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Es geht der Uni Luzern auch um Gratisarbeit

«Social Credits» sind längst nicht nur sozial

Aufenthaltsbereich in der Universität Luzern.   (Bild: rew)

(Bild: rew)

Die Sozial- und Kulturwissenschaftliche Fakultät der Universität Luzern sagt, die Social Credits seien für die Einbindung der Studierenden in die Institution gedacht. Unsere Bloggerin findet, die Universität hat vor allem auch ein finanzielles Interesse an der so geleisteten Gratisarbeit. Und das dürfe man ruhig mal zugeben!

Zu Beginn meines Studiums an der Sozial- und Kulturwissenschaftlichen Fakultät fand ich beim Durchlesen meiner Studienleistungen den Abschnitt «Erweiterung der Sozialkompetenz». Neben dem Wissenserwerb im Bereich der Soziologie und der Kulturwissenschaft bildet mich mein Bachelor also auch im Bereich der Sozialkompetenz. «Credits für Sozialkompetenz dienen der Einbindung der Studierenden in die Institution Universität und sollen studentische Arbeitsformen fördern», heisst es auf der Webseite der Universität.

Erwerben kann man diese sozialen Credits mit Kuchenbacken für den Informationstag, Organisieren von Lektüregruppen, Tutoratsleiten oder durch die Betreuung der Kasse am Uniball. Ein Credit oder ECTS entspricht – wie die normalen Kurse an der Uni – einem Aufwand von 25 bis 30 Stunden. Die Liste der Leistungen, die sich anbieten, ist lang. Dazu kommt, dass auch von Studenten eigens initiierte Projekte angerechnet werden können, sofern sie sich auf die Uni beziehen. Und auch dieser Blogeintrag hier wird mit Social Credits vergütet.

Social Credits sind sozial

Vielleicht vorerst: Ich finde den Grundsatz der Social Credits richtig gut. Es macht Sinn, Studentinnen nicht nur in die Seminare und in die Vorlesung einzuladen, sondern auch in die Institution einzubinden. Wir alle kennen das (leider oft zu wahre) Bild der Studenten, die zusammen mit ihren Büchern am Schreibtisch verstauben. Und ja, den Grillabend, den ich im Mai zusammen mit Kommilitonen organisierte, erlebte ich als sehr bereichernd, weil sich Bekanntschaften ergaben und sich die Diskussionen für einmal über die Seminarlektüre hinaus bewegten.

Was mich stört, ist, dass die Fakultät in ihrem Grundsatz der Social Credits einen wesentlichen Nutzen unbeleuchtet lässt. Denn seien wir an dieser Stelle ehrlich: Es geht dabei nicht nur um die Erweiterung der sozialen Kompetenz. Die Universität hat ein hohes finanzielles Interesse an Gratisarbeit der Studenten.

Mehr Transparenz!

Als Studentin erlebe ich die Erwartung, gratis oder für sehr wenig Geld zu arbeiten, seit Jahren. Natürlich macht das oft Sinn, weil ich als Unerfahrene von Arbeitspraxis profitiere. Trotzdem lässt sich nicht bestreiten, dass die meisten Arbeitgeber zu weit gehen. Ich denke an verantwortungsvolle Praktikastellen mit einem so tiefen Lohn, dass ich davon weder mein tägliches Znacht, geschweige denn meine Miete bezahlen konnte.

Ja, vielleicht bin ich ein bisschen vorbelastet und deshalb so empfindlich, wenn es um unbezahlte Arbeit geht. Ich will ja nicht sagen, dass die Universität meine Arbeit finanzieren sollte, das ist nicht mein Punkt!

Worauf ich hinweise, ist, dass jede Studentin und jeder Student der Sozial- und Kulturwissenschaftlichen Fakultät während des Bachelors oder Masters zirka 120 Stunden gratis Arbeit leistet. Was ich mir wünsche, ist ein bisschen mehr Transparenz in diesem Thema und die damit unweigerlich verknüpfte Möglichkeit für die Uni, auch mal «Danke!» zu sagen.

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Kommilitonen, Nebenjob, Credits, Wohngemeinschaften, Prüfungszeit, Ausgang, Semesterferien, Essays – Begriffe, die den Alltag von Studierenden prägen. Im Campus-Blog schreiben Studierende aus unterschiedlichen Semestern über ihr Leben in Luzern, ihre Freizeit sowie die Hürden und Freuden an der Uni oder Hochschule.
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2 Kommentare
  • Profilfoto von David L
    David L, 23.07.2018, 23:52 Uhr

    Ein treffender Artikel. Ich erinnere mich noch daran, wie die Studis im Namen der Sozialkompetenz-Punkte an den Uni-Apéros Orangensaft und Weisswein einschenken durften und anschliessend den Abwasch machten. Nicht dass ich diese Arbeit für unwürdig halten würde, aber es war halt schon immer klar, dass diese so genannten Sozialkometenz-Punkte in erster Linie dazu dienen, im Uni-Budget ein bisschen Geld für solcherlei Hilffsarbeiten einzusparen.
    Unvergessen auch wie man immer vehement betonte, diese Sozialkompetenz-Punkte seien vom Bologna-System vorgeschrieben und es gäbe diese an jeder Uni. Dabei hat noch kein Studi ausserhalb der Uni Luzern jemals von so etwas gehört.
    Übrigens: Für die Mitarbeit im Informationstag gab es zu meiner Zeit noch nicht einmal Punkte. Wir wurden mit einem Gutschein fürs «Budget-Menu» (= wässrige Nudeln mit Ketchup) an der Mensa abgespiesen. Wert = 5 Franken. (Fürs Tagesmenü à 8 .- hats im Budget offenbar nicht mehr gereicht. Wäre ja auch übertriebene Wertschätzung für eine mehrstündige Präsenz zu Gunsten der Uni.)

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  • Profilfoto von estermap
    estermap, 18.06.2018, 16:18 Uhr

    Liebe Frau Kunz, das ist Feiwilligenarbeit. Gratisarbeit. Und solche erledigen wir AHV-ler für Graf u Co seit langem, besonders bei der Dienststelle Asyl u Flüchtlinge.

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