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Wenn Bundesrätinnen unsere Münzen zierten

Des Kaisers neue Münzen: Zuger Funde sagen viel aus

Römische Münzen: Das an die Palme gefesselte Krokodil (unten links) steht symbolisch für einen Sieg über die Ägypter, der leere Triumphwagen (Mitte links) für einen unentschiedenen Bürgerkrieg. Römische Münzen vom Zugerberg. (Bild: Amt für Denkmalpflege und Archäologie Zug)

Helvetia oder ein Alphirt ziert seit über hundert Jahren das Münzgeld der Schweiz. Anders verhält es sich in Monarchien oder Kaiserreichen, in denen die Münzen üblicherweise das Porträt des Herrschers zeigen. Selbst von Kurzzeitherrschern fanden Münzen innert kurzer Zeit den Weg nach Zug, wie Funde belegen.

Die römische Münzprägung wirkt sich bis heute auf die europäische Münzenherstellung aus: Sie beginnt mit der römischen Herrschaft in Europa. Ab etwa 100 n. Chr. und bis ins 3. Jahrhundert war Rom Zentrum der Macht und der Münzherstellung. Die römischen Kaiser nutzten Münzen als Informationsträger.

Als «metallene Zeitungen» verbreiteten sie ihre Botschaften möglichst rasch in die entlegensten Winkel des Reiches. So war die Vorderseite der Münzen mit einem Porträt des Kaisers verziert, damit alle im Reich wussten, wer der aktuelle Herrscher war. Die Rückseite berichtete von kaiserlichen Heldentaten, zeigte Gottheiten, die Kaiserin, politische Ereignisse, Familienzugehörigkeiten usw.

Triumphwagen und angekettete Krokodile

Ein anschauliches Beispiel dafür sind die Münzfunde aus dem Eielenwald in Zug-Oberwil. Eine Münze zeigt einen leeren Wagen, der von vier Pferden gezogen wird und mit einem Adler und einem Blitzbündel verziert ist. Die Symbole kennzeichnen das Gefährt als Triumphwagen, mit dem der Sieger einer Schlacht normalerweise im Triumphzug durch Rom fuhr. Der Triumphwagen ist leer, weil diese Münze während eines Bürgerkriegs 88 v. Chr. geprägt wurde. Zur Zeit der Prägung war nicht klar, wer als Sieger aus dem Konflikt hervorgehen würde. Eine weitere Münze zeigt ein an eine Palme angekettetes Krokodil. Es symbolisiert die Unterwerfung Ägyptens.

Im Römischen Reich verloren Münzen mit Bildnissen des alten Kaisers ihren Wert nicht, sondern waren viele Jahre im Umlauf. Dennoch lag es im Interesse eines neuen Kaisers so rasch wie möglich Münzen mit seinem Porträt in Umlauf zu bringen, um seine Machtergreifung in entlegenen Gebieten zu verkünden.

Abbildung: Kaiser Quintillus auf einer Münze, die im Bereich der Baarburg gefunden wurde.
Kaiser Quintillus auf einer Münze, die bei der Baarburg gefunden wurde. (Bild: Amt für Denkmalpflege und Archäologie Zug)

Neuigkeiten konnten auch ohne Neue Medien übermittelt werden

Aus der Zentralschweiz belegen zwei Münzen, wie rasch mit der Neuprägung von Münzen begonnen wurde: Die Kaiser Quintillus und Florianus waren beide nur sehr kurz im Amt, beide könnten der britischen Kurzzeit-Premierministerin Liz Truss Konkurrenz machen. Quintillus regierte im Jahr 270 n. Chr. zwischen 17 und 77 Tagen und Florianus von Juli bis September des Jahres 276 n. Chr. Trotzdem fanden Münzen dieser Kaiser den Weg nach Zug. Eine der Münzen stammt aus der Nähe der Baarburg und eine aus dem Äbnetwald.

Um Münzen in allen Provinzen in Umlauf zu bringen, gab es vielschichtige Verteilungsmechanismen. So wurde etwa Geld für die Soldzahlungen der Legionäre in die Provinzen gebracht. Kupfer- und Messingmünzen waren auch ein Handelsgut, deren Transport von Privaten organisiert und mit einem leichten Wechselgewinn weiterverkauft wurden.

Je nachdem, mit welchem Transportmittel die Münzen in die Gebiete der heutigen Schweiz gebracht wurden, konnten neu geprägte Münzen innert weniger Wochen ihr Ziel erreichen. Ein Ochsenkarren (12 km pro Tag), gefüllt mit Münzen aus Rom, hätte etwa in 40 Tagen die Zentralschweiz erreicht. Ein schnellerer Wagen, der von Pferden (67 km pro Tag) gezogen wurde, benötigte etwa acht Tage. Auch ohne moderne Medien wie Internet, Fernsehen und Radio schafften es die Römer mit diesen Mitteln, Neuigkeiten und Propaganda relativ rasch im Reich zu verteilen.

Abbildung: Kaiser Florianus auf einer Münze, die im Bereich der Äbnetwald gefunden wurde.
Kaiser Florianus auf einer Münze, die im Äbnetwald gefunden wurde. (Bild: Amt für Denkmalpflege und Archäologie Zug)

Porträt des Herrschers ziert auch heute noch die Münzen

Doch was passiert in moderner Zeit, wenn eine Monarchin stirbt? Der Tod von Königin Elizabeth II zeigt, welche Prozesse ausgelöst werden. Nach ihrem Tod sollte das Geld in England und den Commonwealth-Staaten – wie in römischer Zeit – mit einem Porträt des neuen Herrschers verziert werden.

Die «Bank of England» hat bereits ein Design für eine 5-Pfund-Gedenkmünze und eine 50-Cent-Gedenkmünze veröffentlicht, die das Bildnis von König Charles sowie Porträts der Königin zeigen. Die 50-Cent-Münze wird noch vor Ende des Jahres für den allgemeinen Gebrauch zur Verfügung stehen. Übrigens wird König Charles mit Blick nach links dargestellt, der Tradition folgend in die entgegengesetzte Richtung seiner Vorgängerin.

Design der 5 Pfund Münze mit King Charles Porträt.
Design der 5-Pfund-Münze mit King-Charles-Porträt. (Bild: Royal Mint)

Bundesräte auf Schweizer Münzen?

Anders als im römischen Reich gibt es für die Commonwealth-Staaten keine Einheitswährung, weshalb unterschiedlich auf den Tod der Königin reagiert wird: Australien etwa wird im Verlauf des nächsten Jahres mit der Prägung von Münzen mit dem Bildnis von König Charles III. beginnen. Kanada hat diesbezüglich noch keine definitive Entscheidung getroffen. Eine Meinungsumfrage ergab, dass 56 Prozent der Kanadier die Verwendung des Porträts von König Charles III. auf Münzen ablehnen würden. Im Unterschied zu den römischen Provinzen haben die Commonwealth-Staaten also die Hoheit über das Aussehen ihres Geldes.

In der demokratischen Schweiz zieren keine aktuellen Politiker die Münzen, sondern Figuren, die wichtig für die Schweizer Identität sind. Über die Frage, wie lange eine Neuprägung in der Schweiz dauern würde, wenn aktuelle Bundesräte unser Geld zierten, wollen wir an dieser Stelle nicht spekulieren.

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