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Bin ich jetzt grad Journalistin oder Studierende?

Wie sich Uni und Job gegenseitig beeinflussen

In Presseerzeugnissen finden sich nur selten wissenschaftliche Artikel. (Bild: Pixabay)

Elena Maria Müller studiert und schreibt nebenbei für verschiedene Medien. Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Stilen fällt nicht immer nur leicht, schnell sind die jeweiligen Texte mit Stilelementen der anderen Form gefüllt. Dies führt mitunter zu gar seltsamen Blüten.

Das Studium an der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät bringt so viel Gutes mit sich. Das kritische Denken wird gefördert, soziale Phänomene und Zusammenhänge werden aus verschiedenen Perspektiven betrachtet, die Schreib-, Sprach- und Präsentationskompetenzen werden trainiert und so weiter.

Das ist auch super, wenn man neben dem Studium einer Tätigkeit im Journalismus nachgeht – immerhin müssen wir bis zum Ende unseres Studiums so einige schriftliche Arbeiten verfassen.

Da gibt es ja eigentlich auch überhaupt nichts auszusetzen – wäre da nicht dieser unheimlich anstrengende Wechsel zwischen wissenschaftlichen Ausdrucksformen und Alltagsgeschichten.

Der Zeitungsartikel bekommt einen Unititel

Vor Kurzem befand ich mich im intensiven Schreibprozess für eine meiner Seminararbeiten. Kurze Zeit später sass ich wieder in der Redaktion einer Zeitung, als ich mich dabei ertappte, wie ich mich über einen unleserlichen Titel eines Abschlussberichts lautstark ärgerte.

«Viel zu viele wissenschaftliche Floskeln in einem einzigen Satz, wer bitte soll das verstehen?», höre ich mich noch immer grummeln. Dieser Bericht diente mir nämlich als Grundlage für einen Zeitungsartikel. Nach einigen Übersetzungsleistungen und Telefonaten entstand dann tatsächlich ein lesbarer Beitrag, wie ich fand.

Dumm nur, dass mich kurz darauf meine Chefin anhaute: «Und wie ist das jetzt genau mit den unleserlichen Titeln?» Ich war noch so im wissenschaftlichen Schema drin, dass einige Seiten, am Artikel angefügt, gleich wieder einen Essay für die Uni ergeben hätten.

Wenn Mails zu Essays werden

Ähnliches passierte mir letztens beim Verfassen von E-Mails. Anstatt klar und deutlich nach einem Friseurtermin zu fragen, verstrickte ich mich in Passivformen und Tatzelwurmsätzen. Da hiess es dann plötzlich:

«Sehr verehrte Damen und Herren. In Anbetracht der zurzeit herrschenden Lage und der damit verbundenen Umstände wurde das Bedürfnis meinerseits verstärkt, meine Haarpracht einer optischen Veränderung zu unterziehen.

Infolgedessen erhielt ich eine Empfehlung dritter, mich mit Ihnen in Verbindung zu setzen, da Ihre sehr vortreffliche Arbeit in den höchsten Tönen gelobt wurde, wie im Artikel «Die besten Friseursalons haben wieder geöffnet», in: «So ziemlich jeder Zeitung», vom Mai 2020, gelesen werden konnte.

Nun erbitte ich Sie um einen Rückruf Ihrerseits, da meine Versuche, Sie telefonisch zu erreichen, kläglich gescheitert sind. Es grüsst Sie herzlich die sich auf Ihren Rückruf freuende Elena Maria Müller.»

Herzlich wenig hatte sich die Person gefreut, die mich dann zurückrief. Ob ich wohl deshalb erst einen Termin in zwei Wochen bekam?

Wenn die Ausdrucksform dann doch nicht wissenschaftlich ist

Vor einigen Tagen hatte ich die Seminararbeit mit meinem Professor besprochen. Und was stellte sich dabei heraus? In meiner Arbeit fanden sich Helvetismen wie «Grosskind» und «Morgenessen». Zudem musste ich feststellen, dass übertriebene Passivformen eigentlich auch nicht so wahnsinnig gerne gesehen werden.

Ausserdem hatte ich versehentlich Übertitel gewählt, die eigentlich eher Titeln von Zeitungsartikeln glichen als Kapitelüberschriften. So stand da plötzlich sowas wie: «Lügen, Leid und Literatur» oder «Gratwanderung zwischen Qualität und Massenprodukt».

Scheint, als stünden Studium und Journalismus in symmetrischem Zusammenhang, hab ich in der Methodenvorlesung doch noch aufgepasst.

Weniger vertrackt, mehr unterhaltend

Und was ist denn nun die Quintessenz daraus? Richtig! Der Verständlichkeit und dem Pragmatismus mehr Raum geben und vielleicht mal wieder etwas lesen oder auch schreiben, was dem puren Unterhaltungszweck dient, so wie die Story, die du gerade liest.

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Kommilitonen, Nebenjob, Credits, Wohngemeinschaften, Prüfungszeit, Ausgang, Semesterferien, Essays – Begriffe, die den Alltag von Studierenden prägen. Im Campus-Blog schreiben Studierende aus unterschiedlichen Semestern über ihr Leben in Luzern, ihre Freizeit sowie die Hürden und Freuden an der Uni oder Hochschule.
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