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Drei Sagen berichten vom grossen Sterben in Zug

Der Schwarze Tod kam mit dem Schiff

Der Schwarze Tod machte auch vor den Toren Zugs nicht halt. (Bild: Museum für Urgeschichte(n) Zug)

Währen das Corona-Virus im Kanton Zug unlängst ein erstes Todesopfer forderte, sind im Verlauf der letzten grossen Pestwelle von 1628/29 wohl rund ein Drittel der Bewohner des Kantons Zug gestorben. Eine traurige Zeit, denn es verging kein Tag, an dem nicht die Totenglocken läuteten.

In diesen Tagen wird in allen Medien viel über die Viruskrankheit Covid-19 geschrieben. Wie uns aber die Geschichtsbücher lehren, gab es schon lange vorher immer wieder Epidemien oder Pandemien, mit verheerenden Folgen.

Über ansteckende Krankheiten berichteten schon römische und griechische Geschichtsschreiber. So war die Attische Seuche, die während der Belagerung der Spartaner in Athen grassierte, dafür verantwortlich, dass rund ein Viertel der Bevölkerung daran starb.

Die Auswirkungen waren fatal. Die Seuche wurde für den Niedergang der griechischen Kultur verantwortlich gemacht.

Die grosse Pest im Spätmittalter und in der Neuzeit

Die grosse Pest, die von 1347/48 grassierte, hat rund ein Drittel der europäischen Bevölkerung dahingerafft. Mit grosser Sicherheit war auch der Kanton Zug betroffen, darüber sind leider keine Informationen überliefert.

Auch die späteren, immer wieder kehrenden Ausbrüche, sind nur schwach dokumentiert. Über die letzte grosse Welle von 1628/29 findet man in den Sterbebüchern wohl Angaben, aber diese korrespondieren nicht mit den Angaben der Chronisten aus dieser Zeit.

Eine Erklärung, wie sie aus einem Beitrag des Staatsarchivs zu entnehmen ist, wäre, dass in den Pfarreien während dieser Zeit, der Pfarrer wohl kaum Zeit fand auch noch die Sterbebücher zu führen.

Auch in den doch zahlreichen Sagen im Kanton Zug erzählen nur drei Geschichten vom «Schwarzen Tod».

Die schwarze Peschtbote

Der Schwarze Tod, so wie die Beulenpest auch genannt wird, kam mit einem Schiff in Zug an. In der Erzählung heisst es: «Es isch en wunderschöne Summertag gsii, de Muttergottestag (15. August, Maria Himmelfahrt) im Johr 1628». Die Stadtbürgerinnen- und bürger von Zug sassen unter der schattigen Linde am See, waren in guter Laune und haben die letzten Sonnenstrahlen an diesem Abend genossen.

Nur einer unter all den dort versammelten Menschen schien etwas zu bedrücken. Er habe schlechte Nachrichten aus der Rheinstadt Basel bekommen. Das schwarze Gespenst – die Pest – sei wieder am Wüten. Die Bewohner haben sich daraufhin schnell in ihre Häuser zurückgezogen.

Ein paar wenige standen noch nahe am See, als sich etwas Eigenartiges zutrug. «Sie hend gseh, wie öppis grosses Gschpässigs über de See uf sie zue chunnt. Uf dem Schiff sind alles schwarzi Gstalte gsii. S isch rund ume totestill gsii und mer het nume d Chettene uf dem Schiff ghört rassle.»

Als das Schiff angelegt hatte, stiegen drei dunkle Gestalten vom Schiff. Keiner von denen sprach ein freundliches Wort. Nur einer hat zu den anderen zwei gesprochen: «Ich bliibe da und tue usfüehre, was mer ufträit worde isch. Ihr gönd ufs Land und machet det, was mer euch gseit het!»

Die drei Gestalten entfernten sich und das Schiff glitt langsam wieder in den See hinaus. Am anderen Morgen lagen schon die ersten Pesttoten auf den Totenbahren. So ist die Pest ins Zugerland gekommen.

D Frau im Äsch

Die zweite Geschichte handelt von der « Frau im Äsch». In Walchwil läutete die Totenglocke jeden Tag. Es gab Familien, so will es die Sage, wo bis zu fünf Leute auf den Kirchenhof getragen werden mussten. Die Menschen hatten grosse Angst und trauten sich nicht mehr auf die Strasse.

Im Äsch, einer der ältesten Höfe in Walchwil, lebte eine alte Frau. Rundum waren schon längst alle Menschen gestorben. Diese Frau aber hat sich mit ihrem Geissbock in der Stube eingeschlossen und wollte nicht mehr raus kommen, bis das grosse Sterben ein Ende hatte.

Geissbock. (Bild: zvg)

Der Geissbock stank so stark, dass es sogar den Teufel grauste. Die alte Frau war fest überzeugt, dass genau dieser Gestank sie vor der Pestkrankheit schütze. Sie fütterte und schaute gut zum Bock, so dass er noch mehr stank. Dann endlich im Dezember 1629 hatte die fürchterliche Pest ein Ende und die Totenglocke läutete nicht mehr.

Die Frau im Äsch öffnete ihre Stubentür und ging wieder aus dem Haus. Auch der stinkige Geissbock durfte endlich wieder nach draussen. Sie selber, so hat man sich erzählt, habe noch lange gelebt.

Die Geschichte vom Ägerer Bauer

Eine weitere Erzählung ist die von einem Ägerer Bauer. Tatsächlich wies das Ägerital eine der höchsten Sterblichkeitsraten während dieser Zeit auf.

«S zwöite Gsicht» berichtet, wie der Horbarcher Bauer aus dem Ägerital, nachdem die Pest fast vorbei gewesen war, einen Leichenzug an seinem Fenster vorbei ziehen sah. Er wollte sehen, wem die Beerdigung galt.

Ziemlich erstaunt war er, als er zuhinterst einen Mann mitlaufen sah, der einen roten Strumpf trug. In diesem Moment drehte sich der Herr um und er erkannte sich selber darin. Ein paar Tage später erlag er der Pest. Als er beerdigt wurde hörte man eine laute, tiefe Stimme über den Kirchenhof rufen «Ässid Enzian und Pimpernell, wer em Tod uswiche will».

Danach sei wirklich niemand mehr an der Pest gestorben.

Was heute noch hilft

Die Pest versetzte die Menschen in Angst und man sah die Krankheit als Strafe Gottes für das sündige Leben. Zuflucht und Trost boten dabei der Glaube an Gott. Es wurden Bitt- und Bussprozessionen gehalten. Man verehrte den Hl. Rochus oder den Hl. Sebastian.

Die Sebastiansbruderschaft wurde gegründet und Kapellen gestiftet. Zur Kapelle des Hl. Sebastian in Baar bei Inwil fanden ab 1640 jährliche Prozessionen statt.

Kapelle St. Sebastian bei Baar-Inwil. (Bild: zvg)

Aus diesen drei Geschichten gibt es ein paar Ansätze, die bis heute ihre Richtigkeit haben. Das «Social Distancing», Abstand halten zu anderen Mitmenschen und in der Stube ausharren – nicht zwingend mit einem stinkigen Geissbock – ist sicher eine gute Prävention.

Ob unterstützend ein bisschen Enzian und Pimpernell (Pimpinella saxifrago) auch noch helfen, sei aber dahin gestellt.

St. Sebastian aus der gleichnamigen Kapelle bei Baar-Inwil. (Bild: zvg)
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