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Traum einer internationalen Fotostadt scheiterte

Als die Fotografie Luzern eroberte

Familienporträt, Carte de Visite, Jules Bonnet, um 1870. (Bild: ZHB Luzern, Sondersammlung, Sign.: PS 23.1))

Fotografische Bilder kamen im 19. Jahrhundert auf und verbreiteten sich rasch, auch in Luzern. Die Fotografie als teures Gut wurde bald erschwinglich; ähnlich wie die heutigen Panini-Bildli wurden Fotos fürs eigene Album getauscht.

Kaum war das erste kommerziell nutzbare fotografische Verfahren – die sogenannte Daguerreotypie – in Paris erfunden worden, machten auch die ersten Wanderfotografen in Luzern Halt. L.Fr. Compar, vermutlich der erste, reiste 1840 nach Luzern. Am 10. Mai 1840 richtete er im «Weissen Rössli» am Mühleplatz sein Atelier ein und präsentierte in zwei Sitzungen dem interessierten Publikum das neuartige Verfahren.

Die kostbaren Daguerreotypien von Kompass, wie er auch genannt wurde, sind leider nicht erhalten geblieben.

Porträt einer jungen Frau, Daguerreotypie, Kaspar Grütter, um 1855. (Bild: Historisches Museum Luzern, HMLU 05131)

Das teure und aufwendige Verfahren fand zuerst allerdings nur in gehobenen Kreisen seine Abnehmer. Erst als sich die Technik änderte und mit ihr der Preis, entdeckten mehr Luzernerinnen und Luzerner das neue Medium für sich.

«Kartomanie» erfasste das Volk

Mit den sogenannten «cartes de visite» schaffte die Fotografie in Luzern wie andernorts endgültig den Durchbruch. Auch wenn das Verfahren den einfachen Bürger immer noch etwas kostete – ein Dutzend Abzüge bekam man für etwa 5–6 Franken –, war es für einen Grossteil der Luzerner Bevölkerung dennoch erschwinglich.

Die 6x9 cm kleinen Bilder tauschte man, wie später Panini-Bilder, mit Verwandten sowie Freunden und steckte sie in eigens dafür angefertigte Alben. Es entstand eine regelrechte «Kartomanie», wie Satiriker das neue Phänomen nannten.

Familienporträt, Carte de Visite, Jules Bonnet, um 1870. (Bild: ZHB Luzern, Sondersammlung, Sign.: PS 23.1)

Mit der gesteigerten Nachfrage nach fotografischen Produkten kam es zu mehreren Ateliergründungen. Ein erster Fotograf, Jost Greber, errichtete sein Atelier am Schwanenplatz, Jules Bonnet, der unbestrittene Primus jener Jahre in Luzern, liess sich an der Zürichstrasse nieder, und auch im Bruchquartier und am Hirschengraben folgten Atelieröffnungen.

Knabe als Mönch verkleidet, Carte de Visite, Emil Synnberg, um 1890. (Bild: ZHB Luzern, Sondersammlung, Sign.: PS 10.59)

Ab 1880 brachen goldene Jahre für die Ateliers an. Die Hochblüte zeigt sich auch in der steigenden Zahl der Ateliers: Waren es 1883 erst fünf Fotografen, stieg die Zahl drei Jahre später auf das Doppelte.

Auch auf dem Land blieben die Fotografen nicht untätig. Nur war ihre Funktion und Stellung eine andere: Vielfach waren es passionierte Künstler oder Tüftler, die als Nebenbeschäftigung mit der Fotografie hantierten. Ab den 1860er-Jahren findet man in Hochdorf Aufnahmen vom Lehrer, Goldschmied und Maler Vinzenz Halter, im Hochdorfer Umland vom Maler Johann Geisshüsler, in Sursee vom Drucker Leonz Furrer und in Beromünster vom Zeichner und Lithografen Vital Troxler.

Atelier Synnberg an der Bruchstrasse, Emil Synnberg, um 1910. (Bild: ZHB, Luzern, Sondersammlung, Sign. LSa 23.33.4p)

Die Kenntnisse eigneten sich diese Berufsleute meist selbst an. Je nach Bedürfnis der Landbevölkerung machten sie Porträtaufnahmen und Gruppenbilder, aber auch Ortsansichten oder Objektaufnahmen.

Hochwertige Bilder erst später möglich

Gleichzeitig blieb die Entwicklung in der Stadt nicht stehen: In den 1880er-Jahren schaffte die Fotografie mit der Erfindung der Gelatinetrockenplatte in Handhabung und Qualität einen Quantensprung. Die Bilder der Stadt Luzern beispielsweise, bei denen sich vorher die Berge nur blass abgezeichnet hatten, gewannen merklich an Kontur und brachten Vorder- und Hintergrund – sprich Stadt und Bergwelt – scharf aufs Bild.

Vorher war die Technik derjenigen von grafischen Ansichten schlicht unterlegen. So leistete das Medium erst gut 40 Jahre nach der Erfindung einen Beitrag, hochwertige Ansichten der Stadt Luzern zu produzieren. Damit wird deutlich, dass die Fotografie in seinen Anfängen einen weit weniger grossen Einfluss auf die Entwicklung Luzerns als Touristenstadt hatte, als lange angenommen wurde.

Schwanenplatz mit Hauptpost, Seebrücke und Pilatus, Giorgo Sommer, 1900. (Bild: ZHB Luzern Sondersammlung, LSa 7.1.2p)

Weltausstellung der Photographie floppte

Sprung in die 1950er-Jahre. Drei Jahre lang arbeitete Luzern darauf hin, eine «Weltausstellung der Photographie» ins Leben zu rufen. Die Begeisterung im Vorfeld war riesig: 2500 Fotografien von über 400 Fotoschaffenden aus mehreren Ländern würden zu sehen sein. Doch es kam anders als geplant.

Die Eintritte lagen weit hinter den Erwartungen zurück, was zu einem erheblichen Loch in der Kasse führte. Auch inhaltliche Schwachstellen in der Ausstellungsgestaltung kamen zunehmend zum Vorschein. Die Kritiken fielen ernüchternd aus. Damit platzte auch der Traum, Luzern könne sich als internationale Fotostadt etablieren.

Was bis heute geblieben ist, sind die internationalen Besucherinnen und Besucher, welche zwar nicht wegen der Fotografie, doch wegen der Stadt nach Luzern kommen, und sie mit ihrer Kamera ins beste Licht rücken.

Hinweis: Im Historischen Museum Luzern ist noch bis am 27. September eine Ausstellung zur Fotografiegeschichte Luzerns zu sehen.

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