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Noch heute gibt es Geister und unheimliche Geschichten

Arme Seelen und unerlöste Tote spuken im Kanton Zug herum

Allenwinden Landschaft mit altem Bauernhaus und Wegkreuz. (Bild: zvg)

In Allenwinden oder Oberwil haben Mägde, oder junge Frauen, ihre unehelichen Kinder im Brunnen oder Bach ertränkt. Als «unerlöste Seelen» müssen sie für ihre Taten auch nach ihrem Tod noch büssen. Zur Winterszeit sind diese Phänomene besonders stark zu spüren.

In vielen Sagen wird über Geister und «unerlöste Seelen» oder unerklärliche Phänomene berichtet. Meist gibt es in den Geschichten keinen historischen Bezug. In der Innerschweiz gehören diese Sagen jedoch zu einem lebendigen Erzählgut.

Betroffene, die mit übernatürlichen Phänomenen konfrontiert wurden, behielten diese prägenden Erlebnisse meist für sich oder teilten sie nur im engsten Kreis. Letztlich wurden solche Begebenheiten auch von der Kirche tabuisiert.

Die Innerschweiz hat viele solche Schauplätze zu bieten. In einigen bekannten, wie dem Jollerhaus in Stans, das vor ein paar Jahren abgerissen wurde, soll es bis zuletzt heftig gespukt haben. An anderen Orten wie im Änziloch bei Romoos, wo immer wieder eine Frau in weissem Gewand erscheint, geschieht dies bis zum heutigen Tag.

Wegkreuze und Geisterwege

Wo Wegkreuze stehen, kreuzen sich die Strassen der Geister mit jenen der Menschen, weiss der bekannte Luzerner Volkskundler Kurt Lussi. Kreuze dienen an bestimmten Orten als Schutzzeichen gegen Dämonen oder das Wilde Heer. Das sind die Geisterzüge, die auf genau bestimmten Wegen durch die Gegend ziehen. Dabei handelt es sich um Menschen, die meist vor ihrer Zeit, eines nicht natürlichen Todes gestorben sind. Wer sich dem Wilden Heer in den Weg stellt, so heisst es in vielen Sagen, wird von diesem mitgenommen.

Im Kanton Zug gibt es zahlreiche Wegkreuze. Alleine auf dem Baarer Gemeindegebiet beispielsweise stehen über 20 und in Menzingen rund 50 Kreuze. Ein Wegkreuz diente früher auch als Wegweiser oder wurde als Symbolzeichen für den Frieden (Friedenskreuz bei der Büni Baar) aufgestellt.

Wegkreuze dienten früher als Wegweiser. (Bild: zvg)

Geisterorte in Oberwil und Allenwinden

Verwunschene Orte, an denen es gespukt haben soll, gibt es einige in unserer Region. Zum Beispiel hat auf dem Geissboden ob Zug, dort wo der Mühlebach aus dem Boden kommt und nach Oberwil fliesst, vor langer Zeit ein Bauer gelebt. Der Bauer hat eine junge Frau geschwängert, worauf diese ihr unehelich geborenes Kind nach der Geburt beim Mühlebach ins Tobel geworfen hat.

Sie musste für diese schreckliche Tat auch nach ihrem Tod büssen. Das Mühlibachwiib, wie sie genannt wurde, erscheint in einer altertümlichen Tracht gekleidet. Oben am Bach steht ein grosser Stein, der sehr abgetragen aussieht. Die Sage erzählt, dass sie dort vermutlich ihr Kind getötet hat. Manche wollen sie schon am helllichten Tag dort gesehen haben, wie sie ihre Wäsche wäscht.

Besuch vom Mühlibachwiib

Eines Tages hat ein übermütiger Jugendlicher aus Oberwil diesen Stein auf schändliche Art beschmutzt, war sich aber der Konsequenzen wahrscheinlich nicht bewusst. Als er an besagtem Abend im Bett lag, verschwendete er keinen Gedanken mehr daran. Mitten in der Nacht hat es an seiner Haustür gepoltert und geklopft, an Ruhe war nicht mehr zu denken. Der Schreck ist ihm wohl recht in die Knochen gefahren, als er das Mühlibachwiib vor seinem Haus stehen sah.

