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Sommer, Sonne, Bachelorarbeit

Ein Ort um in Ruhe zu schreiben und vorwärts zu kommen. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Während viele Studis in den Semesterferien arbeiten oder verreisen, habe ich in diesem Sommer meine Bachelorarbeit geschrieben. Ein Erfahrungsbericht in fünf Phasen.

Während viele Studis in den Semesterferien arbeiten oder verreisen, habe ich in diesem Sommer meine Bachelorarbeit geschrieben.

Ein Erfahrungsbericht in fünf Phasen.

Juni: Gelassenheit, oder: Das erfolgreiche Verdrängen.

Es ist Juni, der Sommer beginnt und der Countdown läuft. Noch bleiben mir vier Monate bis zum Abgabetermin Anfang Oktober. Vier Monate für 40 bis 60 Seiten Text, das kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Das ist der ganze Sommer, inklusive September, mehr als eine ganze Jahreszeit.

Gemächlich und hauptsächlich um mein Gewissen zu beruhigen, beginne ich, eine Literaturliste zusammenzustellen. Bücher, Online-Artikel, Videos. Zu meinem Thema gibt es genug Material. Ich werde über Hipster schreiben, und um das gleich vorneweg zu nehmen: Ja, darüber lässt sich tatsächlich eine Bachelorarbeit schreiben. Ich werde dafür sogar eine Note und einen richtigen Universitätsabschluss bekommen. Kein Witz!

Um dieses Ziel zu erreichen, müsste ich jetzt aber arbeiten. Da meine Fragestellung noch offen ist, beschäftige ich mich stattdessen mit einer anderen, viel aktuelleren Problematik: Soll ich in der Bibliothek recherchieren oder doch draussen ein Eis essen? Vom Zucker gepusht schreibe ich nach der Pause auf mein provisorisches Titelblatt «Titelaöslfkdjasödlf» und «Hier kommt ein grandioser Untertitel hin».

Juli: Euphorie, oder: Das wird ein Kinderspiel!

Es ist heiss, draussen. Man spürt die Hitze förmlich, wenn man aus dem Bibliotheksfenster auf das KKL-Areal schaut. Hier drinnen merkt man davon aber nichts, der Raum ist klimatisiert, die Luft aufgrund der zahlreichen Studis abgestanden. Doch das realisiere ich alles gar nicht richtig, denn was die Arbeit angeht, bin ich geradezu euphorisch: Seit die Recherche- und Einlesephase zu Ende ist, schreibt sich die Arbeit praktisch von selbst!

Grobgliederung? Check!

Inhaltsverzeichnis? Check!

These? Check!

Erste Sätze? Check!

Erste Kapitel? Auch check!

Es geht alles schnell und einfach, ich schreibe und schreibe, und was ich schreibe, halte ich für treffend, interessant und präzise formuliert.

Die verbleibenden knapp drei Monate halte ich auch jetzt, ja insbesondere jetzt, für lächerlich viel Zeit.

August: Ernüchterung, oder: Die Motivation winkt mir zum Abschied zu.  

Noch gut eineinhalb Monate bis zum Abgabetermin. Es ist Zeit, aus der Hochsommer-Euphorie zu erwachen und zu realisieren, dass die Arbeit ähnlich unfertig ist, wie Ende Juli. Mit dem zentralen Unterschied, dass inzwischen einige Zeit vergangen ist. Die Kapitel sind unterdessen zwar etwas geordneter, deren Inhalt erscheint mir beim wiederholten Lesen aber plötzlich banal, die Sätze unfertig und der Satzbau ist Chaos pur.

Seit die Wochen, die mir noch bleiben, sich an zwei Händen abzählen lassen und keine diffuse Anzahl mehr sind, verlässt mich die Gelassenheit jeden Tag mehr. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ich am 1. Oktober eine fertige Arbeit abgeben soll. Was hingegen deutlich abgibt, ist meine Motivation. Mit jedem Tag beginnt mich die Hipster-Thematik mehr zu nerven. Da die Bibliothek geschlossen hat, sitze ich schreibend und kaffeetrinkend zu Hause am Küchentisch, was definitiv keine gute Ausgangslage ist. Eine WG ist ein gefährlicher Ort, wenn einen die Motivation verlassen hat, denn Prokrastrinations-Putzen/-Entsorgen/-Einkaufen ist immer möglich.

September: Stress pur, oder: Wie geht Schlafen noch gleich?

Mit jeder Stunde, die verstreicht, rückt der Abgabetermin näher. Dieser Gedanke sitzt mir Tag und Nacht im Nacken. Ich träume von der Arbeit, meine Augenringe werden jeden Tag grösser, und wann ich das letzte Mal ausgeschlafen habe, weiss ich gar nicht mehr. Dass die Arbeit fertig geschrieben, überarbeitet, korrigiert, das Literatur- und Abbildungsverzeichnis verfasst, die Arbeit noch einmal gelesen, gedruckt und gebunden werden muss, das hingegen ist mir sehr bewusst. Jetzt, so kurz vor Schluss, bestimmt diese Arbeit mein Leben. Ich schaffe es nur noch selten, sie aus meinen Gedanken zu verdrängen, meine Sozialkontakte beschränken sich auf meine Mitbewohnerinnen und den Kellner vom indischen Imbiss bei uns um die Ecke. Sport ist auf unbestimmte Zeit verschoben, und Kaffee trinke ich auch keinen mehr, der ist viel zu schwach. Energy-Drinks, die ich ansonsten nicht riechen kann, stapeln sich nun in meinem Kühlschrankfach.

Noch zwei Wochen.

Noch eine Woche.

1. Oktober: Erlösung, oder: 24 Stunden schlafen.

Ferien!

Und dann: Die Prüfungen.

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Kommilitonen, Nebenjob, Credits, Wohngemeinschaften, Prüfungszeit, Ausgang, Semesterferien, Essays – Begriffe, die den Alltag von Studierenden prägen. Im Campus-Blog schreiben Studierende aus unterschiedlichen Semestern über ihr Leben in Luzern, ihre Freizeit sowie die Hürden und Freuden an der Uni oder Hochschule.
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