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Kompromiss beim Autobahnbau der N2

Die Strassenschlacht bei Sempach

Obwohl eine Opposition versucht hatte, den Autobahnbau zu stoppen, wurde der Autobahnabschnitt von Sursee nach Reiden 1981 eröffnet. (Bild: Emanuel Ammon / AURA)

Um dem zunehmenden Autoverkehr gerecht zu werden, beschliesst der Bund in den 1960er-Jahren, die Vollendung der Autobahn N2 anzustreben. Auf der östlichen Seite des Sempachersees will er die vierspurige Autobahn errichten. Doch es erheben sich Gegenstimmen zum geplanten Bau.

Am 2. Juni 1981 ist es so weit. Der Autobahnabschnitt am östlichen Ufer des Sempachersees wird offiziell für den Verkehr eröffnet. Der Vollendung des Abschnitts ist ein zäher Kampf vorausgegangen. Eine Opposition hatte sich gegen den Bau der Nationalstrasse am Ostufer gebildet. Mit allen Mitteln versuchten sie zunächst, den Autobahnbau zu stoppen. In dieser Hinsicht sind sie erfolglos geblieben. Ihre Bemühungen sind jedoch nicht umsonst geblieben.

Der Bundesrat räumt ihnen Zugeständnisse ein. Ihr ursprüngliches Ziel, den Bau des Strassenabschnitts zu torpedieren, erreichen sie zwar nicht. Doch sie stossen eine nationale Diskussion an, welche ihnen Gehör verschafft. Bestimmte Elemente des Autobahnabschnitts werden daraufhin nach ihren Vorstellungen verändert. Auch wenn die Opposition ihre Forderungen nicht vollumfänglich durchsetzen kann, so werden diese zumindest teilweise berücksichtigt.

Nachkriegsboom macht Autos erschwinglich

In den 1950er-Jahren zementierte sich das Auto als zentrales Fortbewegungsmittel. Der Nachkriegsboom führte auch zu einem Wirtschaftswachstum in der Schweiz. Daraus folgte eine ständig ansteigende Kaufkraft. Diese ermöglichte eine davor ungekannte Beweglichkeit. Mobilität war kein Luxusgut mehr. Der Besitz eines Autos wurde immer erschwinglicher und so für alle Gesellschaftsschichten zugänglich.

Doch mit den explodierenden Zahlen der Autobesitzerinnen eröffnete sich ein neues Problem.

Volksabstimmung für die Verbesserung des Strassennetzes

Um dem permanent anwachsenden Strom von Autofahrern gerecht werden zu können, mussten neue Strassen her. Zu überlastet waren die Kantonsstrassen. Um für Erleichterung zu sorgen, sollten Schnellverkehrstrassen entstehen. Am 6. Juli 1958 fand eine Volksabstimmung zur «Verbesserung des Strassennetzes» statt. Mit einer überragenden Mehrheit von 85 Prozent wurde diese angenommen. Der Weg in eine asphaltierte Zukunft war damit frei.

Um die geplante Nord-Süd-Achse zu erschliessen, war von vornherein klar, dass die geplante Autobahn über Sempach gehen musste. Diese sollte die Ostseite des Sees umfahren. Auf der Westseite befanden sich damals schon eine Eisenbahnlinie sowie eine Gotthardstrasse, welche man durch den östlichen Autobahnbau entlasten wollte. Nachdem die eidgenössische Planungskommission das Vorhaben abgesegnet hatte, begann das Projekt sich zu konkretisieren.

Der Bau der Autobahn N2 konkretisiert sich

Ab 1960 begann der Kanton Luzern, am Ostufer des Sempachersees Land zu kaufen. Dieses war für den Bau der Autobahn N2 gedacht. 1963 bewilligte der Bundesrat dann offiziell die Ausarbeitung des Projekts. Dadurch konnte das kantonale Tiefbauamt nun auch die Ausarbeitung des Projekts vorantreiben. Das weitere Vorgehen verzögerte sich jedoch. Das Ausführungsprojekt legte man den betroffenen Gemeinden erst 1972 vor.

