Das steckt hinter den Zuger Zunft- und Fasnachtsbräuchen
Zunftbräuche gehören zu Zug wie der Zugerberg oder der Kolinbrunnen. Drei bekannte Zunftanlässe sind die «Chesslete», der «Güdelmändig» und das «Chröpfelimee-Singen», welche jeweils im Winter stattfinden. Auch dieses Jahr nahmen tausende Zuger daran teil. Doch worum ging es bei den Anlässen überhaupt?
Zwischen dem Mittwoch vor dem Agathatag und der Alten Fasnacht am Sonntag nach dem Aschermittwoch beleben traditionsreiche Zunft- und Fasnachtsbräuche die Strassen und Plätze der Stadt Zug. Gemeinsam haben sie eine gewisse Lautstärke sowie kulinarische Leckerbissen und sie gehören zu den lebendigen Traditionen in der Schweiz.
Heiserkeit für Leckereien
Den Auftakt in die winterliche Brauchtumssaison macht alljährlich das «Bäckermöhli» (Bäckermahl) am Mittwochnachmittag vor dem Agathatag (5. Februar). Die heilige Agatha, eine frühchristliche Märtyrerin aus Sizilien, ist die Schutzpatronin der Zunft und Bruderschaft der Müller, Bäcker und Zuckerbäcker der Stadt Zug.
An diesem Tag findet das sogenannte «Hauptbot», eine Art Generalversammlung dieser Zunft statt. Nach ihrem Mittagsmahl («Möhli») veranstalten die Zünfter eine Bescherung für die Kinder. Diese versammeln sich zuerst am Kolinplatz vor dem Hotel Ochsen und später auf dem Fischmarkt vor dem Restaurant Aklin. Dort schreien sie laut «Bäckermöhli, Bäckermöhli!» und versuchen, mit ihren Rufen die begehrten Gaben der Zünfter wie Mutschli, Guetzli, Orangen und Würstli zu erhaschen.
Vom Balkon des Hotels Ochsen werfen die Herren die Leckereien den am lautesten rufenden Kindern zu. Mutige Zunftbrüder mischen sich unter die laute und bunte Kinderschar und verteilen die Gaben persönlich.
Guggenmusikklänge im Morgengrauen
Am Schmutzigen Donnerstag um 5 Uhr beginnen die Zuger Fasnachtstage lautstark mit der «Chesslete» auf dem Landsgemeindeplatz. Früher wurde zur Stärkung Mehlsuppe ausgeschenkt, heutzutage gibt es im Foyer des alten Rathauses am Fischmarkt einen Familien-Zmorgen. Am Nachmittag findet der traditionelle Kinder- und Schülerumzug statt, dessen grosses Finale eine Konfettischlacht auf dem Bundesplatz ist. Die Guggenmusiken spielen danach weiter auf diversen Bühnen in der ganzen Stadt und die mitreissenden Stücke verklingen erst wieder in der Nacht auf Freitag.
Während früher Blaskapellen, bewaffnete Soldaten und Pferdewagen den Fasnachtsumzug ausmachten, sind es heute kunterbunte, freche Guggenmusiken, Wagen mit aktuellen Sujets aus Politik und Gesellschaft oder Gruppenmasken. Auf Pferde wird zum Tierwohl vermehrt verzichtet.
Schreihälse und «Süüblootere»
Am «Güdelmändig» (Fasnachtsmontag) findet das «Hauptbot» der Zunft der Schreiner, Drechsler und Küfer der Stadt Zug statt. Ihren Zunfttag beschliessen sie mit einem Gang durch die Altstadt, zusammen mit Greth Schell und ihren sieben Begleitern mit Narrenkappen, den «Löli». Diese verteilen Leckereien an die Kinder.
Wie das Bäckermöhli ist auch «Greth Schell» ein sogenannter Heischebrauch, bei dem die jungen Schaulustigen durch lautes Rufen Gaben erbitten. Dieses Mal lautet das Zauberwort «Greth Schällebei, Greth Schällebei!» und wer am lautesten schreit, erhält mit Glück Orangen, Mutschli, Würstli, Guetzli und Süssigkeiten. Wer Pech hat, wird unsanft von einem Schlag der «Süüblootere» (Schweinsblasen in Ballonform) der Lölis getroffen. Damit verschaffen sich die Maskierten bei besonders vorwitzigen Kindern Respekt.
Greth Schell ist eine alte Zuger Fasnachtsfigur. In gewissen Quellen wird diese mit der Zuger Lehrerin Margaretha Schell in Verbindung gebracht. Laut der Überlieferung holte sie allabendlich ihren betrunkenen Mann aus der Gaststube und musste ihn in der Hutte (Tragkorb) nach Hause tragen. Begleitet wurde sie jeweils von den Trinkkumpanen ihres Mannes, den Löli, die sich über sie lustig machten.
Bei der heutigen Maske von Greth Schell und ihrem Mann ist die Frauenfigur erst auf den zweiten Blick sichtbar. Denn ihr Oberkörper ist vorne an der Hutte als Puppe angehängt, während der Mann im Tragkorb steht, gestikuliert und die begehrten Gaben verteilt.
Chröpfelimee
Ganz im Zeichen der Liebe steht das Chröpfelimee-Singen an der Alten Fasnacht (Sonntag nach dem Aschermittwoch). Kostümierte Singende und Musizierende bringen Verlobten oder frisch Verheirateten ein Ständchen und erhalten im Gegenzug für ihren Gesang «Chröpfli» (Blätterteigkrapfen mit süssen Füllungen) und Wein.
Rote Lichter und Kerzen vor den Fenstern weisen den Chören den Weg zu den Liebespaaren. Diese geniessen die musikalischen und oft humoristischen Einlagen vom Fenster oder vom Balkon aus und lassen den Singenden ihre Gaben in einem geschmückten Korb an einem Seil herunter (siehe auch unsere Bilder vom letzten Anlass).
Organisiert wurde dieser Brauch bis 2008 jahrzehntelang von der Trachtengruppe der Stadt Zug. Heute ist die Zunft der Schneider, Tuchscherer und Gewerbsleute der Stadt Zug verantwortlich für die Organisation des Chröpfelimees.
Der Brauch soll darauf zurückgehen, dass junge Frauen ihre Tanzpartner nach den Fasnachtsbällen zu sich nach Hause eingeladen haben. Neugierige Freunde wollten die junge Liebe mit einem Ständchen anfeuern. Als Lohn für den Gesang erhielten sie jeweils Krapfen und Wein und wenn ihnen die Ausbeute zu mager erschien, riefen sie: «Chröpfeli meh, Chröpfeli meh!» (mehr Krapfen). Heute zieht der Gesang der ambulanten Chöre Liebhaber dieses Brauchs aus der ganzen Region an.
Für Zuger Schulklassen bietet das Museum Burg Zug eine kostenlose Führung an, in der sie die Bräuche und Feste ihres Heimatkantons besser kennenlernen können.
Martina Müller, 07.03.2020, 13:19 Uhr Schöne Beschreibung und Bilder!
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