wir alle – insbesondere im Hochsommer bei 35 Grad Celsius – auf unsere vollautomatischen Waschmaschinen, mit Tumbler, und das Dampfbügeleisen nicht verzichten.
Autorin: Iris Blum