Eröffnung des Teilabschnitts Wiggertal bis Emmen in Reiden der Autobahn N2 (später A2) am 2. Juli 1981.
Eröffnung des Teilabschnitts Wiggertal bis Emmen der Autobahn N2 (später A2) 1981 in Reiden. (Bild: Emanuel Ammon / AURA)

Die Opposition formt sich

Bei der Präsentation des Ausführungsprojekts in den umliegenden Kommunen zeigten sich bereits erste Skeptiker. Die Gemeinde Eich sollte durch den Bau der Autobahn entzweigeschnitten werden. Konfrontiert mit dieser Realität formierte sich eine kommunale Opposition. Auf einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung im März 1971 in Eich sprach sich die grosse Mehrheit gegen den Autobahnbau aus. Die Bürgerinnen verlangten eine Verschiebung der Nationalstrasse auf die Westseite des Sees. Falls man die Autobahn trotz ihres Protestes bauen sollte, forderten sie die Berücksichtigung verschiedener Elemente wie den Naturschutz und die Begrenzung des Lärmpegels.

Es bildete sich in der Folge gar ein Verein, welcher wiederholt beim Bundesgericht in Lausanne eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Bau der N2 einlegte. Zunächst hatten sie damit Erfolg. Der Bau der Autobahn war ursprünglich auf Anfang 1972 angesetzt gewesen. Durch ihre Beschwerde konnten sie Zeit gewinnen und so den Bau der N2 vorerst verschieben.

Franz Weber: «Die Strassenschlacht bei Sempach»

Um ihrem Begehren Gehör zu verschaffen, begann die Opposition, sich an die Öffentlichkeit zu richten. Mithilfe des Journalisten und Umweltschutzaktivisten Franz Weber startete sie eine Kampagne. Im Juni 1972 veröffentliche Weber in der Schweizer Illustrierten einen Artikel über den geplanten Bau der Autobahn mit dem aufsehenerregenden Titel: «Die Strassenschlacht bei Sempach.» Dort klagte er die Landschaftszerstörung an, welche der Bau der N2 auslösen würde.

Trotz ihrer Bemühungen erlebte die Opposition 1973 herbe Rückschläge. Die beim Bundesgericht eingelegten Beschwerden wurden sowohl vom Bundesrat als auch vom Bundesgericht abgelehnt. Am 28. Dezember 1973 genehmigte Bundesrat Hans-Peter Tschudi schliesslich das definitive Projekt.

Im September 1973 hatte der Zuger Bundesrat Hans Hürlimann aber eine Luzerner Delegation empfangen. Im Dialog kam auch die Gemeinde Eich zur Sprache. Sie beantragte den Bau eines Tunnels, um ihren Dorfkern zu schützen und die Lärmemissionen zu mindern. Hürlimann akzeptierte den Vorschlag der Gemeinde und autorisierte den Kanton mit dem Bau eines Tunnels unter Eich.

Bundesrat Hans Hürlimann hatte sich f¨r den Bau eines Tunnels eingesetzt. Hier bei der Eröffnung der Autobahn N2.
Bundesrat Hans Hürlimann hatte sich für den Bau eines Tunnels eingesetzt. Hier bei der Eröffnung der Autobahn N2, wo er das letzte Puzzlestück einfügte. (Bild: Emanuel Ammon / AURA)

Finaler Versuch gegen Autobahnbau

Auf Antrieb von Franz Weber wurde am 2. März 1975 über die kantonale Volksinitiative «Gegen eine Autobahn am Sempacherseeufer» abgestimmt. Ziel der Initiative war es, den Kanton zu verpflichten, bei der Bundesversammlung eine Standesinitiative einzureichen. Mithilfe dieser sollte eine Grundlage geschaffen werden, welche die Landschaft am Ostufer des Sempacher Sees so wenig wie möglich verunstaltete. Ein Vorschlag war unter anderem der erwähnte Tunnelbau in Eich.

Auch wenn die Standesinitiative bei der Bundesversammlung wohl keine hohen Erfolgschancen gehabt hätte, ging es darum, ihr Vorhaben noch einmal zu unterstreichen. Und damit hatten sie Erfolg. Um eine, wenn auch unwahrscheinliche, Niederlage zu vermeiden, ging der Regierungsrat auf ihre Forderungen ein. Dem Tunnelbau in Eich wurde somit stattgegeben.

Durch eine hartnäckige Opposition und die Kompromissbereitschaft des Bundes wurde die Autobahn N2 schliesslich unter Berücksichtigung aller Involvierten gebaut. 1981 wurde der Abschnitt für den Verkehr freigegeben.

Verwendete Quellen
  • Merki, Christoph Maria. (1996): Die Strassenschlacht von Sempach. In: Jahrbuch der Historischen Gesellschaft Luzern.
  • Schmutz, Jürg. (2012): Sempachs Strassenschlacht.
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