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Gelernte Gelassenheit einer Pendlerin

Vom Bahnhof Zug nach Luzern pendeln und es locker sehen.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Schnarchende Mitreisende, schreiende Dreikäsehochs, Döner essende Pubertierende und stinkende Wandervögel. Der öffentliche Verkehr verlangt einiges an Nervenkraft ab. Tipps, um ein ÖV-Burnout zu vermeiden.

Schnarchende Mitreisende, schreiende Dreikäsehochs, Döner essende Pubertierende und stinkende Wandervögel. Der öffentliche Verkehr verlangt einiges an Nervenkraft ab. Tipps, um ein ÖV-Burnout zu vermeiden.

Während sich eine grosse Mehrheit wohl tagtäglich erzürnt über besetzte Sitzplätze und stinkende Waggons und nahe an einem ÖV-Burnout vorbeischrammt, habe ich gelernt, mich so gut wie möglich mit den Eigenheiten des öffentlichen Verkehrs zu arrangieren. Ich persönlich finde Pendeln ja sehr interessant, denn dort, wo sich Menschenmassen zusammenfinden, gibt es immer etwas zum Schmunzeln oder Aufregen. Ab und zu werden meine Nerven dennoch strapaziert. Folgend ein paar Auszüge aus Pendlererlebnissen und Vorschläge zur Problembewältigung, um zu vermeiden, dass du vor Wut deine Krallen in die staubigen blau-grünen Sessel rammst.

Von der tropischen Hitze zur Stellwerkstörung

Starten wir meine 50-minütige Reise im Bus, welcher mich von der kleinen Gemeinde meines ländlichen Wohnortes in die Stadt Zug chauffiert. Nach zwanzig Minuten, in welcher die Temperaturregulierung ausgestiegen ist, schwülwarm nur der Vorname ist und ich mir somit mit meinem Unilesestoff intensiv Luft zufächeln muss, stehe ich auf Gleis 3 Richtung Luzern. «Fünf Minuten später», leuchtet es auf der Anzeigetafel und prompt kommt die Durchsage: «Dieser Zug wird zirka fünf Minuten später abfahren. Grund dafür ist eine Stellwerkstörung.» Ich erinnere mich daran, als wärs gestern gewesen… morgen wird’s wohl ein «Defekt am Fahrzeug» sein. «Immerhin ist es warm», denke ich mir, wenn die frühsommerliche Sonne mir ins blasse Gesicht scheint und beginne die Wartezeit mit Gratiszeitunglesen zu überbrücken. «Mega chalt», schiesst es durch meinen Kopf, wenn meine Nasenspitze jenem von Rudolph gleicht. Die beste Lösung hierfür: Kaffee holen und in der Bahnhofsbäckerei warten.

Sehe ich dann endlich den Zug um die Kurve in den Bahnhof einfahren, stellen sich die wartenden Leute brav rechts und links der Türe hin. «Mona, weisch zerscht müend d’Lüüt usstige, nacher dörfed mier istige!», höre ich eine Mutter ihrer kleinen Tochter eintrichtern. Eine Lektion fürs Leben, bei welcher der vordrängelnde Pendler im (prä)pubertären Alter offensichtlich dazumal seine Ohren zu wenig gespitzt hat. Meine Gelassenheit kommt ins Wanken, wenn ich selbst zu den Aussteigenden, die gerammt werden, gehöre. Am besten ist es hier, nicht verhalten zu sein und den verehrten Mitreisendenden in einem leicht mahnenden Ton zu sagen, sie mögen doch bitte warten, bis alle ausgestiegen sind. Nützen wird es wohl nicht viel, haften bleibt es sowieso nicht, doch der innerlich angestaute Groll ebbt ab. Konntest du bis jetzt den geschilderten Erlebnissen noch nicht nachfühlen, werden dir die Kommenden sicher bekannt vorkommen.

Prävention der ÖV-Verelendung

Dein Magen gibt die schrägsten Laute von sich, aber du sitzt in einem gespenstig ruhigen Abteil und getraust dich nicht genussvoll in deinen Granny Smith-Apfel zu beissen. Mach es trotzdem, denn das Magenknurren ist noch störender plus gibt es für’s laute Kauen eine extra Portion an liebenswerten Blicken. Du sitzt neben einem schnarchenden Mann, dessen Kopf mit jeder Neigung des Zuges auf deine Schulter knallt. Hab keine Verpflichtungsgefühle ihm gegenüber, schliesslich bist du nicht sein gestreiftes Ikea-Kopfkissen. Rutsche eiskalt ein wenig weg und sein Kopf landet garantiert das nächste Mal im leeren Raum. Du rümpfst die Nase, da Wanderer vom Pilatus ihren ausgepackten, geschundenen Füssen frische und den übrigen Mitfahrenden stinkende Luft bescheren. Nimm deinen parfümierten Pashmina Schal oder den Ärmel deines Pullis und halte ihn vor deine Nase oder zieh ebenfalls deine Schuhe aus. Du nervst dich innerlich wegen dem schreienden Säugling um acht Uhr morgens und schwörst jeglichen zukünftigen Kinderwünschen ab. Nimm deine Stöpsel (ein must-have im öffentlichen Verkehr), dröhne dir die Ohren mit deiner Lieblingsmusik zu und übertöne somit das schallende Geschrei. Du lauschst einem lautstarken und substanzlosen Gespräch zwischen zwei Teenagermädchen: «Alti, lug denn heder mier das gschribe…». Schwelge in süsser Erinnerung an deine Jugendzeit und denke: «Nei Mara, dem Dubel schribsch ez sicher nüm zrugg!» Du wirst während der ganzen Fahrt von deinem Gegenüber angeglotzt. Starre am besten mit fokussiertem Blick bös zurück, ansonsten löse das mittelschwierige Sudoku. Du wirst in ein Gespräch mit einem aufdringlichen Mitreisenden verwickelt, dem du nur aus Höflichkeit ultraknappe Antworten gibst. Nimm dein Unimaterial hervor und sag, dass du dich für das kommende Referat vorbereiten musst. Du übergibst dich beinahe, weil drei Jungs im gegenüberliegenden Vierer dem Leitspruch «Döner macht schöner» mit extra Zwiebeln folgen? Einzige Möglichkeit hier: Schleunigst das Stockwerk wechseln.

Simple aber effektive Abhilfen

Das Zusammentreffen von Menschenmassen führt ausgeschlossen zu Reibungen aller Art. Für jede noch so nervige Situation gibt es eine einfache Problembewältigung, denn niemand möchte sich nach einem strengen Unitag noch unnötig aufregen. Gelassenheit üben ist das ÖV-Mantra der Stunde. In diesem Sinne: Keep calm and travel on.

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Kommilitonen, Nebenjob, Credits, Wohngemeinschaften, Prüfungszeit, Ausgang, Semesterferien, Essays – Begriffe, die den Alltag von Studierenden prägen. Im Campus-Blog schreiben Studierende aus unterschiedlichen Semestern über ihr Leben in Luzern, ihre Freizeit sowie die Hürden und Freuden an der Uni oder Hochschule.
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