Sie befahl ihm unmissverständlich, den Stein sofort zu reinigen, den er am Tag verschmutzt hat. Es war ihm nicht geheuer, mitten in der Nacht an den Mühlebach zu gehen um den Dreck zu beseitigen. Sie tat ihm jedoch nichts, sondern wartete bis er diesen gesäubert hatte und war zufrieden.

Ein anderes Mal haben zwei Burschen vom Walchwilerberg behauptet, sie hätten das Mühlibachwiib gesehen. Einer der beiden wurde zudem gewarnt, sich nicht an der Stelle zu zeigen, wo sie sich aufhielt. Der junge Mann hielt sich nicht daran und als ihm die Gestalt erschienen ist, konnte er sich daraufhin nicht mehr vom Platz bewegen. Als es dann wieder möglich war, sei er nach Hause und ins Bett gelegen, worauf er schwer krank wurde.

In der Nähe des Wildishofs mussten einmal zwei Knechte die Kühe bewachen. Sie hielten sich die Nacht hindurch wach, indem sie sich Geschichten erzählten. Irgendwann kamen sie auf das Mühlibachwiib zu sprechen und haben sich aus dem Stall auf die Weide begeben. Beide haben sich gegenseitig angestachelt, den Geist herbeizulocken.«Chumm, Mühlibachwiib, zeig dich, wenns neumis mit dier isch», haben sie sie herbeigerufen und sind schleunigst in den Stall zurückgerannt und haben die Stalltüre geschlossen.

Kaum war dies geschehen, hat es einen grossen Knall gegeben, dass das ganze Haus gezittert hat, so, als ob jemand einen mächtigen Stein dagegengeworfen hat.

Der Grüthergeist

In Allenwinden ist der Grüthergeist in der Nähe des Schwarzenbach-Hofes im Grüth unterwegs. Dort schwebt er über Matten und Felder. Meist sitzt er aber bei einem alten Sodbrunnen. Wenn die Kirchenuhr zur mitternächtlichen Stunde schlägt, erscheint er.

Der Grüthergeist war zu Lebzeiten eine Magd. Sie hat ihr uneheliches Kind nach der Geburt in den Brunnen geworfen. Nach dieser schrecklichen Tat ist sie schnell in ihre Kammer zurück. Dort ist ihr aber ihr getötetes Kind entgegengeschwebt.

Sie konnte hingehen, wohin sie wollte, überall erschien ihr ihr Kind. Sie kam vor Gericht und musste ihr Verbrechen zugeben. Der Scharfrichter hat darauf sein Amt ausgeführt und die Magd wurde gehängt. 

Der Grüthergeist war früher eine Magd. (Bild: zvg)

Aber auch nach ihrem Tod kam sie nicht zur Ruhe. Sie muss seither als Grüthergeist für ihre Sünde büssen.

In mancher Nacht hat sie eine Laterne in der Hand. Drei Mal geht sie dann zum Brunnen und wirft jedes Mal ein Steinchen runter. Beim letzten Schlag der Kirchenglocke steht sie auf den Brunnenrand und springt mit einem lauten Wehklagen in den tiefen Brunnen.

In dieser Landschaft bei Grueth – Allenwinden spukt der Grüthergeist umher. (Bild: zvg)

Räuchern, segnen und beten gegen böse Geister

Bis heute haben sich viele Rituale bewahrt, die gegen Geister oder Dämonen helfen. Insbesondere während der Rauhnächte, vom 25. Dezember bis zum Dreikönigstag, dann sind die Geister besonders aktiv.
Mancherorts ist es Brauch, Haus, Hof und Stall zu räuchern und zu segnen. Oftmals begleitet mit lautem Knallen und Lärmen, vor allem an Silvester. Am Sonntag, 22. Dezember 2019, werde ich am Lichterweg in Baar einen Sagenspaziergang durchführen.

Wenn Sie mehr über Geister, Sagengeschichten und Rituale während der Rauhnächte hören möchten, ist das eine gute Gelegenheit. Mehr Infos unter lichterweg-baar.ch oder mariagreco.ch.

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Ob Hintergründe zu alten Gebäuden, Geschichten zu Plätzen, stadtbekannte Personen, bedeutende Ereignisse oder der Wandel von Stadtteilen – im «Damals»-Blog werden historische Veränderungen und Gegebenheiten thematisiert.
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1 Kommentar
  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 10.12.2019, 16:06 Uhr

    Ihre Spaziergänge sind ein Erlebnis

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