Geschichten vom schwarzen Brett
Wo viele Menschen ein- und ausgehen, gibt es auch verschiedene Interessen, Bedürfnisse und Angebote. Um sich darüber auszutauschen, gibt es an der Uni Luzern ein schwarzes Brett im Eingangsbereich. Hier einige Erkenntnisse zu eher kuriosen Inseraten.
Soll mir noch einer sagen, man solle Wirtschaft, Recht oder sonst etwas studieren, das für rentabel angesehen wird. Ich werde ihm kein Wort mehr glauben. Echt! Gefühlte siebenundneunzig-Komma-fünf Prozent der ausgeschriebenen Stellen, bei denen es sich nicht um Studentenjobs oder unterbezahlte Praktika handelt, sind mit der fetten Überschrift «Religionspädagoge», «Katechet» oder «Seelsorger» betitelt. So zumindest am schwarzen Brett der Uni.
Es scheint auf der Hand zu liegen: Die Zukunft gehört den Theologen. Oder sind dies einfach die einzigen verbliebenen Old-School-Inserenten? – Ich werde mich meinem Urteil enthalten, aber feststellen darf man das doch noch, oder?
Studentenjob als Stripper
Aber auch losgelöst der Stellenangebote für Studienabgänger, gibt es für Studierende mit magersüchtigen Portemonnaies unzählige Jobangebote, die vom Barkeeper über den Yoga-Lehrer bis zum Juniorenfussballtrainer gehen. Nachhilfeunterricht scheint auch sehr beliebt. Diesen Eindruck machen zumindest viele von Mamis geschriebene Handzettel mit Abriss-Telefonnummern.
Daneben kann man sich mit Telefondiensten, Zigarettenwerbung und Diätprodukten was dazu verdienen, oder auch mit Social-Media-Kursen für Rentner und Senioren. Zwanzig Franken pro Stunde inklusive Kaffee und Kuchen dafür, dass man den Grosseltern hilft, die Enkel zu stalken? Okay, das ist etwas zu böse von mir, das macht sicher Spass und ist auch für den Generationenaustausch wertvoll. Nebenher sind diese Inserate bei Weitem nicht die skurrilsten, die mir am schwarzen Brett der Uni begegneten.
«An Junggesellinnen-Abschied innert einer Viertelstunde 250 Franken verdienen.»
Mein absoluter Liebling hatte den Titel: «Knackige Studenten für eine Showeinlage an einem Polterabend gesucht». Die Anforderungen, welche erfüllt sein mussten, um an diesem Junggesellinnen-Abschied innert einer Viertelstunde 250 Franken zu verdienen, waren nicht mal allzu gross: Selbstbewusstsein, minimale schauspielerische Fähigkeiten, Rhythmusgefühl und einen (einigermassen) ansehnlichen Körper. Hat sich da wohl einer gemeldet? Und wenn ja, wer?
WG-Zimmer für Unsichtbare
Neben Stellen hat es aber auch immer jede Menge WG-Zimmer und Appartements ausgehängt. Besonders gute Chancen auf eine Bleibe scheinen dabei Studierende zu haben, die an den Wochenenden nicht da und während der Woche auch abwesend sind. Dabei wäre es auch schön, wenn für die Unterkunft eine rechte Stange Geld bezahlt würde. Wo es sich sonst immer lohnt, aufs schwarze Brett zu schauen, würde ich Wohnungssuchenden eher empfehlen, sich aufs Internet zu konzentrieren.
Lehrmittel hingegen sind zu Semesterbeginn immer ausgeschrieben und oft zu sehr vernünftigen Preisen. Jegliche Einführungsbücher der verschiedenen Disziplinen scheinen sich im Büchergestell der Studierenden von höheren Semestern nicht wahnsinnig gut zu machen, so dass man schon mal ein Schnäppchen findet. Vielleicht liegt es auch daran, dass in den zu teuren Zimmern zu wenig Platz für die – über zig Semester angesammelten – Bücher ist.
Theologen brauchen kein Grundgesetzbuch
Gerade vor einer Woche hat einer seine Bücher direkt auf die Ablage vor dem schwarzen Brett gestellt. Dazu stand, man könne die Bücher mitnehmen, den Besitzer dann anrufen und die 30 Franken pro Buch irgendwann bezahlen. Was mich dabei am meisten erstaunte: Es waren Bücher eines Juristen. Wie kann einer Recht studieren, wenn er dermassen an das Gute im Menschen glaubt? Wobei, vielleicht hat er ja das Fach gewechselt, studiert jetzt Theologie und braucht darum die Bücher nicht mehr.