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Hochzeit endet in Tragödie

Als 1944 in Horw das Hochzeitsschiff sank

Das später vom Nauen getroffene Unglücksschiff. (Bild: zvg)

Am 12. Oktober 1944 endet ein Freudentag in einer Katastrophe. Ein Motorboot befördert eine Hochzeitsgesellschaft von St. Niklausen in Horw nach Luzern, als es zum Zusammenstoss mit einem Nauen kommt. Während der Bräutigam den Unfall überlebt, wird seine Braut in die Tiefe gerissen.

Es ist ein prächtiger Herbsttag, ein Bilderbuchtag, der 12. Oktober 1944. Ein perfekter Tag zum Heiraten. Pia Portmann und Gottfried Studer, der bald ihr Mann werden sollte, treffen sich um 8.00 Uhr morgens mit dem Trauzeugenpaar beim Bahnhof in Escholzmatt.

Bald darauf stossen weitere Gäste zur Festgesellschaft, darunter auch Nationalrat Otto Studer. Der Zug bringt das Hochzeitspaar und sein Gefolge pünktlich nach Luzern, wo zuerst im Fotostudio von Franz Schneider die Hochzeitsfotos geschossen werden.

Dies ist schnell erledigt, muss sich die Hochzeitsgesellschaft doch schon um 10.00 Uhr in der Peterkapelle beim Kapellplatz zum Gottesdienst einfinden.

Hier ein Bild von der Hochzeit – rechts im Bild das Brautpaar Studer-Portmann. (Bild: zvg)

Nach dem kurzen Hochzeitsgottesdienst begibt sich die Gesellschaft auf das schon etwas ältere Motorboot «Schwalbe». Es soll nach St. Niklausen in Horw fahren, wo das Hochzeitsfest stattfindet. 38 Personen inklusive Bootsbesitzer machen sich auf den Weg nach Horw, obwohl das Boot nur 30 Personen transportieren dürfte.

Der Weg zum Hotel vergeht ohne – überlieferte – Probleme. Im Hotel St. Niklausen erwartet das Paar eine prächtig geschmückte Hochzeitstafel sowie ein Hochzeitsspiel und weitere Vergnügungen.

Gefeiert bis zum Schluss

Das Fest zieht sich bis in die frühen Abendstunden. Es wird gewitzelt, gelacht, Reden werden gehalten und natürlich wird gegessen und getrunken. Es war ein «fröhlich lustiges, aber immer sehr anständiges Fest», berichtet die überlebende Schwester des Bräutigams, Frieda Schneyder-Studer, später. Schon vor dem Ende der Feier verlassen fünf Gäste die Gesellschaft, darunter Nationalrat Otto Studer.

Dem Polizeirapport ist zu entnehmen, dass Studer verfrüht nach Escholzmatt zurückgekehrt ist, «um die Ankunft der Gesellschaft in der Heimat vorzubereiten».

Die verbleibenden 31 Festgesellen machen sich um ca. 20.30 Uhr auf den Weg nach Luzern zurück, um den letzten Zug nach Escholzmatt noch zu erreichen. Der Tag ist zwar sonnig und schön gewesen, doch ein Grossteil der Gesellschaft, darunter das Brautpaar, begibt sich in die Schiffskabine, um der zunehmenden Kälte zu entfliehen.

Lediglich einige der Jüngeren bleiben auf Deck und vertreiben sich die Zeit mit Gesang und Handorgelspiel.

Das Schiff sinkt

Doch dann, um 20.35 Uhr, nur fünf Minuten nach der Abfahrt in Horw, passiert das Unglück: Das Motorboot «Schwalbe» stösst beim Haslihorn, in Horw, mit dem aus Luzern kommenden Nauen «Schwalmis» zusammen. Der Bootsführer Rudolf Müller versucht zuerst, die Passagiere zu beruhigen, doch innert weniger Sekunden fliesst Wasser auf das Boot und Panik bricht aus.

Der Unfallhergang wurde rekonstruiert. (Bild: zvg)

Die Jüngeren an Deck können sich über das Bootsdach auf den Nauen hieven. Aus der Kabine, in der sich 14 Personen befinden, können gerade noch fünf Personen fliehen, darunter das Brautpaar, bevor das einströmende Wasser die Türen mit gewaltiger Kraft zudrückt und neun Menschen ohne Fluchtmöglichkeit einsperrt. Zugleich beginnt das Boot unaufhaltbar zu sinken.

Von den fünf Entkommenen überleben nur drei. Die Braut Pia Gottmann – neu Studer – sowie die Frau des Nationalrats Otto Studer ertrinken. Warum ist es dem Bräutigam Gottfried Studer nicht gelungen, seine frischvermählte Frau zu retten?

Zeugen bestätigen den Versuch, doch unterscheiden sich ihre Aussagen über den Grund des Unfalls. Der Enkel des Bräutigams Sämi Studer hat dem Unglück ein ganzes Buch gewidmet. Er schreibt: «Eine Erzählung sagt, er habe seine Braut auf den Nauen hochziehen wollen, sie sei ihm aber entglitten. Gemäss einer anderen Aussage hat das kippende Schiff ihm die Braut aus den Händen geschlagen.»

Nur 13 Überlebende

Nach dem Zusammenstoss dauert es wohl keine Minute, bis alle noch auf dem Deck stehenden Personen jäh ins Wasser stürzen. Mit Rettungsringen und Holzplanken versucht man sie zu retten. Doch die meisten können nicht schwimmen und ertrinken in Panik.

Von den 32 Personen, welche die Rückkehr nach Luzern an Bord der «Schwalbe» antraten, erreichen nur 13 lebend Luzern. Die Polizei wird zwar relativ schnell von einem Zeugen informiert, der den Zusammenstoss vom Ufer aus beobachtet hat.

Es kommt dennoch zu einer Verzögerung des Rettungseinsatzes, da die Polizei wohl keine eigenen Motorboote auf dem See unterhält und so auf Privatpersonen zurückgreifen muss. Ironie des Schicksals ist, dass sich die Stadtpolizei zuerst bei der Frau des Bootsvermieters Rudolf Müller, dem Besitzer der «Schwalbe», meldet.

Diese teilt der Polizei mit, dass «ihr Mann nicht helfen kann, da er mit einer Hochzeitsgesellschaft auf dem See unterwegs ist».

In der darauffolgenden Suche nach vermissten Personen werden jedoch keine Überlebenden gefunden. Um zwei Uhr nachts wird das Motorboot geborgen. Die Türen müssen mit Beil und Säge gewaltsam geöffnet werden, um die verbleibenden neun Opfer zu bergen.

Die Opfer des tragischen Unglücks werden von Angehörigen und Freunden zu Grabe getragen. (Bild: zvg)

Keine Antwort auf das Warum

Über den Unfallhergang bleibt vieles im Ungewissen. Der Bootsführer Rudolf Müller ist unter den Toten und kann nicht befragt werden. Fakt ist, dass beide Schiffsführer einander gesehen haben und dass kurz vor dem Zusammenprall die «Schwalbe» einen abrupten Schwenker gemacht hat. Am 12. Oktober 1944 endet für die Gemeinde Escholzmatt ein so vielversprechender Tag in einer Tragödie.

Beim Schiffsunglück in Horw verlieren 20 Personen ihr Leben, 18 davon aus Escholzmatt. Darunter befinden sich fünf Ehepaare, die 13 Vollwaisen hinterlassen.

Weitere Informationen zum Unfall finden sich im Buch: «Die Braut fiel mir aber ins Wasser» von Sämi Studer.

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